# taz.de -- Reaktionen auf Einigung in der Union: Die SPD prüft, ob sie einkni… | |
> Die SPD ist offen für die Asylverschärfung der Union, sieht aber noch | |
> „erheblichen Beratungsbedarf“. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik. | |
Bild: Was ist da rechts so interessant, Andrea Nahles? | |
Berlin rtr/dpa/afp | CDU und CSU haben am späten Montagabend eine Einigung | |
im Streit über die Asylpolitik erzielt. Die SPD zeigt sich offen für den | |
Einigungsvorschlag der Union, sieht laut Fraktionschefin Andrea Nahles aber | |
noch „erheblichen Beratungsbedarf“. Die von der Union geforderten | |
Transitzentren für Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze seien | |
„nicht derselbe Sachverhalt, nicht dieselbe Gruppe“ wie auf der Höhe des | |
Flüchtlingszuzugs 2015/2016, sagt Nahles nach einer Fraktionssitzung in | |
Berlin. „Deshalb lehnen wir den Begriff auch ab.“ | |
Vizeparteichef Ralf Stegner kündigt auf Twitter an, dass seine Partei die | |
Beschlüsse sorgfältig prüfen werde: „Nach wochenlangem Rosenkrieg in der | |
Union mit Ultimaten, Drohungen, wüsten Beschimpfungen bis gestern, | |
Rücktritten und Rücktritten von den Rücktritten hat die Union nun ein | |
nächtliches Ei gelegt. Was schlüpft da heraus? Was ist davon zu halten?“ | |
Der frühere SPD-Chef Martin Schulz hat die CSU für ihr Verhalten im | |
Asylstreit scharf kritisiert. „Die Zeiten wo man bei der CSU von einer | |
europapolitisch verantwortlichen Partei sprechen konnte, sind glaube ich | |
definitiv vorbei“, sagte er am Dienstag vor einer Fraktionssitzung in | |
Berlin. „Was wir da erlebt haben, ist das Zerhacken noch jedes europäischen | |
Grundkonsenses um der bayerischen Landtagswahl willen.“ | |
Schulz betonte, dass sich die SPD bei der Prüfung der Einigung nicht unter | |
Zeitdruck setzen lassen werde. Es könne nicht sein, „dass sich da ein paar | |
Durchgeknallte wochenlang gegenseitig öffentlich beschimpfen, beleidigen“ | |
und die SPD dann innerhalb von 24 Stunden entscheiden solle, wie sie mit | |
dem Ergebnis umgeht. | |
Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst | |
Seehofer vor, er habe Bundeskanzlerin Angela Merkel erpresst. „Seit Willy | |
Brandt wissen wir, dass am deutschen Bundeskanzler nicht mal der Verdacht | |
aufkommen darf, er sei erpressbar“, sagt Gabriel vor einer | |
SPD-Fraktionssitzung. „Seehofer hat die Regierung und hat die Merkel, die | |
Kanzlerin erpresst. Das ist ein unglaublicher Vorgang.“ | |
Juso-Chef Kevin Kühnert geht nicht davon aus, dass der Streit in der Union | |
grundlegend beigelegt ist. Die CSU sei von dem Gefühl getrieben, „sich an | |
die Spitze einer Zeitgeistbewegung setzen zu müssen, die hier unser ganzes | |
politisches Spektrum deutlich nach rechts verrücken soll“, sagt er | |
radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg. Deswegen werde die CSU auch in | |
einigen Wochen ein anderes Thema finden. Kühnert betont, dass die SPD sich | |
gegen geschlossene Einrichtungen für Asylbewerber ausgesprochen habe. „Und | |
deswegen erwarte ich jetzt auch ganz klar, dass wir da auch nicht einfach | |
einknicken, weil das ist unser Standpunkt, den haben wir einstimmig gestern | |
beschlossen und der gilt jetzt auch.“ | |
## Grüne kritisieren „Internierungslager“ | |
Aus Sicht der AfD läuten die vereinbarten Regeln für Transitzentren und | |
Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Grenze eine Trendwende in | |
der Asylpolitik ein. Parteichef Jörg Meuthen sagte der Deutschen | |
Presse-Agentur in der Nacht zum Dienstag, Innenminister Horst Seehofer | |
(CSU) habe von der CDU „nur ungedeckte Schecks erhalten“. Deutschland werde | |
sich auch in Zukunft schwer damit tun, Asylbewerber, die einmal die Grenze | |
passiert haben, wieder außer Landes zu bringen. | |
Auch für FDP-Chef Christian Lindner ist der Kompromiss in der Union zur | |
Flüchtlingspolitik „mit Sicherheit“ nicht die erhofft große Lösung des | |
Problems. „Sein größter Gewinn ist, dass in Deutschland jetzt nicht mehr | |
über Machtfragen gestritten wird, sondern wir wieder über Sachfragen | |
sprechen müssen“, sagt er dem ZDF-Morgenmagazin. Die großen Probleme aber, | |
etwa wie die Rückführung abgelehnter Asylbewerber in Herkunftsländer besser | |
geregelt werden können, was mit den Hunderttausenden Flüchtlingen geschehe, | |
die schon in Deutschland seien, und wann ein Einwanderungsgesetz komme, | |
würden nicht gelöst. | |
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hat den Kompromiss scharf | |
kritisiert. „Einen Innenminister im Amt zu halten, der bereits erklärt | |
hatte, dass er keine Lust darauf hat, das Zusammenleben in unserem Land zu | |
gestalten, ist kaum zu ertragen“, sagte Baerbock der Nachrichtenagentur | |
AFP. „Als Schmiermittel dafür Internierungslager einzurichten, verschiebt | |
den Wertekompass unseres Landes massiv.“ | |
Die CDU müsse sich fragen, wie weit sie sich von der CSU noch treiben | |
lasse. „Und die SPD sollte endlich Farbe bekennen“, verlangte Baerbock vom | |
dem Koalitionspartner der Unionsparteien. „Wer Humanität gegen angebliche | |
Ordnung ausspielt, wird am Ende beides verlieren.“ | |
## Merkel ruft zu ruhiger Arbeit auf | |
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Koalitionspartner nach dem mühsamen | |
Streit zu einem sachlichen Arbeitsstil aufgerufen. „Ich glaube, es wäre | |
jetzt gut, wenn wir auch jetzt in anderen Bereichen der Politik eine ruhige | |
Arbeitsmethodik an den Tag legen“, sagte Merkel am Dienstag nach Angaben | |
von Teilnehmern in einer Fraktionssitzung in Berlin, in der die | |
Abgeordneten von CDU und CSU über die Einigung zwischen den Unionsparteien | |
informiert wurden. | |
Merkel sprach von einem sachgerechten Kompromiss, dessen Umsetzung viel | |
Arbeit machen werde. Die Absprachen seien ein Beitrag zum Ziel, Ordnung, | |
Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung zu erreichen. Sie betonte, die | |
Schleierfahndung und weitere intelligente Grenzmaßnahmen würden auch an den | |
anderen deutschen Grenzen ausgebaut. | |
CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer sagte den Angaben zufolge, die | |
Union habe eine sehr gute fachliche Grundlage erzielt, um bei der | |
„Asylwanderung in Europa“ Ordnung zu schaffen. Er werde diese Woche nach | |
Wien reisen, um mit der österreichischen Regierung die Details zu | |
verhandeln. Seehofer wurde mit den Worten zitiert: „Wir sperren die Leute | |
nicht ein. Sie können frei nach Österreich im Zweifel zurückkehren. Aber | |
sie können eben nicht einreisen.“ | |
3 Jul 2018 | |
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