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# taz.de -- Gesetzentwurf für Musterfeststellungklage: Die Umwelthilfe bleibt …
> Das Kabinett hat den Gesetzentwurf für neues Klagerecht der
> Verbraucherverbände beschlossen. Die Deutsche Umwelthilfe sieht sich
> ausgegrenzt.
Bild: Gegen untätige Kommunen hat DUH-Chef Jürgen Resch erfolgreich prozessie…
Nun kommt sie also doch. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den
Gesetzentwurf für die Musterfeststellungsklage beschlossen. Verbände sollen
ab Herbst Massenklagen von Verbrauchern durch die Klärung der zentralen
Fragen vorbereiten können. Allerdings sollen nur „seriöse Verbände“ klag…
dürfen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist empört, sie sieht sich durch die
Kriterien ausgeschlossen.
In Streitigkeiten, die viele Verbraucher betreffen, musste bisher jeder
Einzelne auf eigenes Risiko klagen. Künftig aber sollen anerkannte
Verbraucherschutzverbände die grundlegenden Fragen durch eine
Feststellungklage vorweg klären. Die betroffenen Verbraucher profitieren
davon, wenn sie sich binnen zwei Monaten in ein Klageregister eintragen
lassen. Dann ist für sie die Verjährung gehemmt.
Wenn dann die zentralen Rechts- und Sachverhaltsfragen gerichtlich geklärt
sind und dabei ein rechtswidriges Verhalten des Unternehmens festgestellt
wurde, wird das Unternehmen entweder von sich aus einen Vergleich mit den
Betroffenen anbieten. Oder die Verbraucher können mit nun geringem Risiko
das Unternehmen individuell verklagen. So jedenfalls die Idee der
federführenden Justizministerin Katarina Barley (SPD). Das Gesetz soll zum
1. November in Kraft treten und nicht zuletzt VW-Fahrern nutzen, die wegen
der Abgasmanipulationen auf Schadensersatz oder Rückabwicklung des
Kaufvertrags hoffen.
In den letzten Monaten wurde in der Regierung und der Koalition heftig
darum gestritten, wie ein Missbrauch der Regelung durch „unseriöse
Verbände“ vermieden werden kann. Ursprünglich sollten alle Verbände, die
nach dem Gesetz über Unterlassungsklagen als „qualifizierte Einrichtungen“
angesehen werden. In Deutschland gibt es eine Liste mit 78 Verbänden von
der Aktion Bildungsinformation bis zu den Verbraucherzentralen. Hierzu
kommen aber auch einige hundert Verbände aus anderen EU-Staaten.
Wirtschaftsverbände und CDU/CSU sahen die Gefahr von Klagefluten voller
Willkür und Erpressungspotenzial.
Nun müssen die Verbände, die zur Musterfeststellungklage zugelassen werden,
weitere Kriterien erfüllen. So müssen sie zum Beispiel mindestens 350
Mitglieder haben oder (als Dachverband) zehn Mitgliedsverbände. Dies soll
verhindern, dass eine Handvoll amerikanischer Anwälte irgendwo in der EU
einen Fake-Verbraucherschutzverband gründen, um in Europa klagen zu können.
## Maximal 5 Prozent von Unternehmen
Außerdem muss der Verband mindestens vier Jahre existieren, um die neue
Klagemöglichkeit nutzen zu können. So soll verhindert werden, dass sich für
einen konkreten Konflikt ein Verband erst gründet. Denn nach vier Jahren
wären bereits fast alle einklagbaren Ansprüche verjährt. Schließlich sollen
die Verbände „nicht mehr als fünf Prozent ihrer finanziellen Mittel durch
Zuwendungen von Unternehmen beziehen“. Dies soll verhindern, dass
Unternehmen einen Verband gründen, mit dem sie Klagen gegen
Konkurrenz-Unternehmen lancieren.
Für die meisten Verbände der deutschen Unterlassungsklage-Liste sind die
Kriterien kein Problem. So erfüllen der Verbraucherzentrale Bundesverband
und seine 16 Landesverbände die Anforderungen ohne weiteres. Auch die
größte Gruppe, der Deutsche Mieterbund und 37 regionale oder städtische
Mieterververeine, haben nach Auskunft des DMB-Justiziars Stefan Bentrop
keine Schwierigkeiten, die Kriterien zu erfüllen.
Schwierig wird es aber für die Deutsche Umwelthilfe. „Die Kriterien sind
ein Versuch, uns gezielt herauszuhalten“, sagte Bundesgeschäftsführer
Jürgen Resch der taz. Resch sprach sogar von einer „Orbanisierung“ der
deutschen Politik, unter Bezug auf den trickreichen ungarischen
Regierungschef Victor Orban. Zum einen hat die DUH bisher nur 274
Mitglieder, da sie sich anders als der parallel gegründete BUND nicht als
Massenorganisation versteht. Doch achtzig neue Mitglieder wären bis Herbst
vermutlich zu finden. Im übrigen gebe es ja auch noch über 3500
DUH-Fördermitglieder. „Das sind ja auch Mitglieder“, so Resch.
Das eigentliche Problem ist aber die Fünf-Prozent-Schwelle für
Unternehmens-Zuwendungen. Die DUH hat zwar ihre Großsponsoren Telekom und
Krombacher verloren, bekomme, so Resch, aber immer noch viele Spenden von
„Unternehmen“ im weiteren Sinne, etwa von Arztpraxen oder von einem
Biokosthändler. Möglicherweise fielen sogar Unterlassungszahlungen und
Vertragstrafen von abgemahnten Unternehmen unter die Definition, befürchtet
Resch. Davon geht das Justizministerium zwar derzeit nicht aus, wie eine
Sprecherin auf taz-Anfrage sagte; auszuschließen sei eine solche Auslegung
aber nicht, so durchaus noch Präzisierungsbedarf bestehe.
DUH-Geschäftsführer Resch hofft nun, dass das Gesetz im Bundestag noch
nachgebessert wird. „Zwar haben wir auch ohne Musterfeststellungsklage
genug zu tun, aber gezielt ausschließen lassen wir uns nicht.“
9 May 2018
## AUTOREN
Christian Rath
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Klage
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