| # taz.de -- Linken-Politiker wirbt für Rot-Rot-Grün: „Es gibt Alternativen�… | |
| > Mitten in der Regierungskrise trifft Stefan Liebich (Linke) Kevin Kühnert | |
| > (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne). Die Notwendigkeit für Rot-Rot-Grün | |
| > sei akut. | |
| Bild: Chance auf ein neues Leben? | |
| taz: Herr Liebich: Sie laden am Dienstag zur Veranstaltung „Hoffnung | |
| Mitte-Links“ ein. Ist das nicht ein sehr gestriges Projekt? | |
| Stefan Liebich: Ich finde gerade jetzt fehlt ein Signal, das wieder | |
| Hoffnung und Mut macht. Alle starren paralysiert auf CDU und CSU, die sich | |
| streiten, wie man das Land noch weiter nach rechts rückt. Es ist unsere | |
| Verantwortung zu sagen: Es gibt Alternativen. Ich freue mich, dass mit | |
| Annalena Baerbock und Kevin Kühnert zwei Leute zugesagt haben, die wirklich | |
| nicht von gestern sind. | |
| Haben sich beide Bedenkzeit erbeten? | |
| Beide haben sofort zugesagt. Ich habe kein Zögern gespürt. | |
| Aber, es gibt keine Mehrheit. In Umfragen kommen Linke, Grüne und SPD | |
| derzeit auf gerade mal 40 Prozent. | |
| Bei der letzten Bundestageswahl haben Linke, Grüne und SPD zum ersten Mal | |
| eine Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen. Das war ein wichtiges Signal. Ich | |
| glaube, wenn die drei Parteien ausstrahlen, wir wollen das und wir können | |
| das, dann gibt es auch wieder Mehrheiten. Jetzt haben viele Wähler den | |
| Eindruck Rot-rot-grün ist keine Machtoption. Und das würde ich gern ändern. | |
| Ausgerechnet Sie, als außenpolitischer Sprecher der Fraktion. Gerade auf | |
| diesem Feld gibt es ja Differenzen zu den beiden anderen Parteien, etwa | |
| hinsichtlich der Nato, die die Linke auflösen will oder was das Verhältnis | |
| zu Russland betrifft. | |
| Also wenn alle drei Parteien nur sagen würden, wir haben unsere | |
| Programmatik und bewegen uns sonst nicht, würde es natürlich nichts werden. | |
| Aber gerade im Vorfeld der letzten Bundestagswahlen, gab es ja ein Thema, | |
| wo es in allen drei Parteien Bewegung gab: Das war das Thema | |
| Rüstungsexporte. Da haben alle drei gesagt, das geht so nicht weiter, | |
| Deutschland ist auf Platz 3 der rüstungsexportierenden Länder, sogar in | |
| Kriegsgebiete wie Jemen wird geliefert. Eine linke Regierung könnte in | |
| dieser Frage Dinge ganz anders machen. | |
| Gut, aber diese Gemeinsamkeit allein ist noch kein überzeugendes Argument | |
| für Rot-rot-grün. | |
| Die Notwendigkeit für Mitte-Links ist akut. Es ist doch dramatisch, dass | |
| auch uns italienische oder österreichische Verhältnisse drohen. Das, was | |
| sich zwischen CDU und CSU abspielt, ist nur ein Vorgeschmack. Es gibt | |
| bereits erste Stimmen in der Union, die fragen: Warum nicht mit der AfD | |
| koalieren? Wenn man ein Bollwerk der Menschlichkeit dagegen stellen will, | |
| geht das nur mit Mitte-Links. Es gibt keine andere Option. | |
| Ist das nicht sehr vermessen? | |
| Nein, die europäische Erfahrung zeigt: überall da, wo man versucht den | |
| Rechten hinterher zu laufen hat man sie gestärkt. Zum Beispiel in Dänemark. | |
| Dort haben die Sozialdemokraten mittlerweile eine Programmatik, die der AfD | |
| in nichts nachsteht. Und die rechtspopulistische Dänische Volkspartei ist | |
| dabei stärker und stärker geworden. | |
| Aber könnte man sich in der Migrationspolitik auf eine gemeinsame Linie | |
| einigen? Die SPD schwankt zwischen Abschottung und Einwanderung, die Linke | |
| ist ebenfalls gespalten. | |
| Was bei uns Konsens ist, nämlich offene Grenzen für Kriegsflüchtlinge und | |
| politisch Verfolgte ohne Obergrenzen, darauf würde sich die SPD einlassen. | |
| Und die Grünen auch. Schon allein das ist in der jetzigen Debatte, wo jeden | |
| Tag über neue Einschränkungen debattiert wird, Gold wert. Das muss | |
| natürlich mit einem großen Investitionspaket in die öffentliche | |
| Infrastruktur einhergehen. Das war bisher zu wenig möglich weil | |
| Finanzminister Schäuble zu sehr auf die Schwarze Null gesetzt hat. | |
| Und jetzt setzt ein SPD-Finanzminister Scholz ebenfalls auf die schwarze | |
| Null. | |
| Ich bin mir sicher, dass eine Mitte-Links-Regierung andere Prioritäten | |
| setzen würde, als eine große Koalition. | |
| Vielleicht zerbricht die Union und es gibt Neuwahlen. Wären SPD, Linke und | |
| Grüne dann ernsthaft auf ein Bündnis vorbereitet? | |
| Da lohnt sich ein Blick zurück. Anfang der 2000er Jahre haben wir – die SPD | |
| und die PDS – in Berlin begonnen, ganz in Ruhe zu reden, ob sie nicht | |
| irgendwann in Zukunft mal zusammen regieren wollen. Dann kam die | |
| Bankenkrise und holterdipolter wurde Eberhard Diepgen abgewählt und wir | |
| waren anschließend 10 Jahre in der Regierung. Die Vorbereitungszeit war | |
| extrem kurz, das haben wir uns so nicht gewünscht, aber so ist es manchmal. | |
| Man kann heute nicht ausschließen, dass diese Bundesregierung | |
| zusammenbricht. Und wenn es Neuwahlen gibt, muss die Auseinandersetzung | |
| zwischen Mitte-Links und Mitte-Rechts stattfinden. Das muss man wollen und | |
| aussprechen. | |
| Die Grünen bringen aber gerade eine Kenia-Regierung mit CDU und SPD ins | |
| Spiel. | |
| Was mich optimisch stimmt, ist die Teilnahme von Annalena Baerbock, die | |
| zumindest signalisiert, dass sie dafür offen ist. Die Grünen sind nicht | |
| fester Bestandteil eines Lagers, sie regieren mal mit uns, mal mit der CDU | |
| oder der SPD. Aber ohne die Grünen zu planen wäre unsinnig, und zwar | |
| arithmetisch und inhaltlich. Man braucht für die Mitte-Links-Mehrheit alle | |
| drei. | |
| Was sagt Ihre eigene Partei zu Ihrem Vorstoß? | |
| Früher haben sich alle immer mächtig aufgeregt. Ich müsste sowas mit der | |
| Führung absprechen und wieso ich ständig regieren will. Ich habe meinen | |
| Wahlkreis Berlin Pankow jetzt das dritte Mal mit deutlichem Abstand genau | |
| mit dieser Position gewonnen und stehe dafür. Doch eigentlich sind auch die | |
| bei uns in der Partei, die skeptisch sind, ganz froh, dass da einer ist, | |
| der die Hoffnung nicht aufgibt. | |
| Es gibt ja noch diejenigen, die eine Sammlungsbewegung favorisieren. | |
| Ich bin schon für Mitte-Links eingetreten als Oskar Lafontaine auf der | |
| einen Seite gegen Bündnisse von SPD und PDS war wie Sahra Wagenknecht auf | |
| der anderen Seite auch. | |
| Dennoch: Ist das keine Konkurrenz-Bewegung? | |
| Ich finde die Analyse von Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht richtig, | |
| dass wir uns die Frage stellen müssen, wo die Wähler sind, wenn die SPD | |
| abstürzt und Linke und Grüne nicht ansteigen. Ich finde, wir müssen | |
| sammeln, aber offene Grenzen und den Kampf für die Rechte von Minderheiten | |
| aufzurechnen gegen den Einsatz für die Armen und Arbeitslosen, das hielte | |
| ich für politisch total falsch. So eine Sammlungsbewegung würde sehr klein | |
| werden. | |
| 2 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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