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# taz.de -- Leihfahrräder in München: Hauptstadt der stehenden Drahtesel
> Ein Unternehmen aus Singapur überschwemmt München mit sehr einfachen
> Leihrädern – die zumindest bisher kaum jemand zu brauchen scheint.
Bild: Stehen nur herum: die Leihräder des Anbieters oBike in München
München taz | „Ich hab noch keinen Einzigen damit fahren sehen“, sagt
Herbert Danner. Der Münchner Grünen-Stadtrat meint die gelb-grauen
Fahrräder, die derzeit das Stadtbild der bayerischen Landeshauptstadt
beherrschen. Zuständig für die Räder ist oBike, eine Firma aus Singapur.
Innerhalb von nur einem Monat hat sie die Straßen damit geflutet.
Derzeitiger Stand: 7.000 Stück. Die aktuellen Nutzerzahlen erfüllen die
Erwartungen aber nicht, gibt Marco Piu, General Manager der Firma, zu.
Piu hat seinen Job erst vor einer Woche angetreten. Sonst hätte er bei der
Einführung einiges anders gemacht. Sagt er. Über die vielen Beschwerden
wundert er sich nicht. „Man muss bedenken: Wir haben ja überhaupt kein
Marketing gemacht. Und August ist auch nicht gerade der beste Monat, da
viele Münchnerinnen und Münchner im Urlaub sind.“ Immerhin: Über 20.000
Smartphone-Besitzer hätten sich schon die Ausleih-App heruntergeladen. Wie
viele sich angemeldet und 79 Euro Kaution gezahlt haben – das will Piu aber
nicht verraten.
Was die Leute besonders stört, ist die schiere Menge der Räder – auf
Gehwegen, Grünstreifen, an Kreuzungen, im Englischen Garten. Oft sind es
ein, zwei Dutzend Räder, die einem den Weg versperren. Auch Stadtrat Danner
hat dafür kein Verständnis. „Im Grundsatz ist das eine feine Sache, wenn
das Radl-Teilen um sich greift. Aber nicht so.“
Leihräder aus Fernost sind derzeit durchaus im Trend. Mobike, Gobee.bike,
oBike, Ohbike – es ist schwer, den Überblick über die verschieden Anbieter
zu behalten, die in den Metropolen auf die Straße drängen. Seit einigen
Monaten greifen sie die Platzhirsche an – im Münchner Fall sind das die
Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und Call a Bike, ein Angebot der Bahn.
Dabei wird meist auf Quantität statt Qualität gesetzt. Die oBikes haben
noch nicht einmal eine Gangschaltung. „Die Schaltung ist der
wartungsintensivste Bestandteil eines Fahrrads“, heißt es auf der
[1][Internetseite des Unternehmens]. MVG und Call a Bike bieten mehr
Komfort.
Die Skepsis der Münchner jedenfalls ist groß. Auch in London und Zürich
stieß das Unternehmen zunächst auf Ablehnung. In Zürich habe sich die
Situation beruhigt, sagt Piu. „Es ist ganz normal, dass bestimmte neue
Modelle erst mal überraschen.“ Und für München verspricht er: mehr
Transparenz, mehr Kommunikation, bessere Zusammenarbeit mit der
Stadtverwaltung.
Es gibt aber auch noch einen anderen Verdacht, dem sich Firmen wie oBike
ständig ausgesetzt sehen: dass es ihnen gar nicht um Mieteinnahmen, sondern
um Kundendaten geht. „Das ist ja mittlerweile bei ganz vielen solcher
Start-ups so“, sagt auch Herbert Danner. Piu weist den Vorwurf von sich.
„Daten werden von uns nicht weitergegeben“, beteuert er. Die Einnahmen der
Firma stammten ausschließlich aus der Fahrradmiete.
Wenn sie denn gemietet werden. Spielt vielleicht auch der Wunsch eine
Rolle, Risikokapital anzuziehen? Wer die Kapitalgeber von oBike seien,
könne er nicht verraten, sagt Piu. Er spricht nur von einer Gruppe von
Investoren, die in das Geschäftsmodell große Hoffnungen setze.
12 Sep 2017
## LINKS
[1] https://www.o.bike/help.html
## AUTOREN
Dominik Baur
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