| # taz.de -- Kommentar Einstellung der Seenotrettung: Libyen hat perfekt gepokert | |
| > 20 Milliarden Euro will der libysche General Chalifa Haftar dafür haben, | |
| > dass er die Migranten aufhält. Dafür wird er dann auch die NGOs | |
| > vertreiben. | |
| Bild: Flüchtlinge 15 Meilen vor der libyschen Küste warten auf Rettung | |
| Wie tief das, was vom libyschen Staat übrig ist, im Schlepperbusiness | |
| steckt, ist bis heute ungeklärt. Klar aber ist, wer das Geschäft mit dem | |
| Ende der Schlepperei machen will: 20 Milliarden Euro – diese Summe | |
| verlangte der mächtige libysche General Chalifa Haftar am Wochenende von | |
| der EU dafür, die Migranten aufzuhalten. | |
| Die letzten Monate dürften den Libyern im Poker mit der EU ein perfektes | |
| Blatt beschert haben: Je länger Italien unter den Ankünften ächzte und je | |
| länger die EU nicht imstande war, das Land zu entlasten, desto mehr war für | |
| Libyen drin. Jetzt versucht es, den Preis für seine Dienstleistung in | |
| astronomische Höhen zu schrauben. Und diese Dienstleistung sieht so aus, | |
| dass die libysche Küstenwache die Seenotrettungs-NGOs mit Waffengewalt | |
| vertreibt. | |
| Noch sind nur Warnschüsse gefallen, aber die begleitenden Drohungen aus | |
| Tripolis sind so massiv, dass drei der Seenotrettungs-NGOs ihre Arbeit | |
| vorerst eingestellt haben. | |
| Es handelt sich um ebenjene Küstenwache, der die EU seit Monaten mit viel | |
| Getöse Menschenrechts-Crashkurse und eine „Ausbildung“ im Schnelldurchlauf | |
| verpasst haben will. Sie patrouilliert mit Booten aus Europa. Betrieben | |
| wird sie von einer undurchsichtigen, unkalkulierbaren Staatsruine (einem | |
| failed state), die von der EU über 100 Millionen Euro für die | |
| Grenzsicherung bekommt – und noch viel mehr fordert. | |
| Italien, aber auch Deutschland und andere europäische Staaten haben bei der | |
| Vorbereitung geholfen. Jetzt weist Libyen ein eigenes Seegebiet aus, in dem | |
| es für die Rettungseinsätze verantwortlich sein will. Dagegen wäre im | |
| Prinzip nichts zu sagen, es wäre maritime Normalität. Ganz und gar unnormal | |
| aber ist, dass die Libyer jedem, der in diese Rettungszone kommt, um zu | |
| helfen, Gewalt androhen. | |
| Auf genau diese brachiale Strategie dürfte die EU gesetzt haben, um die | |
| Mittelmeerroute zu blockieren. Dem italienischen Innenminister mit seinem | |
| Verhaltenskodex mochten einige der Rettungs-NGOs noch die Stirn bieten – | |
| bei der libyschen Küstenwache traut sich das keiner mehr. | |
| Denn die ist keiner Öffentlichkeit rechenschaftspflichtig. Und so kann sie | |
| ungehindert das tun, was der EU bislang schwerfiel: Retter vertreiben und | |
| Flüchtlinge in Lagern halten. | |
| 14 Aug 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Jakob | |
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