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# taz.de -- Innenausschuss zur Polizeiaffäre: Ein Skandal erster Ordnung
> Nach Aufdeckung des mutmaßlich rechtsextremen Netzwerkes bei der
> hessischen Polizei verspricht Minister Beuth akribische Ermittlungen.
Bild: Rechte Parolen, Hitlerbilder, Hakenkreuze – in der Polizei-WhatsApp-Gru…
Wiesbaden taz | In der hessischen Polizei wird gegen mehr Personen
[1][wegen rechtsextremer und neonazistischer Umtriebe] ermittelt, als
bislang bekannt. Zu der Chatgruppe, die über WhatsApp rechtsextreme
Parolen, Hitlerbilder und Hakenkreuze ausgetauscht haben soll, gehörten
offenbar nicht nur fünf, sondern mindestens sechs PolizeibeamtInnen. Das
sagte am Mittwoch Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) bei einer
Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag.
Nach Angaben des Ministers ermitteln Landeskriminalamt und
Staatsanwaltschaft zudem gegen mindestens einen weiteren Beamten und einen
inzwischen entlassenen Polizeianwärter. Sechs PolizeibeamtInnen sind
suspendiert. Zusätzlich sei ein Diszplinarverfahren gegen Mitglieder einer
weiteren Chatgruppe eingeleitet, die extremistische Abbildungen
ausgetauscht habe.
Die Ermittlungen richten sich nach Angaben des Ministers inzwischen somit
gegen BeamtInnen in vier der sieben hessischen Polizeipräsidien. Beuth
betonte, mit „Sensibilität und Akribie“ werde gegen die Verdächtigen
ermittelt. „Menschen mit rechtsextremistischen Positionen haben in der
Polizei nichts zu suchen“, versicherte Beuth und fügte hinzu: „Ich habe
keine Kenntnis über ein rechtsextremes Netzwerk in der hessischen Polizei.“
Bei der Ausschusssitzung wurde außerdem bekannt, dass erst nach der
umfangreichen Berichterstattung über die Affäre Ende der vergangenen Woche
eine 15-köpfige Ermittlungsgruppe im Landeskriminalamt mit den Fällen
betraut wurde. Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Greilich kritisierte, offenbar
hätten Kompetenzstreitigkeiten die Ermittlungen behindert.
## „Sie wollen die Sache unter den Tisch kehren“
Der Minister bestätigte indirekt, dass ein [2][Drohbrief gegen die
Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz] die Ermittlungen ausgelöst hatte. Der
Anwältin, die eine Opferfamilie im NSU-Prozess und den mutmaßlichen
islamistischen Gefährder Sami A. vertreten hatte, war Anfang August ein mit
„NSU 2.0“ unterschriebenes Fax mit rassistischen Beleidigungen zugegangen.
Darin war ihr in drastischen Worten „Vergeltung“ angedroht. „Wir schlacht…
deine Tochter!“ Innenminister Beuth sagte, „in zeitlicher Nähe“ zu diesem
Drohbrief seien von einem Dienstcomputer im 1. Revier der Frankfurter
Polizei personenbezogene Daten der Anwältin abgerufen worden; es gebe
allerdings bislang keinen Beweis dafür, dass BeamtInnen an dem Drohbrief
beteiligt gewesen seien.
Als „Skandal erster Ordnung“ kritisierte der SPD-Landtagsabgeordnete Günter
Rudolph die Informationspolitik des Ministers. „Wenn ein Drohbrief mit NSU
2.0 unterschrieben ist, müssen doch alle Alarmglocken schrillen.“ „Sie
wollten die Sache unter den Tisch kehren“, warf dem Minister der
Linken-Abgeordnete Hermann Schauss vor.
## Man habe den Vorgang sehr ernst genommen
Auf seinen Antrag hin war die Sondersitzung überhaupt erst einberufen
worden. Auch der FDP-Abgeordnete Greilich zeigte sich empört darüber, dass
das Parlament von den Vorgängen erst aus der Zeitung erfahren habe.
Minister Beuth sagte, Polizei und Ermittlungsbehörden hätten mehrfach das
Gespräch mit der bedrohten Anwältin gesucht und den Vorgang sehr ernst
genommen. Er nannte auch die Daten für die Kontakte der Behörden mit der
Anwältin. Indirekt bestätigte der Minister damit allerdings, dass die
Anwältin wohl aus der Zeitung erfahren musste, dass eine Spur die Ermittler
zu einem Datenabruf im 1. Revier der Frankfurter Polizei geführt hatte.
Seit die ErmittlerInnen das wissen, gab es nämlich kein weiteres Gespräch
mit ihr.
Beuth berief sich in seiner Befragung darauf, dass sich die die
Ermittlungen führende Frankfurter Staatsanwaltschaft alle Auskünfte
vorbehalten habe. Er dürfe wegen Verdunklungsgefahr über Details nicht
berichten. Unklar blieb bis zum Ende der Ausschusssitzung, ob wenigstens
das Landeskriminalamt zeitnah über die Ausweitung der Affäre unterrichtet
wurde.
19 Dec 2018
## LINKS
[1] /Rechte-Polizisten-Gang-in-Frankfurt/!5556770
[2] /Staatsschutz-ermittelt-gegen-Beamte/!5556622
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
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