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# taz.de -- Rechte Polizisten-Gang in Frankfurt: Hakenkreuze und Hitlerbilder
> Eine NSU-Anwältin bekommt Drohbriefe, BeamtInnen tauschen
> verfassungsfeindliche Bilder aus – und Hessens Innenminister will es
> verbergen.
Bild: Hat Drohbriefe des „NSU 2.0“ erhalten: NSU-Anwältin Seda Basay-Yildi…
Man möchte die Geschichte nicht glauben: Da werden vom einem Computer der
Frankfurter Polizei persönliche Daten der Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz
abgerufen, ohne dienstlichen Grund. Sie hatte im NSU-Prozess die Nebenklage
der Familie eines der Opfer vertreten und im Fall des mutmaßlichen
islamistischen Gefährders Sami A. die Unfähigkeit deutscher Behörden
vorgeführt, eine rechtsstaatlich korrekte Abschiebung zu organisieren.
Im August [1][hatte die Anwältin einen widerlichen Drohbrief erhalten,] mit
menschenverachtenden und rassistischen Beschimpfungen und mit der
Aufforderung, das Land zu verlassen („verpiss Dich!“). Der Brief ist mit
„NSU 2.0“ unterschrieben und droht „Vergeltung“ an: „Wir schlachten D…
Tochter.“ Der Brief geht an ihre Privatadresse, die bis dahin öffentlich
nicht bekannt ist. Die Briefschreiber wissen offenbar mehr, als andere. Die
Anwältin schaltet die Polizei ein.
Die wird in den eigenen Reihen fündig. Die Ermittler stoßen auf eine Gang
von mindestens fünf BeamtInnen, die über eine Whats-App-Gruppe Hakenkreuze,
Hitlerbilder und rassistische, verfassungsfeindliche Posts austauschen. Die
fünf sind verdächtig, weil sie Zugang zu genau dem Computer hatten, von dem
die Daten der Anwältin abgerufen wurden.
„Es steht der Verdacht im Raum, dass rechtsradikale Polizisten über
Dienstcomputer Adressen heraussuchen, um Drohbriefe eines „NSU 2.0“ zu
versenden“, empört sich Hermann Schauss, Abgeordneter der Linkspartei im
Hessischen Landtag.
Die verdächtigen PolizistInnen sind immerhin inzwischen suspendiert, doch
die Rechtsanwältin, die in Sorge um die eigene Sicherheit und die ihrer
zweijährigen Tochter mehrfach bei der Polizei nachgefragt hatte, erfuhr
erst durch Medienvertreter von der mutmaßlich rechtsextremen Gang im
Polizeirevier. Was unglaublich ist.
## Ermittlungen in eigener Sache
Am 20. November hätte der hessische Innenminister, Peter Beuth, den
Innenausschuss des Wiesbadener Landtag über den Skandal informieren müssen.
Doch die Abgeordneten erfuhren nichts. Die FAZ berichtet, das LKA habe
intern verlangt, das Polizeipräsidium, das in eigener Sache ermittelte, von
dem Fall abzuziehen.
[2][Nach Informationen des Tagesspiegel] hat sich der Innenminister erst am
vergangenen Freitag dazu entschlossen, das LKA einzuschalten. Da hatten die
Linken schon eine Sondersitzung des Innenausschusses zu der Angelegenheit
beantragt.
Wieder einmal hält ein hessischer Innenminister skandalöse Vorgänge in
seinem Verantwortungsbereich so lange wie möglich unter der Decke. Der
SPD-Innenpolitiker Günter Rudolph erinnert zu Recht an den Fall des
NSU-Opfers Yozgat Halit: Ein Beamter des hessischen Verfassungsschutzes war
damals zur Tatzeit am Tatort gewesen und hatte sich nicht einmal als Zeuge
bei der Polizei gemeldet. Zeitweise galt er als dringend tatverdächtig.
Von diesem ungeheuerlichen Vorgang erfuhr das Parlament Wochen später aus
der Zeitung. Der damalige hessische Innenminister und heutige
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte die Abgeordneten monatelang
gar nicht informiert. Als Presseveröffentlichungen ihn dazu zwangen, machte
er im Innenausschuss nicht nur missverständliche sondern auch noch falsche
Angaben.
## Informationen vorenthalten
Bei der Sondersitzung des Innenausschusses am kommenden Mittwoch wird sein
Parteifreund, der amtierende Innenminister Beuth, erklären müssen, weshalb
er vier Monate nach der Strafanzeige, zwei Monate nach der Suspendierung
von fünf BeamtInnen den Fall nicht als „besonderen Vorfall“ eingestuft und
dem Parlament jede Information vorenthalten hat. Er wird auch den
skandalösen Umgang der Ermittler mit der bedrohten Rechtsanwältin erläutern
müssen.
Im Fall Halit Yozgat hatten die Landtagsgrünen den damaligen Innenminister
Bouffier massiv kritisiert – zu Recht. Jetzt, nachdem sie die
Oppositonsbänke verlassen haben und Bouffiers Regierungspartner geworden
sind, sollten sie erst Recht für Aufklärung sorgen.
Die Polizei ermittelt im Zusammenhang mit der [3][Serie von Brandanschlägen
auf linke und autonome Kultur- und Wohnprojekte] im Rhein-Main-Gebiet. Die
ErmittlerInnen sollten sich nicht darüber wundern, wenn die AktivistInnen
der autonomen Szene es ablehnen, mit dieser Polizei zu kooperieren.
18 Dec 2018
## LINKS
[1] /Staatsschutz-ermittelt-gegen-Beamte/!5556622
[2] https://www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextremes-netzwerk-ermittlungen-in…
[3] /Nach-Brandanschlaegen-auf-Hausprojekte/!5558844
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
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Janine Wissler
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