# taz.de -- Seenotrettung im Mittelmeer gestoppt: Libyen schüchtert NGOs ein | |
> Die libysche Küstenwache droht auch Seenotrettern, die in internationalen | |
> Gewässern arbeiten. Nun haben zwei Organisationen ihre Einsätze vorerst | |
> eingestellt. | |
Bild: Bleibt vorerst im Hafen: das Schiff von „Ärzte ohne Grenzen“ | |
REGENSBURG epd/epd/dpa | Mehrere Hilfsorganisationen stellen nach Drohungen | |
von libyschen Behörden ihre Seenoteinsätze im Mittelmeer teilweise ein. | |
„Ärzte ohne Grenzen“ und „Sea Eye“ gaben beide bekannt, ihre | |
Rettungsfahrten zu unterbrechen. Die zentrale Seenotrettungsleitstelle in | |
Rom (MRCC) habe die NGOs vor Sicherheitsrisiken gewarnt, weil die libysche | |
Küstenwache auch gegen Schiffe in internationalen Gewässern vorgehen will. | |
„Das macht es für uns unkalkulierbar“, sagte sagte „Sea Eye“-Gründer | |
Michael Buschheuer am Sonntag. Libysche Sicherheitskräfte hätten auch schon | |
auf Hilfsschiffe geschossen. Die Rettungsaktionen unter diesen Umständen | |
fortzusetzen, „können wir auch gegenüber unseren Crews nicht mehr | |
verantworten.“ | |
Wenn sich die Ankündigungen bestätige, könne dies zwei gravierende Folgen | |
haben, hieß es in einer Mitteilung von „Ärzte ohne Grenzen“: „Es wird m… | |
Tote im Mittelmeer geben und mehr Menschen, die in Libyen gefangen sind.“ | |
Die jüngst beschlossene italienische Marine-Operation zur Unterstützung der | |
libyschen Küstenwache sei ein weiteres „besorgniserregendes Element in | |
einem zunehmend feindseligen Umfeld für lebensrettende Einsätze“. | |
„Sea Eye“ werde nun die Lage vor der libyschen Küste analysieren und das | |
weitere Vorgehen beraten, sagte Buschheuer. Eines der beiden Schiffe von | |
Sea-Eye befinde sich derzeit zum Auftanken in Tunesien, das andere bleibe | |
nun in Malta vor Anker. | |
„Ärzte ohne Grenzen“ war bislang mit dem Schiff im Einsatz auf dem | |
Mittelmeer. Ein Team der Organisation soll weiterhin an Bord des | |
Rettungsschiffs „Aquarius“ von „SOS Méditerranée“ zur medizinischen | |
Versorgung von Geretteten bleiben. | |
## Viele NGOs unterschreiben Kodex | |
Die meisten Hilfsorganisationen, die im Mittelmeer Migranten retten, haben | |
unterdessen den umstrittenen und [1][womöglich völkerrechtswidrigen | |
Verhaltenskodex] der italienischen Regierung nun doch unterschrieben. Die | |
internationale Organisation hatte einen Anhang zum Verhaltenskodex zur | |
Voraussetzung für ihre Zustimmung gemacht. Diesen billigte das | |
Innenministerium. | |
„Ärzte ohne Grenzen“ sowie die deutschen „Sea Watch“ und „Jugend Ret… | |
weigerten sich bislang. Noch ist nicht klar, welche Konsequenzen das für | |
die Missionen der NGOs haben wird. | |
In dem Anhang wird klargestellt, dass Gerettete weiterhin von einem Schiff | |
auf ein anderes übergeben werden können, solange die zentrale | |
Seenotrettungsleitstelle das anweist. Viele Hilfsorganisationen hatten den | |
Verhaltenskodex kritisiert, weil er so gelesen werden konnte, dass die | |
Transfers zwischen den Schiffen künftig untersagt sind und Polizisten mit | |
Waffen an Bord kommen dürfen. Über den Verhaltenskodex war wochenlang | |
gestritten worden. Die Hilfsorganisationen fühlten sich kriminalisiert. | |
13 Aug 2017 | |
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