# taz.de -- Menschenhandel in Libyen: Wer rettet die Sklaven? | |
> Nach Berichten über Versteigerungen afrikanischer Flüchtlinge in Libyen | |
> bietet Ruanda Asyl an. Afrikas Solidarität wird gefordert. | |
Bild: Immer mehr Flüchtlnge sitzen in Libyen in Lagern fest | |
BERLIN taz | Die Aufregung in Afrika, seit der US-Fernsehsender CNN am 14. | |
November die Existenz von [1][Sklavenauktionen für internierte schwarze | |
Migranten in Libyen dokumentierte], hat eine unerwartete Wendung genommen. | |
Ruandas Regierung hat angeboten, bis zu 30.000 in Libyen gestrandete | |
Afrikaner aufzunehmen. Es ist das erste Mal, dass eine Rettungsaktion | |
dieser Größenordnung für die vielen Flüchtlinge aus Afrika südlich der | |
Sahara, die in Libyen festsitzen, ins Gespräch gebracht wird. | |
„Wie der Rest der Welt war Ruanda entsetzt über die Bilder der sich in | |
Libyen abspielenden Tragödie, wo afrikanische Männer, Frauen und Kinder auf | |
dem Weg ins Exil festgehalten und zu Sklaven gemacht worden sind“, erklärte | |
Ruandas Außenministerium am Mittwoch. „Angesichts der politischen | |
Philosophie Ruandas und unserer eigenen Geschichte können wir nicht | |
schweigen, wenn Menschen misshandelt und wie Vieh versteigert werden.“ Man | |
stehe bereit, „den Bedürftigen minimalen Komfort zu bieten“, heißt es | |
weiter in der Erklärung: „Ruanda kann vielleicht nicht jeden willkommen | |
heißen, aber unsere Tür steht weit offen.“ | |
Die regierungsnahe Tageszeitung New Times präzisierte am Donnerstag, | |
Ruandas Regierung und die Afrikanische Union (AU) hätten sich auf eine Zahl | |
von 30.000 geeinigt. Ruandas Außenministerin, Louise Mushikiwabo, sagte der | |
Zeitung, es werde seit drei Wochen darüber gesprochen, und „afrikanische | |
Geschäftsleute“ stünden zur Unterstützung bereit. Auf Twitter fügte sie | |
hinzu: „Für Afrikaner, die in Libyen verkauft werden: Ruanda ist klein, | |
aber wir werden Platz finden!“ | |
In der ruandischen Öffentlichkeit wurde spekuliert, dass sich das Angebot | |
vor allem an Somalier richtet, für die Ruanda schon länger ein als neutral | |
geschätzter Exilort darstellt. Ruandas Regierung bestätigte jetzt außerdem | |
Gespräche mit Israel zur Übernahme von Sudanesen und Eritreern aus Israel – | |
eine Praxis, die nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen schon seit | |
Jahren läuft und auf scharfe Kritik stößt. | |
Ruanda übernimmt 2018 den Vorsitz der AU und hat ambitionierte Reformpläne, | |
um den Staatenbund handlungsfähiger zu machen. Kommende Woche findet in der | |
Elfenbeinküste der regelmäßige EU-Afrika-Gipfel statt, bei dem Fragen der | |
Migrationspolitik eine wichtige Rolle spielen dürften. Mehrere afrikanische | |
Regierungen haben angekündigt, die Versklavung von Afrikanern in Libyen und | |
Europas Unterstützung für Libyen zu thematisieren. Nach Protestaufrufen aus | |
der Zivilgesellschaft haben in den letzten Tagen mehrere afrikanische | |
Länder ihre Botschafter aus Libyen abgezogen und die UNO sowie den | |
Internationalen Strafgerichtshof eingeschaltet. Von Barbarei und Verbrechen | |
gegen die Menschlichkeit ist die Rede. | |
Moussa Faki Mahamat, Chef der AU-Kommission, begrüßte Ruandas Vorstoß. „Ich | |
rufe alle afrikanischen Mitgliedstaaten, den Privatsektor und afrikanische | |
Bürger dazu auf, ihre Ressourcen zusammenzulegen und ihre Stimmen | |
zusammenzutun, um unsere Brüder und Schwestern zu unterstützen, die in | |
Libyen leiden“, erklärte er. | |
Nach UN-Angaben leben bis zu eine Million Afrikaner aus Ländern südlich der | |
Sahara in Libyen. Zehntausende werden in illegalen Lagern festgehalten, | |
unter meist fürchterlichen Bedingungen. [2][Die Aufrüstung der libyschen | |
Küstenwache durch die EU] senkt die Flüchtlingszahlen auf dem Mittelmeer – | |
von 11.500 im Juli auf 6.300 im September, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk | |
UNHCR am Donnerstag bekanntgab – und erhöht damit die Zahlen derer, die in | |
Libyen festsitzen. | |
23 Nov 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://edition.cnn.com/videos/world/2017/11/13/libya-migrant-slave-auction-… | |
[2] /!5445531/ | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Libyen | |
Migration | |
Flucht | |
Ruanda | |
Afrikanische Union | |
Schwerpunkt Flucht | |
Geflüchtete | |
EU-Flüchtlingspolitik | |
Afrika | |
Schwerpunkt Flucht | |
Schwerpunkt Flucht | |
Libyen | |
Sea-Watch | |
Milizen in Libyen | |
Schwerpunkt Flucht | |
Fluchtursachen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flüchtlinge aus Nigeria: Rückkehr ins Ungewisse | |
Tausende in Libyen gestrandete Nigerianer sind in ihre Heimat | |
zurückgebracht worden. Viele fragen sich, wie es jetzt weitergehen soll. | |
Afrikanische Flüchtlinge in Israel: 40.000 sollen abgeschoben werden | |
Israel will Geflüchtete mit einer Rückkehrprämie zur Ausreise bewegen. | |
Zugleich droht die Regierung jenen mit Gefängnis, die das Angebot ablehnen. | |
EU-Afrika-Gipfel in Abidjan: Politiker ja, Zivilgesellschaft nein | |
Vor dem EU-Afrika-Treffen: In der Elfenbeinküste hat die Polizei eine | |
Konferenz von Gewerkschaften und NGO aufgelöst. | |
Demo gegen Sklaverei: „Wir sind keine Ware“ | |
Am Samstag gab es Protest gegen Sklaverei und europäische | |
Abschottungspolitik vor der libyschen Botschaft in Berlin. | |
Flüchtlinge im Mittelmeer: Mehr als 30 Tote vor Libyen | |
Am Samstag starben erneut Menschen beim Versuch, nach Italien zu gelangen. | |
Hunderte wurden zurück in die unmenschlichen Auffanglager in Libyen | |
verbracht. | |
Kommentar Flüchtlinge in Libyen: Europas Doppelmoral in Afrika | |
Der Horror in Libyens Internierungslagern ist bekannt. Ruanda bietet an, | |
internierte Flüchtlinge aufzunehmen. Auch weil Europa untätig bleibt. | |
Menschenhandel in Libyen: Ende des Wegsehens | |
Der Sender CNN veröffentlichte kürzlich ein Video, welches belegt, dass | |
Migranten in Libyen verkauft werden. Nun reagiert Afrikas Politik. | |
Tödlicher Zwischenfall im Mittelmeer: Nicht 5, sondern 50 Tote | |
Nach dem Einsatz vor Libyen werden 50 Menschen vermisst. Aufnahmen von Sea | |
Watch zeigen die Gewalt der libyschen Küstenwache. | |
Herrschaftsgebiet von General Haftar: Massengrab in Ost-Libyen entdeckt | |
Die Leichen von 36 erschossenen mutmaßlichen Islamisten sind bei Bengasi | |
gefunden worden. Unter den Toten sind vermutlich 19 Ausländer. | |
Aus „Le Monde diplomatique“: Kalte Regeln | |
Die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union verhindert Solidarität. Dabei | |
gibt es genug Lösungsansätze wie Botschaftsasyl und legale Migration. | |
Die EU und die „Flüchtlingskrise“: „Eine neue Form von Kolonisation“ | |
Von der Afrika-Politik Europas halten die drei nach Berlin geflüchteten | |
Afrikaner Mouhamed Tanko, Oussman Dawarda und Adam Mohamed gar nichts. |