# taz.de -- Fragen und Antworten zu Transitzentren: Ist das noch rechtens oder … | |
> Das 3-Punkte-Papier von CDU/CSU erklärt: Über die Unterschiede von | |
> Transitzentren und Transitzonen und die „Fiktion der Nichteinreise“. | |
Bild: Master of Desaster? Innenminister Horst Seehofer hat vor allem leere Symb… | |
Was ist geplant? | |
CDU und CSU haben in einem 3-Punkte-Papier [1][ein „neues Grenzregime“] an | |
der deutsch-österreichischen Grenze vereinbart. Asylbewerber, für deren | |
Asylverfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist, sollen an der Einreise | |
gehindert und stattdessen in Transitzentren an der Grenze untergebracht | |
werden. | |
Dort soll geklärt werden, welcher Staat nach den Dublin-Regeln der EU | |
zuständig ist. Anschließend soll der Antragsteller dorthin überstellt | |
werden – oder nach Österreich. | |
Wie viele Personen sind betroffen? | |
Bis Ende Mai haben in Deutschland 78.000 Personen neue Asylanträge | |
gestellt. Etwa jeder Fünfte war laut Eurodac-Datei schon in einem anderen | |
EU-Staat mit Fingerabdruck registriert. In ein Transitzentrum kommt aber | |
nur, wer an einem kontrollierten Grenzübergang einen Asylantrag stellt. | |
Derzeit werden nur 3 von 70 deutsch-österreichischen Übergängen fest | |
kontrolliert. Zudem hat Deutschland 817 Kilometer Grenze mit Österreich, | |
bisher ohne Zaun und Mauer. Und an den Grenzen mit der Schweiz, mit | |
Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien, Dänemark, Polen und | |
Tschechien gilt das neue Grenzregime gar nicht. Es ist also leicht, der | |
neuen Regelung auszuweichen, die vor allem symbolische Bedeutung für die | |
CSU hat. | |
Was sind Transitzentren? | |
Im Herbst 2015 gab es in Deutschland [2][schon einmal eine Diskussion über | |
Transitzonen]. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) schlug damals vor, | |
einen Großteil der Neuankömmlinge mit unzulässigen oder offensichtlich | |
unzulässigen Asylanträgen an der Grenze in Haft zu nehmen. Sie sollten dort | |
von besonders geschulten Bundespolizisten angehört werden. Die Entscheidung | |
über Einreise oder nicht sollte binnen einer Woche fallen. Bei Verstreichen | |
der Frist sollte die Einreise gestattet werden, um ein normales | |
Asylverfahren durchzuführen. Die SPD protestierte damals heftig gegen die | |
Inhaftierung von Flüchtenden in „Massenlagern im Niemandsland“. | |
Die CSU schlug daher ein anderes Modell von Transitzonen ohne Inhaftierung | |
vor. Die Flüchtlinge könnten jederzeit die Transitzone verlassen, um nach | |
Österreich zurückzukehren, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann | |
(CSU). Am Ende setzten sich beide Modelle nicht durch. Es gab rechtliche | |
und organisatorische Bedenken, weil damals pro Tag noch Tausende | |
Flüchtlinge neu an der Grenze ankamen. Vor allem aber hatte man damals | |
schon erkannt, dass Flüchtlinge dann vor allem über die grüne Grenze nach | |
Deutschland kommen und der ganze Aufwand an der Grenze verpufft. | |
Die CSU nannte inzwischen ihre Erstaufnahme-Einrichtungen in Manching und | |
Bamberg „Transitzentren“, um zumindest sprachlich den Eindruck nahezulegen, | |
sie habe ihr Konzept durchgesetzt. Mit den heute diskutierten | |
Transitzentren an der Grenze haben Manching und Bamberg aber nichts zu tun. | |
Was bedeutet „Fiktion der Nichteinreise“? | |
Zunächst bedeutet es nur, dass der Asylantragsteller, obwohl er schon auf | |
deutschem Boden steht, rechtlich noch nicht als eingereist gilt. Beispiel | |
sind Transitzonen auf Flughäfen, wo Fluggäste nur umsteigen, ohne | |
einzureisen. Wer in eine Transitzone an der Grenze gebracht wird, kann | |
deshalb nicht einfach nach München oder Berlin weiterreisen, denn die | |
Einreise nach Deutschland ist ihm zunächst verwehrt. | |
Da dort auf deutschem Boden deutsche Staatsgewalt ausgeübt wird, gilt | |
selbstverständlich deutsches Recht einschließlich Grundgesetz. Außerdem | |
gilt EU-Recht und die Europäische Menschenrechtskonvention. | |
Drei Fragen sind aber noch offen: Wie lange sollen Flüchtlinge und andere | |
Migranten dort maximal untergebracht werden? Sollen sie inhaftiert werden? | |
Ist es möglich, aus einem Transitzentrum heraus deutsche Gerichte | |
anzurufen? Das 3-Punkte-Papier von CDU/CSU lässt diese Punkte offen. | |
Rechtlich ist die Antwort aber oft eindeutig: So muss vor einer | |
Überstellung an einen anderen Staat immer die Möglichkeit bestehen, dagegen | |
zu klagen. Möglicherweise sind die Punkte bewusst offen geblieben, damit | |
[3][die SPD noch zeigen kann], wie sie die Transitzentren rechtsstaatlich | |
ausgestaltet hat. | |
Was sollen Flüchtlinge in Österreich? | |
Die Rückführung in das zuständige Erstaufnahmeland, zum Beispiel Italien, | |
ist nichts Neues und in der Dublin-III-Verordnung ohnehin vorgesehen. | |
Bisher scheitert sie oft an Fristen. Bilaterale Abkommen sollen die | |
Überstellung erleichtern. | |
Wenn Staaten aber keine bilaterale Abkommen mit Deutschland schließen | |
wollen – und Italien, Ungarn und Polen haben das bereits angekündigt –, | |
soll eine „Zurückweisung“ nach Österreich stattfinden – „auf Grundlage | |
einer Vereinbarung“. | |
Lesen Sie auch den Kommentar: [4][Ende des Unionsstreits – Seehofer ist nur | |
ein Symptom] | |
3 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Union-einigt-sich-auf-Asylverschaerfung/!5518758 | |
[2] /Transitzonen-in-Deutschland/!5243148 | |
[3] /Reaktionen-auf-Einigung-in-der-Union/!5518761 | |
[4] /Kommentar-Ende-des-Unionsstreits/!5518771 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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