# taz.de -- Neuer Abgasskandal: Audi in Erklärungsnot | |
> Wen interessiert das neue Elektroauto, wenn es einen neuen Abgasskandal | |
> gibt? Bei der Hauptversammlung sah sich Audi mit harten Vorwürfen | |
> konfrontiert. | |
Bild: Macht aus der Manipulation ein Versehen: Audi-Chef Rupert Stadler | |
INGOLSTADT dpa/afp | Beherrschendes Thema bei der Audi-Hauptversammlung am | |
Mittwoch: Ein neuer Dieselskandal. Bevor Vorstandschef Rupert Stadler | |
überhaupt über das in Kürze auf den Markt kommende erste Elektroauto von | |
Audi reden konnte, räumte er schwere Fehler im jüngsten Fall mutmaßlicher | |
Abgas-Täuschungen ein. Und auch der erst am Vorabend zum | |
Audi-Aufsichtsratschef gekürte neue VW-Konzernchef Herbert Diess musste in | |
Ingolstadt Kritik von Aktionären einstecken. | |
Am Tag vor dem Treffen war bekanntgeworden, dass Audi die Harnstoffzufuhr | |
für die Abgasreinigung bei einer Motorreihe der A6- und A7-Modelle mitunter | |
gedrosselt hat. „Der Arbeitsfehler in einer unserer Fachabteilungen ist | |
gravierend. Es ist aber keine neue Manipulationssoftware“, versicherte | |
Stadler. | |
Der betreffende Motor wurde 2014 zugelassen. Es sei dann versäumt worden, | |
einen Software-Baustein für die Motorsteuerung zu entfernen – ein | |
Rückschlag, „wo man sich fragt, warum wird dieser Fehler erst jetzt | |
entdeckt?“, meinte Stadler. | |
Audi gibt an, den Fall erst in der vergangenen Woche entdeckt zu haben. Der | |
Konzern informierte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und stoppte die | |
Auslieferung der Modelle. Das Software-Update für die betroffenen 60.000 | |
Autos sei fertig. Das weitere Vorgehen hänge jetzt von der demnächst | |
stattfindenden Anhörung beim KBA ab. | |
## „Unverantwortliches Management“ | |
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wirft den Autoherstellern eine | |
Rufschädigung des Standorts Deutschland vor. „Mit derlei Manipulationen | |
verspielen die Autohersteller auch den guten Ruf der deutschen Industrie | |
als Treiber fortschrittlicher Technik“, sagte sie den Zeitungen des | |
Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Mittwoch. „Ich erwarte, dass die | |
deutsche Autoindustrie im Interesse der Umwelt und der Verbraucher | |
Innovationen nach vorne bringt.“ | |
Derlei Vorgänge seien „Ausdruck unverantwortlichen Managements“. Die | |
Ministerin mahnte vor diesem Hintergrund rechtliche Konsequenzen an. „Für | |
die Autoindustrie müssen dieselben Regeln gelten wie für jeden anderen | |
auch: Wer betrügt, bekommt es mit dem Rechtsstaat zu tun“, sagte Schulze. | |
Andreas Brejs von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz | |
(DSW) griff Konzernchef Herbert Diess an, der die Hauptversammlung leitete. | |
Diess sei zwar integer und kompetent. Aber jemanden zum Aufsichtsrat zu | |
machen, obwohl er in ein Verfahren wegen Verdachts auf Marktmanipulation | |
verstrickt sei, sei ungeschickt: „Das ist doch keine Aufklärung.“ | |
Bei dem Audi-Aufseher und VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch verstehe | |
er, „dass er mit seinen alten Kumpels zusammensitzen will“. Und von Diess' | |
[1][Vorvorgänger Martin Winterkorn] könne jeder Manager lernen, wie er sein | |
Vermögen an seine Ehefrau übertrage, so Brejs. | |
## Staatsanwaltschaft ermittelt | |
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen Diess und Pötsch wegen | |
des Verdachts, Anleger zu spät über Finanzrisiken des Dieselskandals | |
informiert zu haben. Winterkorn wurde von der US-Justiz inzwischen | |
angeklagt wegen Betrugs, Verschwörung und Verstoßes gegen Umweltgesetze. | |
Diess sagte, der Audi-Aufsichtsrat prüfe, ob aktuelle oder frühere | |
Audi-Vorstände Pflichten verletzt hätten und möglicherweise Schadenersatz | |
zahlen müssten. | |
Stadler sagte: „Die Dieselkrise ist für uns noch nicht abgeschlossen.“ Sie | |
binde enorme Kapazitäten und koste viel Geld. Das KBA hatte seit der | |
Aufdeckung des Dieselskandals im Herbst 2015 für 156.000 Autos mit | |
Audi-Motoren Rückrufe angeordnet. Für mindestens 260.000 Fahrzeuge stehen | |
noch Prüfungen oder Bescheide aus. Wegen der Folgen des Skandals hat Audi | |
schon 2,25 Milliarden Euro zurückgestellt, bei der Konzernmutter VW fielen | |
Rechtskosten von insgesamt mehr als 25 Milliarden Euro an. | |
9 May 2018 | |
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