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# taz.de -- GroKo will Musterfeststellungsklage: Gemeinsam gegen Abzocke
> SPD und Union wollen Verbrauchern beim Klagen gegen Unternehmen helfen.
> Noch in diesem Jahr soll es ein entsprechendes Gesetz geben.
Bild: Wenn das Handy bei vielen den gleichen Schaden hat, soll die MFK helfen
BERLIN taz | Für die SPD ist es ein Prestigeprojekt. Bis Ende des Jahres
soll es eine sogenannte Musterfeststellungklage (MFK) geben, die
Verbrauchern hilft, ihre Ansprüche gegen Unternehmen durchzusetzen. Die
Verhandlungen in der Koalition stehen kurz vor dem Durchbruch.
Die MFK soll helfen, wenn viele Verbraucher mit dem gleichen –
möglicherweise – rechtswidrigen Verhalten eines Unternehmens konfrontiert
sind: Banken verlangen zweifelhafte Extragebühren, Energieversorger erhöhen
exzessiv die Preise, ein Handy hat bei vielen Käufern den gleichen Schaden.
Künftig sollen Verbraucherverbände mit der MFK die zentralen Fragen vor
Gericht klären.
Die Verbraucher profitieren davon, wenn sie sich binnen zwei Monaten in ein
Klageregister eintragen lassen. Dann ist für sie die Verjährung gehemmt.
Wenn die zentralen Rechts- und Sachverhaltsfragen gerichtlich geklärt sind
und dabei ein rechtswidriges Verhalten des Unternehmens festgestellt wurde,
dann hat das Unternehmen großes Interesse, einen Vergleich mit den Klägern
abzuschließen.
Wenn das Unternehmen jedoch einen Vergleich verweigert, können die
Verbraucher mit geringem Risiko das Unternehmen individuell verklagen. Die
Diskussion um die Musterfeststellungsklage nahm im Zuge des VW-Skandals
Fahrt auf. In den USA zahlte VW an die Käufer von manipulierten Diesel-PKW
Milliarden an Schadensersatz, in Europa versucht VW, seine Kunden mit einem
Software-Update abzuspeisen.
## Kein Risiko, im Erfolgsfall aber volle Entschädigung
Bisher haben die Kunden die Möglichkeit, den Händler oder VW selbst auf
Schadensersatz oder Rückabwicklung des Kaufs zu verklagen. Sie können sich
dabei zwar an spezialisierte Anwaltskanzleien wenden, tragen aber das
Risiko selbst. Wenn der Prozess verloren geht, müssen sie Anwalts- und
Gerichtskosten tragen, auch die von VW. Das machen nur VW-Fahrer mit guter
Rechtsschutzversicherung, denn bisher ist noch unklar, wer letztinstanzlich
solche Prozesse gewinnt. Alternativ können VW-Käufer auch ihre Ansprüche an
einen Dienstleister wie myRight.de abtreten, der die Ansprüche bündelt und
damit teure Anwälte bezahlt. Hier geht das Risiko auf den Dienstleister
über, der im Erfolgsfall aber auch 29 – 36 Prozent des Schadensersatzes für
sich behält.
Bei der Musterfeststellungklage hätten die Verbraucher kein Risiko, würden
im Erfolgsfall aber voll entschädigt. Das wäre der Fortschritt im Fall VW.
Wo sich keine Anwälte interessieren, wie bei Bankgebühren, können nur
Verbände helfen. Am 1. November soll das Gesetz in Kraft treten. Dann
könnten VW-Käufer, die ihren Diesel im Jahr 2015 kauften, noch die
Verjährung vermeiden. Wer das Auto früher erwarb, kann aber auch mit der
MFK die bereits eingetretene Verjährung nicht mehr beseitigen.
Um die Deadline im November einzuhalten, hat es die Koalition eilig. Der
Gesetzentwurf von Justizministerin Katarina Barley (SPD) soll Anfang Mai im
Kabinett auf den Weg gebracht werden. Im Juni soll der Bundestag dann das
Gesetz beschließen. Ursprünglich sollte der Entwurf bereits Anfang April
ins Kabinett, doch dann gab es noch harte Verhandlungen in der Koalition.
Die Union will verhindern, dass Fake-Vereine das Klagerecht missbrauchen.
Nun wird verlangt, dass ein Verein mindestens 350 Mitglieder hat und sich
seit vier Jahren für Verbraucherschutz einsetzt. Ein Dachverband muss
mindestens zehn Mitgliedsverbände haben. Das dürfte wohl auf rund zwei
Dutzend Verbände zutreffen, vorneweg den Verbraucherzentrale Bundesverband.
Dessen Vorsitzender Klaus Müller hatte seit langem für einen neuen Klageweg
getrommelt.
25 Apr 2018
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Schwarz-rote Koalition
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Automobilbranche
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