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# taz.de -- Nach Anschlägen auf Projekte in Hessen: Verdächtiger gefasst und …
> Im Fall der Brandanschläge auf linke Projekte in Hessen ermitteln die
> Betroffenen nun selbst. Den Verdächtigen hat die Polizei wieder laufen
> lassen.
Bild: Häuserfassade in der Metzgerstraße in Hanau – hier fasste die Polizei…
Frankfurt am Main taz | Die linke Szene im Rhein-Main-Gebiet lebt seit
Monaten mit der Angst. Neunmal hat es seit Mitte September [1][in autonomen
Wohnprojekten und Kulturzentren gebrannt]. Seit ein paar Tagen gibt es
immerhin einen Tatverdächtigen für einen Brandanschlag in Hanau, doch die
Polizei wollte zunächst keinen Zusammenhang mit der Serie erkennen.
Die Betroffenen zeigten sich deshalb empört. Die Staatsanwaltschaft Hanau
wies am späten Montagnachmittag alle Vorwürfe zurück. „Unsere Geduld ist am
Ende“, sagte der taz am Montagmorgen Kim K., die im autonomen Wohnprojekt
Assenland im Frankfurter Statdtteil Rödelheim lebt. Auch ihr Zuhause war am
13. November Ziel eines Brandschlags. Nur weil es heftig geregnet hatte,
kam damals niemand zu Schaden.
Ihren vollen Namen will Kim lieber nicht in der Zeitung lesen. Am 12.
Dezember hatte die Feuerwehr nach einem Anschlag auf das feministische
Wohnprojekt „Lila Luftschloss“ sogar zwanzig Personen evakuieren müssen,
weil es brannte. „Die Polizei versäumt es, Zeugen zu befragen und allen
Verdachtsmomenten nachzugehen“, sagt Kim.
Nach dem mutmaßlich letzten Anschlag auf das autonome Zentrum
„Metzgerstraße Acht“ in Hanau am 21. Dezember konnten die Betroffenen der
Polizei nämlich erstmals einen Tatverdächtigen präsentieren: Joachim S.
Doch die Polizei ließ ihn nach wenigen Stunden wieder frei.
Schwere Vorwürfe an die Ermittlungsbehörden erhebt deshalb das
Miethäuser-Syndikat, in dem die betroffenen Projekte organisiert sind;
Anschläge würden bagatellisiert, die Betroffenen nicht ernst genommen,
heißt es in einer Presseerklärung vom Wochenanfang. In dieser Erklärung
hatte das Syndikat auch die Ergebnisse eigener Recherchen öffentlich
gemacht.
## Der „Knotenpunkt“ wurde bei einem Brand völlig zerstört
Joachim S. war demnach seit mindestens drei Jahren gegen Projekte des
Syndikats aktiv vorgegangen. Immer wieder habe der 46-Jährige Formfehler
und Ungereimtheiten in Bilanzen und Internetauftritten der Wohnprojekte
aufgespürt und sie Gerichten und Aufsichtsbehörden gemeldet. Von einer
„Obsession“ spricht das Syndikat in diesem Zusammenhang. Unter anderem
seien auch die Projekte „Assenheim“ und der „Knotenpunkt“ in Schwalbach
Ziel seiner juristischen Attacken gewesen. Der „Knotenpunkt“ wurde bei
einem Brand völlig zerstört.
Dass Joachim S. für den Brandanschlag am 21. Dezember in Hanau
verantwortlich ist, gilt als sicher. Ein gutes Dutzend Personen hatten sich
abends zur „offenen Bar“ in der „Metzgerstraße Acht“ eingefunden, einem
autonomen Kulturzentrum in dem seit 32 Jahren besetzten ehemaligen
Nachtclub Moulin Rouge. Einer in der Runde fiel auf. Niemand kannte ihn.
Irgendwann sei er durch einen Nebenraum verschwunden, wenige Minuten bevor
dort ein Feuer ausbrach.
Die Polizei berichtete später, ihr sei auf dem Hanauer Freiheitsplatz der
Tatverdächtige übergeben worden. Man habe Spiritus bei ihm gefunden. Auf
die Vorwürfe reagierte am späten Montagnachmittag die Staatsanwaltschaft
Hanau. Der taz teilte sie mit, bei der Durchsuchung der Wohnung des
Tatverdächtigen seien zahlreiche Gegenstände sichergestellt worden. Es
bestehe inzwischen ein Anfangsverdacht, dass er weitere Brandanschläge
begangen haben könnte.
„Derzeit laufen die Ermittlungen, ein Abgleich mit den Daten der weiteren
Brände seit September auf linksalternative Wohnprojekte findet seit Beginn
der Ermittlungen statt“, heißt es in der Erklärung, die auf Anfrage 17 Tage
nach der ersten Festnahme abgegeben wurde. Von den Recherchen über Joachim
S. durch das Syndikat habe sie erst durch Pressanfragen erfahren, heißt es
weiter; bislang hätten die möglichen Zeugen und die Betreiber des Zentrums
„Metzgerstraße Acht“ sowohl ihre Vernehmung als auch den Zutritt zum Tatort
verweigert.
8 Jan 2019
## LINKS
[1] /Nach-Brandanschlaegen-auf-Hausprojekte/!5558844
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Frankfurt am Main
Brandanschlag
Hausprojekt
Rechte Gewalt
Frankfurt am Main
Schwerpunkt Wie umgehen mit Rechten?
Brandanschlag
Rechtsextremismus
Frankfurt/Main
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