# taz.de -- Neue politische Spitze in Hamburg: Warmer Applaus | |
> Designierter Bürgermeister Tschentscher kündigt bessere Zeiten für | |
> Hamburg an. Die Grünen sind skeptisch. Leonhardt neue SPD-Vorsitzende. | |
Bild: Sonnenblumen fürs Koalitionsklima: Katharina Fegebank, Peter Tschentsche… | |
HAMBURG taz | Die Ära des Olaf Scholz ist vorbei. Am Samstag gab er auf dem | |
SPD-Landesparteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg nach dem Amt des Ersten | |
Bürgermeisters auch die Position des Parteivorsitzenden auf: „Es war schön | |
mit Euch. Ahoi“, beendete der 59-Jährige, der als Vizekanzler und | |
Bundesfinanzminister in die Große Koalition nach Berlin gewechselt ist, | |
seine politische Karriere an der Elbe. Seine Nachfolge teilen sich die neue | |
Parteichefin Melanie Leonhardt und der designierte Regierungschef Peter | |
Tschentscher. | |
Er sei sich sicher, dass es mit den beiden für Hamburg und die SPD „eine | |
gute Zeit wird“, sagte Scholz, der über neun Jahre lang als Parteichef und | |
sieben Jahre als Erster Bürgermeister unangefochten die Hamburger Politik | |
dominierte – 2011 bis 2015 mit absoluter Mehrheit in einer | |
SPD-Alleinregierung, seitdem in einer rot-grünen Koalition. | |
Leonhard und Tschentscher indes übernehmen nun in einer für die SPD auch in | |
Hamburg schwierigen Zeit: Nach einer neuen Umfrage ist die Partei aus den | |
luftigen Höhen der 40-Prozent-Werte auf 28 Prozent gesunken. | |
Eine düstere Lage, auf die Leonhard und Tschentscher jedoch nicht | |
eingingen. Leonhard geißelte vornehmlich soziale Ungerechtigkeiten wie die, | |
dass Herkunft noch immer Menschen von gesellschaftlichen Chancen | |
ausschließe. „Ich habe oft gehört, was jemand nicht werden kann, der wie | |
ich in Wilhelmsburg geboren wurde – das Ergebnis steht vor Euch.“ | |
Das sind Sätze, die sozialdemokratische Parteitage zum Jubeln bringen. Und | |
für gute Ergebnisse sorgen: Mit 317 von 335 Stimmen, entsprechend 94,6 | |
Prozent, wurde Leonhard als zweite Frau nach Traute Müller (1988 – 1991) | |
zur Landesvorsitzenden der Hamburger SPD gewählt. | |
Programmatisch präziser wurde Tschentscher, der mit 337 von 354 Stimmen, | |
entsprechend 95,2 Prozent, ebenfalls ein sehr gutes Ergebnis einfuhr. Er | |
kündigte an, den Kurs der Haushaltssanierung, den Scholz und er seit 2011 | |
verfolgen, beizubehalten. | |
## Keine Euphorie bei den Grünen | |
Zugleich aber verkündete er, im öffentlichen Dienst rasch einen Mindestlohn | |
von zwölf Euro einführen zu wollen: „Das ist notwendig.“ Die Leute wollte… | |
so glaubt Tschentscher, „dass Hamburg sicher, sozial und grün“ sei, und | |
dafür wolle er als Bürgermeister sorgen: „Die besten Tage in Hamburg liegen | |
noch vor uns“, versprach Tschentscher. | |
Eine Verheißung, mit der er beim grünen Koalitionspartner Zustimmung, aber | |
keine Euphorie hervorrief. Nach seiner Nominierung auf dem SPD-Parteitag | |
machte Tschentscher am Nachmittag seinen Antrittsbesuch bei der grünen | |
Mitgliederversammlung in Altona. Und versicherte, auch er wolle „eine grüne | |
Stadt mit höchster Lebensqualität, mit Luftreinhaltung und Klimaschutz“. | |
Schön und gut, fanden die etwa 200 grünen Mitglieder, die Tschentscher mit | |
warmem Applaus begrüßten. Dennoch sei G20 ein Fehler gewesen: „Das hat uns | |
gesellschaftlich voneinander entfernt“, stellte die Landesvorsitzende Anna | |
Gallina klar. | |
Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank zeigte sich nahezu | |
erleichtert, „dass es keinen ewigen Olaf gibt“. Dessen Respekt vor den | |
Grünen sei unterentwickelt gewesen: „Was mir bisher nicht gefallen hat, ist | |
die vollständig fehlende, positive Bezugnahme des Bürgermeisters auf die | |
Koalition und den Regierungspartner“, sagte sie. | |
Tschentscher beteuerte seine Dialogfähigkeit: „Ich fühle mich zu Hause im | |
Dialog mit grünen Partnern“, sagte er. Rot und Grün könnten gern auch nach | |
der nächsten Wahl 2020 „weiter gemeinsam Verantwortung für diese Stadt | |
gestalten“. | |
26 Mar 2018 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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