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# taz.de -- Ein Jahr Rot-Rot-Grün: der taz-Check (1): Enttäuschte Hoffnungen
> Als Verkehrssenatorin für die Grünen kann man nur scheitern – zu hoch
> sind die Erwartungen. Doch Regine Günther hat auch selbst einiges dazu
> beigetragen.
Bild: In ihren eigenen Reihen fanden die Grünen keine Frau fürs Ressort: Seit…
Mit Regine Günther ist es wie mit der rot-rot-grünen Koalition insgesamt:
Sie hat manche Erwartungen geweckt und – bislang – nicht erfüllen können.
Das hat gar nicht nur mit der 54-Jährigen selbst zu tun, sondern viel mit
ihrem Amt. Wenn die Grünen in die Lage kommen, eine Senatsverwaltung, ein
Ministerium für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zu leiten, dann steigen die
Erwartungen automatisch ins Unerfüllbare. So eine muss doch einfach das
Klima retten, den Verkehr bändigen, Radfahrer und Fußgänger schützen. Und
das alles am besten ohne Kulturkampf auf Berlins Straßen. Also die
Quadratur des Kreises können.
Es war Anfang Januar, da ließ Günther, einen Monat zuvor noch Klimaexpertin
bei der Umweltschutzorganisation WWF, tatsächlich aufhorchen. Da dachte sie
in ihrem ersten großen Pressegespräch vor Journalisten laut darüber nach,
Straßen vor Schulen morgens vor Unterrichtsbeginn eine halbe Stunde zu
sperren.
Vorausgegangen waren ungezählte vergebliche Versuche von Schulleitern und
Elternvertretern, Raser zu bändigen. In Schöneberg stoppte eine Schule
schließlich ihren Schülerlotsendienst aus Angst um die Kinder. Da waren
Günthers Überlegungen mal eine klare Ansage.
Davon war aber danach nichts mehr zu lesen oder zu hören. Kann ja sein,
dass das von der Straßenverkehrsordnung her schlicht nicht geht. Doch das
hätte Günther dann erklären müssen. So bleibt eine geweckte und enttäuschte
Erwartung.
Da fügt sich Günther bei den Grünen allerdings gut ein, obwohl sie selbst
weiterhin kein Parteimitglied ist: Noch während der Koalitionsverhandlungen
über Rot-Rot-Grün drang im November 2016 die Absicht durch, den Boulevard
Unter den Linden autofrei zu machen, ausgenommen Busse und Taxis.
Seither ist schon mehr als ein Jahr vergangen, und von diesem Plan ist
seither nichts mehr zu hören gewesen. Natürlich wird auch in einer grün
geführten Senatsverwaltung nicht alles sofort anders. Aber angesichts der
großen Aufmerksamkeit, die beide Themen hatten – Unter den Linden wie Raser
vor Schulen –, hätte das ein Schwerpunkt in der Günther-Behörde sein
können.
Dauerbrenner war und ist zwar ein anderes großes grünes Thema, der
Radverkehr mit den Forderungen des gestoppten Volksbegehrens. Doch Günther
wirkt dabei wie eine Getriebene der Radaktivisten, nicht wie eine
Senatorin, die die Dinge selbst voranbringt. Maßstab war stets, was die
Initiatoren des Volksbegehrens um Heinrich Strößenreuther sagten. Im März
2017 sollte ein Entwurf des Radgesetzes ins Abgeordnetenhaus kommen – nun
hoffen führende Grüne, dass es immerhin im Frühjahr 2018 klappt.
„Ich will niemandem das Autofahren verbieten“, hatte Günther zu
Jahresbeginn in einem Interview gesagt – und auch damit enttäuscht. Denn
warum eigentlich nicht? Warum ist es weiter Ausdruck von Freiheit, die
Umwelt via Auspuff mit Schadstoffen verschmutzen zu dürfen, wenn es
Alternativen gibt? Warum nicht als Senatorin zumindest ein
(Schuld-)Bewusstsein dafür wecken, dass jede Pkw-Fahrt, die sich auch per
Bus oder Fahrrad erledigen ließe, eine zu viel ist?
Es ist also eine doppelte Enttäuschung: darüber, dass Günther in ihren
Ansagen Autofahrern gegenüber nicht härter war; und darüber, dass bei
wenigen klaren Ansagen nichts folgte. Bislang jedenfalls.
4 Dec 2017
## AUTOREN
Stefan Alberti
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