# taz.de -- Gemeinderäte und Kreistage im Norden: SPD in schwerer See | |
> Bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein verlieren die Großen, die | |
> SPD bekommt eine Klatsche in Flensburg und Jamaika nutzt nur den Grünen. | |
Bild: Stürmische Zeiten für die SPD dauern in Schleswig-Holstein an | |
KIEL / HAMBURG | taz | Auf eine Prognose wollten sich SPD-Landeschef Ralf | |
Stegner und die Bundesvorsitzende Andrea Nahles vor der Kommunalwahl in | |
Schleswig-Holstein nicht einlassen. „Das bestmögliche Ergebnis“ solle die | |
SPD einfahren, sagten beide in einer Journalistenrunde. „Bestmöglich“ waren | |
nun 23,3 Prozent. Die erzielte die SPD [1][im Landesschnitt bei der Wahl,] | |
bei der am Sonntag rund 2,4 Millionen Wahlberechtigte über die | |
Zusammensetzung ihrer Gemeinderäte und Kreistage abgestimmt haben. Verloren | |
hat dabei auch die CDU, obgleich sie mit 35,1 landesweit stärkste Kraft | |
bleibt. Für beide Parteien ist es das schlechteste Ergebnis bei einer | |
Kommunalwahl in Schleswig-Holstein überhaupt. | |
Lokalwahlen, darauf weisen vor allem die Verlierer hin, hängen von | |
örtlichen Begebenheiten ab. So etwa in der Kleinstadt Tornesch, wo die SPD | |
von 52,6 Prozent 2013 auf 26,6 Prozent abstürzte, und im benachbarten | |
Glücksstadt, wo sie ihr Ergebnis auf 16 Prozent halbierte, weil ein | |
früherer Bürgermeister als Einzelbewerber über 20 Prozent abräumte – die | |
dramatischsten Verluste im Land. Doch bereinigt von solchen | |
Sondersituationen bleibt eine Tendenz, die sich von Flensburg bis | |
Quickborn, von Kiel bis Heide bestätigt: Die SPD gewinnt zurzeit keinen | |
Blumentopf, 6,5 Prozent weniger Stimmen erhielten die GenossInnen im | |
Vergleich zur Wahl 2013. | |
## Grüne Abspaltung in Lübecks Bürgerschaft | |
In Flensburg, wo die Nahles-Gegenkandidatin und potenzielle | |
Stegner-Konkurrentin Simone Lange regiert, rutschte die SPD hinter CDU und | |
Grüne sogar auf Platz drei ab. Einzig in ihren traditionellen Hochburgen | |
Kiel und Lübeck konnte die Partei ihre Großstadt-Stärke bestätigen. In der | |
Landeshauptstadt rutschte die SPD erstmals in ihrer Geschichte unter die | |
30-Prozent-Marke, blieb mit 29,9 Prozent (minus 5,8%) aber stärkste Kraft | |
vor der CDU mit 23,5 Prozent (minus 6,2%) und den Grünen mit 20,5 Prozent | |
(plus 2,9%). Die Linke erzielte hier mit 7,2 Prozent ihr bestes Ergebnis. | |
Auch [2][in Lübeck], der zweitgrößten Stadt Schleswig-Holsteins, | |
verteidigte die SPD ihre führende Position mit 27,6 Prozent (minus 6,2%) | |
vor der CDU mit 24,7 Prozent (minus 7,3%). Die Grünen landen mit 15,4 | |
Prozent (minus 1,1%) auf dem dritten Platz. Ihre leichten Verluste erklären | |
sich durch die linksgrüne Abspaltung GAL, die erstmals kandidierte und mit | |
2,8 Prozent einen Sitz in der Bürgerschaft ergatterte. | |
## Ein Minus wird zum Plus | |
In Neumünster, der vierten kreisfreien Stadt im Flächenland, siegte die CDU | |
mit mehr als sieben Prozent Vorsprung. Auf dem rechten Flügel hatte die AfD | |
in dieser Stadt der NPD und der LKR, der Neugründung des ehemaligen | |
AfD-Gründers Bernd Lucke, das Feld überlassen, die 3,9 (NPD) und 2,0 (LKR) | |
Prozent erzielten. Gerade im Speckgürtel rund um Hamburg scheinen rechte | |
Parolen Gehör zu finden: In Kaltenkirchen wählten elf Prozent die AfD, in | |
Geesthacht – mit 31 Prozent eine SPD-Hochburg – stimmten neun Prozent für | |
die Rechtspopulisten. | |
Die Antwort am Tag nach der Wahl von beiden großen Parteien: Alles gut, | |
weitermachen. „Der Aufwind für die CDU hält an“, sagte Ministerpräsident | |
und CDU-Landesparteichef Daniel Günther, ohne zu erklären, wie er aus einem | |
Minus von knapp vier Prozent einen „Aufwind“ herauslesen kann. | |
## Stockende Stegner-Dämmerung | |
Ralf Stegner nannte das landesweite Abschneiden zwar „enttäuschend“, fand | |
aber neben Schatten auch Licht und freute sich über „viele sehr gute | |
Ergebnisse“. Persönliche Konsequenzen will er weiterhin nicht ziehen, | |
sondern den innerparteilichen Reformprozess im Land „mit aller Kraft“ | |
vorantreiben. Er wolle nicht vor Jahresende bekanntgeben, ob er im April | |
2019 wieder als Parteichef kandidieren will. | |
Vor der Wahl hatte es Spekulationen gegeben, ob ein schlechtes Ergebnis dem | |
Landesvorsitzenden schaden könne. „Momentan geht es nicht um mich oder um | |
sonst wen, sondern es geht um die SPD“, sagte Stegner. Da seine potenzielle | |
Rivalin Simone Lange in Flensburg indes selbst Wunden lecken muss, ist ein | |
Aufbegehren zurzeit nicht zu erwarten: Die Revolte wird vertagt. | |
## Grüne glücklich | |
Freude herrscht dagegen bei den Grünen: „Ein starkes Ergebnis, wir sind | |
sehr zufrieden mit dem Trend“, sagte Grünen-Landeschefin Ann-Kathrin | |
Tranziska. Ihre Partei wurde mit 16,5 Prozent drittstärkste Kraft im Land. | |
Bezeichnend ist [3][das Beispiel des Ostseebades Scharbeutz], wo die Grünen | |
jahrelang vor sich hin dümpelten. Zu Jahresbeginn traten sieben | |
Neumitglieder in den kleinen Ortsverband ein und machten mächtig Betrieb. | |
Der Erfolg: Statt des üblichen einen Mandats haben sie künftig vier Sitze | |
im Gemeinderat. | |
Zugelegt haben in bescheidenerem Umfang FDP und Linke, zu den Verlierern | |
zählt indes der SSW: Statt knapp drei gab es nur noch 2,3 Prozent für die | |
Partei der Dänen und Friesen. | |
8 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.kommunalwahlen-sh.de/portal.php | |
[2] http://wahlen.luebeck.de/app/gw2018.html | |
[3] https://www.gemeinde-scharbeutz.de/city_info/webaccessibility/index.cfm?wai… | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
Sven-Michael Veit | |
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