Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit von CDU/CSU wohl beigelegt: Seehofer und Merkel einigen sich
> „Transitzentren“, Abkommen mit Österreich, Zurückweisung von
> Flüchtlingen: CDU und CSU finden zusammen. Seehofer bleibt Minister.
Bild: Angela Merkels Mitte rückt nach rechts
Berlin taz | „Grüß Gott“, sagt Horst Seehofer, als er am Frühen Montagab…
das Berliner Konrad-Adenauer-Haus entert. Er hoffe, sagt der
Noch-Bundesinnenminister und Noch-CSU-Parteichef, dass es noch hell sei,
wenn er wieder rauskomme. Obwohl an diesem dramatischen Sommerabend die
Sonne in Berlin erst um halb zehn untergegangen ist, hat das nicht ganz
geklappt.
Um zehn Minuten nach zehn verlässt Seehofer mit seiner Delegation die
CDU-Zentrale. „Wir haben uns geeinigt“, sagt er mit geradem Rücken. Es gebe
eine „wirklich klare, haltbare Übereinkunft“ mit der CDU. „Das erlaubt m…
das Ministeramt weiterzuführen.“ Dann rauscht er ab. Einen Kilometer
entfernt, im Bundeskanzleramt, hat die Union eine Verabredung mit der SPD.
Die Sozialdemokraten hatten überraschend einen Koalitionsgipfel gefordert,
nachdem am Wochenende klar geworden war, dass der massive Streit in der
Union nicht nur nicht endet. Sondern dass sich dieser Konflikt von der
Koalitionskrise zu einer Staatskrise auswachsen könnte.
Nach Seehofer, um kurz vor halb elf, tritt unverhofft auch Angela Merkel
ans Mikrofon. Man habe eine gute Lösung gefunden, sagt auch sie und
blinzelt aus müden Augen. Man wolle gemeinsam die „Sekundärmigration ordnen
und steuern“. Das sei nun auf einem guten Weg. Und schwupp, weg ist sie
wieder.
Annegret Kramp-Karrenbauer erläutert die Einigung. Es werde Transitzentren
an den deutschen Grenzen geben, kündigt die CDU-Generalsekretärin an. Man
wolle mit Österreich ein Abkommen schließen, um registrierte Geflüchtete
abweisen zu können. CSU-Generalsekretär Markus Blume spricht von einem
„Schlussstein beim Grenzregime“. Mit Hilfe von Verwaltungsabkommen werde
man es schaffen, an der Grenze abzuweisen. „Es war notwendig“, diesen
Streit zu führen. „Es ist ein guter Tag für Deutschland und für die Union.…
Ohne auf Fragen nach der Abstimmung mit den Sozialdemokraten einzugehen,
rauschen auch sie ab.
In den Stunden vor dem Treffen der Union im Adenauer-Haus hatten
SpitzenpolitikerInnen von CDU und CSU wieder einmal (und vergeblich)
[1][ihre politische „Schicksalsgemeinschaft“] beschworen. Angesichts des
kaum noch verhohlenen Hasses taugt das Wort nurmehr als Leerformel; selbst
langmütige MerkelistInnen sind mittlerweile mit ihrer Geduld am Ende.
Die CSU stand unverändert zu ihrer Forderung, bereits in der EU
registrierte Geflüchtete an der deutschen Grenze abweisen zu können. Die
Kanzlerin lehnte das ab und pochte auf europäische Abkommen, die sie Ende
der letzten Woche beim Europäischen Rat in Brüssel auf den Weg gebracht
hatte. Die CSU-Führung hatte sich vorbehalten, Merkels Gipfelergebnisse
[2][mit ihrem „Masterplan Migration“] abzugleichen.
Dass sie sie schließlich als „nicht wirkungsgleich“ klassifiziert hat, gilt
vielen im politischen Berlin als Beweis, dass es Seehofer, Söder und
Dobrindt nicht in erster Linie um die Erfüllung ihrer Forderung geht. Sie
wollen Angela Merkels Sturz. Doch die agiert weiterhin schon fast provokant
sachpolitisch, als habe sie es mit einer gewöhnlichen fachlichen
Problemstellung zu tun. München und Berlin ticken gerade noch ungleicher
als sonst schon.
## Kampfansage von Seehofer
Wohl damit auch Angela Merkel nicht meint, Horst Seehofer käme in
friedlicher Absicht in ihre Parteizentrale, hat der zuvor [3][der
Süddeutschen Zeitung eine Kampfansage mitgegeben]. Im Interview sagt er:
„Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir
Kanzlerin ist.“ Mit dieser Kampfansage spielte er offenbar auf die im
Vergleich zur CDU deutlich besseren Wahlergebnisse der CSU in Bayern an.
Bei der Bundestagswahl hat die Union insgesamt 32,9 Prozent der Stimmen
geholt, 8,6 Prozent weniger als 2013.
Als um 21.31 Uhr tatsächlich die Sonne untergeht, bremst vor dem
Konrad-Adenauer-Haus ein Kleinwagen. Drinnen sitzen ein paar junge Leute.
sie lassen die Autofenster herab und rufen ausdauernd: „Seehofer muss weg!
Seehofer muss weg!“ Aber Seehofer hört sie nicht. Der CSU-Vorsitzende ist
immer noch im Gebäude, er wird im Dunkeln kommen.
2 Jul 2018
## LINKS
[1] /Seehofer-Merkel-und-die-Unions-Krise/!5514586
[2] /Seehofers-Masterplan-Migration/!5518294
[3] http://www.sueddeutsche.de/politik/seehofer-merkel-krisengipfel-1.4037923
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Schwerpunkt Angela Merkel
CDU
CSU
Horst Seehofer
CDU/CSU
Transitzentren
Schwerpunkt Angela Merkel
Jörg Meuthen
Schwerpunkt Angela Merkel
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Horst Seehofer
## ARTIKEL ZUM THEMA
Fragen und Antworten zu Transitzentren: Ist das noch rechtens oder nur rechts?
Das 3-Punkte-Papier von CDU/CSU erklärt: Über die Unterschiede von
Transitzentren und Transitzonen und die „Fiktion der Nichteinreise“.
Kommentar Ende des Unionsstreits: Seehofer ist nur ein Symptom
Merkel hat sich vom CSU-Chef erpressen lassen. Dahinter steht eine
Entwicklung, die viel furchterregender ist als das Zerwürfnis zweier
Machtpolitiker.
Reaktionen auf Einigung in der Union: Die SPD prüft, ob sie einknickt
Die SPD ist offen für die Asylverschärfung der Union, sieht aber noch
„erheblichen Beratungsbedarf“. Aus der Opposition kommt scharfe Kritik.
Union einigt sich auf Asylverschärfung: Zerstörte Arbeitsgrundlage
Indem Merkel Horst Seehofer nachgibt, sichert sie vorerst die Macht ihrer
Partei. Lange gut gehen dürfte das aber nicht.
Seehofer, Merkel und die Unions-Krise: Am Abgrund
Seehofer denkt an Rücktritt. Söder entdeckt die Liebe zur CDU. Die will
Merkel halten. 24 Stunden, die über die Zukunft der Konservativen
entscheiden.
Linken-Politiker wirbt für Rot-Rot-Grün: „Es gibt Alternativen“
Mitten in der Regierungskrise trifft Stefan Liebich (Linke) Kevin Kühnert
(SPD) und Annalena Baerbock (Grüne). Die Notwendigkeit für Rot-Rot-Grün sei
akut.
Seehofers „Masterplan Migration“: Hauptsache weniger Flüchtlinge
Der lange geheime „Masterplan“ von Innenminister Seehofer liegt nun vor.
Ein Punkt: das Erschweren von Klagen gegen negative Asylbescheide.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.