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# taz.de -- Sammelklage wegen Abgas-Skandal: Tausende Diesel-Opfer gegen VW
> Die Aufarbeitung des Abgas-Betrugs kommt mit dem neuen Gesetz zur
> Musterfeststellungsklage in Fahrt. Nun können Verbände für Kunden klagen.
Bild: Licht am Ende des Tunnels? Am 1. November tritt das Gesetz zur Musterfest…
Nächste Woche wird es ernst. Dann wird in Deutschland die erste
Musterfeststellungsklage eingereicht. Der Verbraucherzentrale Bundesverband
(Vzbv) wird gemeinsam mit dem ADAC gegen den VW-Konzern klagen. Es geht um
[1][Diesel-Pkws mit manipulierter Abgassteuerung.]
Die [2][Musterfeststellungsklage] wurde erst im Sommer vom Bundestag
eingeführt. Die [3][SPD setzte sich schon einige Jahre dafür ein, doch die
Union zögerte]. CDU/CSU fürchteten, dass deutsche Unternehmen von einer
Klageindustrie nach US-Vorbild mit Prozessen überzogen werden. Am Ende gab
es einen Kompromiss: Nur anerkannte Verbraucherverbände wie der Vzbv und
der ADAC können klagen.
Am 1. November tritt das Gesetz in Kraft. Viele Verbraucherschützer halten
es für einen großen Schritt nach vorne. Denn dann können mehrere geprellte
Kunden, die eine eigene Klage gegen Firmen scheuen, ihre Rechte von einem
Verband durchsetzen lassen.
Gleich am ersten Tag wollen Vzbv und ADAC ihre Klage beim Oberlandesgericht
(OLG) Braunschweig einreichen. Sie werfen VW vor, die Käufer von
manipulierten Dieselfahrzeugen vorsätzlich geschädigt zu haben. Ziel ist
die Rückabwicklung der Verträge – zumindest sollen die Käufer
Schadensersatz für den Wertverlust erhalten.
## Klageregister für private Diesel-Käufer
Die Klage ist nur zulässig, wenn sich binnen zwei Monaten mindestens
fünfzig betroffene Verbraucher in ein Klageregister eintragen. Doch bei der
VW-Klage ist diese Hürde ein Klacks. Bundesweit wurde die manipulierte
Abgassteuerung millionenfach verkauft. Ein erster Anhaltspunkt für die Zahl
möglicher Eintragungen: „Bei uns haben rund 34.000 Personen den News-alert
zur Musterfeststellungsklage abonniert“, sagt Vzbv-Experte Sebastian
Reiling.
In das Klageregister kann sich jeder betroffene private Autokäufer
eintragen. Handwerker und Unternehmen sind allerdings ausgeschlossen. Der
Vzbv empfiehlt eine Registrierung bis zum Jahresende, denn dann endet die
Verjährungsfrist. Möglicherweise ist aber auch noch eine Eintragung bis zum
Prozessbeginn möglich.
Diese hemmt den Eintritt der Verjährung, der Diesel-Käufer behält sozusagen
den Fuß in der Tür, bis die Grundfragen geklärt sind. Die Eintragung ist
kostenlos und beinhaltet kein Risiko. Das Register wird ab etwa Mitte
November auf der Webseite des Bundesamts für Justiz geführt.
## Katarina Barley hofft auf einen Vergleich
Der Prozess beim OLG Braunschweig startet vermutlich Ende 2019 oder Anfang
2020. Gegen das Urteil wird die unterlegene Seite wegen der großen
Bedeutung sicherlich Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof einlegen. Bis zu
dessen Urteil kann es insgesamt also etwa drei bis vier Jahre dauern.
Wenn das Musterverfahren für die Diesel-Käufer günstig ausgeht, können
diese anschließend individuell gegen VW klagen. Dann kommt es auch auf die
Details an: Was hat das Fahrzeug gekostet, wie lange wurde es gefahren, wie
hoch ist der Schaden? Justizministerin Katarina Barley (SPD) hofft, dass VW
einen Vergleich schließt und die Käufer sich weitere Klagen sparen können.
Allerdings könnte es auch sein, dass Unternehmen bis zuletzt warten, ob die
Betroffenen nicht doch aufgeben.
Die Vzbv-Musterklage wird von Anwälten vertreten, die in der Causa bereits
Erfahrung haben. Die Lahrer Kanzlei Dr. Stoll und Sauer vertritt rund
14.000 Diesel-Käufer, die Düsseldorfer Anwälte Rogert und Ulbricht haben
weitere rund 7.000 Diesel-Mandanten. Bisher sind das vor allem Käufer mit
Rechtsschutzversicherung.
## Zehntausende Mandanten winken
Mit der Vzbv-Klage erschließen sich die Kanzleien einen neuen großen Markt.
Die Musterfeststellungsklage selbst ist zwar nicht lukrativ, aber viele der
Diesel-Käufer, die sich ins Klageregister eingetragen haben, werden für
ihre individuellen Klagen dann die Anwälte beauftragen, die schon bei der
Feststellungsklage Erfolg hatten. Einige zehntausend Mandate winken.
Parallel vertritt der US-Anwalt Michael Hausfeld gemeinsam mit dem
Rechtsdienstleister Myright bereits jetzt einige zehntausend VW-Kunden.
Hier tragen die Kläger bis zum Ende keinerlei Kostenrisiko, müssen aber im
Erfolgsfall 35 Prozent des Schadenersatzes an Myright abgeben.
Die Einführung der Musterfeststellungsklage sollte auch solchen
Geschäftsmodellen die Grundlage entziehen. Im VW-Fall wirbt Hausfeld aber
ohnehin kaum noch um neue Mandanten, angeblich mit Blick auf die
bevorstehende Verjährung. Ob am Ende der US-Anwalt oder der deutsche
Verbraucherschutzverband für die Diesel-Halter mehr erreichen können, wird
sich erst in einigen Jahren zeigen.
26 Oct 2018
## LINKS
[1] /Zahlen-zum-Dieselskandal/!5432516
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[3] /Neuer-Vorstoss-des-Verkehrsministers/!5536787
## AUTOREN
Christian Rath
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