| # taz.de -- Österreich und die EU zur Asylpolitik: Die Zeichen stehen auf Absc… | |
| > Der Asylkompromiss von CDU und CSU trifft in der EU auf Skepsis. | |
| > Besonders in Österreich, das jetzt seine Südgrenze dicht machen will. | |
| Bild: Kickl, Kurz und Strache (v.l.n.r) sind sich beim Mauern einig | |
| Brüssel/Wien taz | Bei der EU in Brüssel fielen die Reaktionen auf den | |
| [1][deutschen Kurswechsel] widersprüchlich aus. Der deutsche EU-Kommissar | |
| und CDU-Politiker Günther Oettinger meldete Zweifel an. „Das Beste an der | |
| Einigung ist, dass es überhaupt eine Einigung gibt“, sagte Oettinger der | |
| Rheinischen Post. Inhaltlich sei er „nicht überzeugt“, weil die Pläne in | |
| der Umsetzung viele Fragen aufwürfen, „europarechtliche Fragen, Fragen der | |
| nachbarschaftlichen Beziehungen und Fragen für den Koalitionspartner SPD“. | |
| Ganz anders äußerte sich Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er habe | |
| den Asylkompromiss zwar nicht im Detail geprüft, aber auf den ersten Blick | |
| scheine sie mit den EU-Gesetzen in Einklang zu stehen, sagte er in | |
| Straßburg. | |
| Fest steht, dass die geplanten neuen „Transitzentren“ kein Teil der | |
| EU-Beschlüsse vom letzten Gipfeltreffen am vergangenen Freitag sind. Merkel | |
| hatte dort „eine Vielzahl“ von Rückführungs-Abkommen mit einzelnen | |
| EU-Staaten angekündigt – doch Österreich war nicht dabei. Auch Italien, von | |
| woher das Gros der Asylbewerber kommt, die nach Deutschland weiterreisen | |
| wollen, ließ sich nicht auf einen Deal mit der Kanzlerin ein. | |
| Österreichs Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) zeigte sich überrascht von | |
| der neuen Wendung. „Wir waren zu keiner Zeit eingebunden“, sagte sie bei | |
| einem Treffen mit ihrem deutschen Amtskollegen Heiko Maas (SPD) in dem | |
| Örtchen Schengen in Luxemburg, wo eine Aktion für grenzenlose Reisefreiheit | |
| statt fand. Die deutschen Pläne „werfen eine ganze Reihe von | |
| europarechtlichen Fragen auf“, sagte sie. | |
| ## Zweifel an „Transitzentren“ | |
| Zweifel hat Kneissl vor allem an den „Transitzentren“, die nicht als | |
| deutsches Staatsgebiet gelten sollen: Die Vorstellung, „dass jemand, der | |
| nicht registriert wurde, als in Deutschland gar nicht eingereist gilt – das | |
| ist eine Fiktion, mit der ich als Juristin nicht ganz zurechtkomme. Wer | |
| sich auf deutschem Staatsgebiet befindet, ist dort.“ | |
| „Grenzen schützen“ ist jedoch auch das Mantra von Österreichs Bundeskanzl… | |
| Sebastian Kurz (ÖVP). So auch bei seiner Antrittsrede in Straßburg | |
| anlässlich des am Sonntag angetretenen EU-Ratsvorsitzes. „Schutz unserer | |
| Südgrenze“ ist die logische Reaktion auf die Merkel-Seehofer-Einigung, | |
| Flüchtlinge, bei denen man nicht weiß, wohin man sie abschieben soll, | |
| einfach über die österreichische Grenze zu schicken. | |
| Was das genau heißen soll, wurde auch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz | |
| von Kanzler Kurz, Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und | |
| Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Dienstagnachmittag in Wien nicht klar. | |
| „So schnell schießen die Bayern nicht“, meinte Kickl. Und im Übrigen kenne | |
| man die offizielle deutsche Position noch gar nicht, da die SPD noch | |
| mitreden wolle. Am Donnerstag erwartet Kickl seinen Amtskollegen Seehofer, | |
| der darlegen soll, „was Deutschland an nationalen Maßnahmen plant“, so | |
| Kurz. Man sei jedenfalls „auf alle Szenarien vorbereitet, um Schaden von | |
| der Republik und von der Bevölkerung abzuwenden.“ | |
| Unabhängig davon würden im Rahmen der Ratspräsidentschaft ab nächster Woche | |
| verstärkte Kontrollen am Brenner beginnen. Vizekanzler Strache stellte | |
| klar: „Selbstverständlich wird keine Vereinbarung zulasten Österreichs von | |
| uns unterstützt.“ Kurz wies Merkels Versicherung zurück, dass es mit | |
| Österreich bereits eine Vereinbarung gebe. | |
| ## Vorbereitung auf Abschottung | |
| Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer bereitet sich auf Abschottung | |
| vor. Zwar müsse man Gespräche mit Deutschland abwarten, doch „klar ist, | |
| dass Österreich und Salzburg nicht zum Wartebereich für Migranten werden | |
| kann.“ Wenn Deutschland einseitige Maßnahmen ergreife, dann müsse die | |
| Bundesregierung entsprechend reagieren. Zurückgewiesen wird schon jetzt, | |
| wie das Innenministerium bestätigt. Im ersten Halbjahr 2018 seien etwa 500 | |
| Flüchtlinge abgewiesen worden. Im ganzen vergangenen Jahr waren es halb so | |
| viele. Aus Deutschland seien bisher 2.200 zurückgeschoben worden, also | |
| durchschnittlich 13 pro Tag. | |
| Oppositionsführer Christian Kern (SPÖ) sieht das Problem als hausgemacht: | |
| „Kurz hat sich einseitig in einen innerdeutschen Streit zwischen CDU und | |
| CSU eingemischt, und die deutsche Regierung hat Kurz nun die Rechnung für | |
| dieses Verhalten serviert.“ Die Liste Pilz will die bevorstehenden | |
| Grenzkontrollen am Mittwoch in einer dringlichen Anfrage im Parlament | |
| thematisieren. Fraktionschef Bruno Rossmann „Ich weiß, dass das im Sinne | |
| unseren Herrn Bundeskanzlers ist aber ich stelle die Frage, wie die | |
| Bundesregierung das bewerkstelligen wird, die ganze Südgrenze zu | |
| kontrollieren.“ Er halte das für eine Lösung, „die das Ende Europas | |
| einläutet und bin daher strikte dagegen.“ | |
| Beim UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR fragt man sich, warum das | |
| Flüchtlingsthema so aufgeregt diskutiert werde. Schließlich gingen die | |
| Flüchtlingszahlen in fast ganz Europa kontinuierlich zurück, so Christoph | |
| Pinter, UNHCR-Vertreter in Österreich. Er plädiert für eine | |
| gesamteuropäische Einigung: „Einzestaatliche Maßnahmen helfen nicht | |
| weiter.“ | |
| 3 Jul 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
| Ralf Leonhard | |
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