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# taz.de -- Fahrradverleiher in Berlin: Invasion der Leihräder
> Neue Anbieter stehen schon vor der Tür. Doch der Senat ist darauf nicht
> vorbereitet. Er streitet seit Monaten mit Nextbike über Kunden-Rabatte.
Bild: Velos in wilden Haufen: hier in China, bald auch in Berlin?
Die Invasion steht möglicherweise kurz bevor. In Zürich, London und anderen
europäischen Großstädten, zuletzt auch in München sind sie bereits
angekommen: Leihfahrräder fernöstlicher Provenienz, die quasi über Nacht in
Massen auftauchen. In der bayerischen Landeshauptstadt, wo nicht weniger
als 7.000 Exemplare Gehwege, Abstellflächen oder Wiesen blockieren, stehen
sie gerade unter medialem Beschuss. Fraglich ist auch, wie sich die Präsenz
von Anbietern wie „oBike“ oder „Mobike“ auf den Leihradmarkt in einer S…
auswirkt, in der durch konkurrierende Mietsysteme bereits ein tendenzielles
Überangebot herrscht – also etwa in Berlin.
Welches wirtschaftliche Modell hinter einem Startup wie oBike aus Singapur
steckt, ist unklar. Möglicherweise wird in dem Expansionsversuch einfach
Risikokapital der boomenden fernöstlichen Ökonomien verbrannt, vielleicht
geht es aber auch um die Kundendaten, die mit dem Verleihgeschäft gesammelt
werden können. Diesen Verdacht hat auch der grüne Münchener Stadtrat
Herbert Danner im September gegenüber der taz geäußert.
Sicher ist: Mehrere tausend Leih-Bikes zusätzlich würden auch in Berlin ins
Gewicht fallen, wo mit dem vom Senat geförderten Leipziger Unternehmen
nextbike und dessen Konkurrent Lidl-DB-Bike bereits zwei große Player im
Wettbewerb untereinander und mit vielen kleinen Verleihern stehen. Ob oBike
und Co. tatsächlich kommen, weiß niemand mit Sicherheit, aber Kenner der
Branche rechnen damit.
## Velos in wilden Haufen
Bei nextbike ist man gar nicht begeistert von dieser Vorstellung: „Wir
finden es schon nicht so toll, dass die Aktivitäten von Lidl-Bikes über die
DB-Tochter Call A Bike letztlich mit Steuergeldern abgefedert werden“, sagt
nextbike-Sprecherin Mareike Rauchhaus. Problematischer ist aber aus ihrer
Sicht die mögliche negative Wirkung auf das Image von Leihrädern, wenn die
Miet-Velos – wie anderswo geschehen – in wilden Haufen herumliegen und den
Weg versperren: „Das kann dazu führen, dass potenzielle Kunden sich am Ende
aufregen und der gefühlte Kampf um die Straße sich noch verschärft.“
Nikolas Linck sieht das ähnlich: „Unter Umständen wird dann Fußgängern der
Raum genommen, und die sind nun mal die schwächsten Verkehrsteilnehmer“, so
der Sprecher des Berliner ADFC-Landesverbands zur taz. „Was gar nicht geht,
ist ein Anbieter wie Donkeybike, der seine Räder an öffentlichen
Abstellanlagen anschließt, von denen es ohnehin zu wenige gibt.“ Der
dänische Leihradanbieter Donkeybike ist bereits jetzt mit Rädern in der
Stadt präsent.
## „Grundsätzlich positiv“
Der ADFC sehe Sharingsysteme eigentlich sehr positiv, sagt Linck.
„Grundsätzlich ist es gut, wenn viele Fahrräder herumstehen, das System
muss aber auch einheitlich und klar verständlich sein.“ Als positive
Beispiele nennt der Radlobbyist Paris und Madrid. Auch im Hinblick auf
weitere Entwicklungen bei Autos oder E-Scootern empfiehlt Linck dem Senat,
rechtzeitig „Regularien zu schaffen“, mit denen das Sharing-Potenzial in
der Stadt effizient genutzt werden könne. Das lasse sich beispielsweise
über die gezielte Freigabe von Abstellflächen erreichen.
Auch in der Verwaltung von Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos) hat
man das Phänomen registriert. „Es gibt immer wieder Anfrage und
Kontaktaufnahmen seitens solcher Anbieter“, bestätigt Sprecher Matthias
Tang, „konkret ist das aber noch nicht.“ Die Verkehrsverwaltung, so Tang,
empfehle den Bezirken, auf den Antrag einer Sondernutzungsgenehmigung zu
pochen, wenn Leihräder in massivem Umfang aufgestellt werden sollten. Mit
Lidl-Bikes spreche man zurzeit genau darüber.
Rein technisch gelten die oBike-Räder als wenig überzeugend – unter anderem
verzichten sie auf eine Gangschaltung und sind mit ihren Vollgummireifen
zwar unplattbar, aber auch sehr schwer. Trotzdem könnte es auf
Alleinstellungsmerkmale ankommen, wenn ein vom Land subventioniertes
Unternehmen wie nextbike bei aggressiven Markteinführungen nicht ins
Hintertreffen geraten will. Ein solches Merkmal hatte der Senat bei der
Einführung von nextbike im Mai versprochen, bislang aber wurde es nicht
umgesetzt: die kostenfreie erste halbe Stunde für Abo-KundInnen des
Verkehrsverbunds Berlin Brandenburg (VBB).
## Gespräche laufen noch
Aus der Verkehrsverwaltung heißt es, die Gespräche liefen noch, und auch
von nextbike ist zu erfahren, dass man an dem versprochenen Rabatt
festhalte. Wie die taz aber aus eingeweihten Kreisen erfuhr, treten die
Verhandlungen auf der Stelle, weil sich die beiden Parteien über den Preis,
den das Land nextbike für die Vergünstigung zahlen müsste, nicht einig
werden. Inzwischen kooperiert nextbike ganz offiziell mit dem
Streaming-Dienst „Deezer“ und bietet eine Gratis-halbe-Stunde für dessen
zahlende AbonnentInnen an.
Dass es anders geht, zeigt das Beispiel Potsdam: In der Nachbarstadt dürfen
AbonnentInnen des VBB die örtlichen nextbike-Räder sogar 120 Minuten lang
kostenlos fahren – pro Tag.
5 Nov 2017
## AUTOREN
Claudius Prößer
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