| # taz.de -- Nach dem G20-Gipfel in Hamburg: Die Konfrontation geht weiter | |
| > Die Kritik am Polizeieinsatz gibt es auch unter Polizisten. Politiker | |
| > fordern härteres Vorgehen gegen gewaltbereite Linksextreme – zur Not mit | |
| > Fußfesseln. | |
| Bild: Polizisten setzen Pfefferspray bei einer Demo gegen G20-Gipfel ein | |
| Berlin taz | Der Polizeieinsatz während des G20-Gipfels in Hamburg bleibt | |
| eine Woche nach Beendigung umstritten. Kritik am Einsatz und der zugrunde | |
| liegenden Strategie kam nun auch aus den Reihen der Polizei und von | |
| Mitgliedern des Republikanischen Anwältevereins. | |
| Der Berliner Polizeibeamte Oliver von Dobrowolski, der während des | |
| G20-Gipfels als Konfliktmanager eingesetzt war, kritisierte die Strategie | |
| des Hamburger Einsatzleiters Hartmut Dudde auf seinem Blog. „Es wurde wohl | |
| eine Einsatztaktik verfolgt, die im Vergleich zu anderen vergleichbaren | |
| Lagen (z. B. in Berlin) seit Jahrzehnten als überholt gilt. (…) Hier wurde | |
| die ausgestreckte Hand zur Faust geballt“, schreibt von Dobrowolski auf | |
| [1][vionville.blogspot.de]. | |
| Schon vor Gipfelbeginn und Eintreffen der meisten Protestler und | |
| polizeilichen Unterstützungskräfte habe die Hamburger Polizeiführung Fakten | |
| geschaffen und einen konfrontativen Kurs eingeschlagen, schreibt der | |
| Polizist, der auch Mitglied der Grünen ist. „Statt gezielter Kommunikation | |
| und Deeskalation hat man die Spirale eher in die andere Richtung gedreht.“ | |
| Dies habe es den Konfliktmanagern ungemein erschwert, auf Augenhöhe zu | |
| kommunizieren. | |
| Von Dobrowolski widerspricht dem Ersten Hamburger Bürgermeister, Olaf | |
| Scholz (SPD), der am Freitag im Interview mit dem NDR behauptete, | |
| Polizeigewalt habe es nicht gegeben. „Nun, nicht schwierig dürfte die | |
| Feststellung sein, dass es Polizeigewalt definitiv gab. Sorry, Olaf | |
| Scholz“, entgegnet der bloggende Polizist. | |
| Der Hamburger Linken-Politiker Jan van Aken hatte am Samstag im | |
| [2][Interview mit der taz-Hamburg] Scholz’ Aussage als „Lüge“ bezeichnet. | |
| Der Republikanische Anwälteverein, der zu den G20-Protesten einen | |
| Anwaltlichen Notdienst eingerichtet hatte, wirft der Hamburger Justiz und | |
| Polizei vor, die Rechte von in Gewahrsam genommenen Menschen systematisch | |
| verletzt zu haben. Einzelne Mandanten hätten sich zur Durchsuchung nackt | |
| ausziehen müssen, ihnen sei stundenlang medizinische Behandlung oder | |
| Nahrung verweigert worden und sie seien erst 40 Stunden nach ihrer | |
| Festnahme einem Richter vorgeführt worden, bilanziert der Notdienst auf | |
| seiner [3][Webseite]. „Mehrere Mandantinnen berichteten, dass ihnen keine | |
| Hygieneartikel zur Verfügung gestellt wurden (…). Bei einer jungen Frau | |
| wurde die Verweigerung mit dem Kommentar begleitet ‚Demonstrantinnen | |
| bekommen nicht ihre Tage‘.“ Die Anwälte fordern von der Politik eine | |
| umfassende Aufklärung der Vorgänge. Wie die Hamburger Innenbehörde am | |
| Freitag bekannt gab, laufen 35 Ermittlungsverfahren gegen Beamte. | |
| ## Fußfesseln als Lösung | |
| Auch die Debatte um den Umgang mit linker Gewalt und der extremen Linken | |
| köchelt weiter. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) | |
| wertete gegenüber der Welt einen Teil der Angriffe auf die Polizei bei den | |
| Krawallen im Schanzenviertel als Mordversuch. Bundesinnenminister Thomas de | |
| Maizière (CDU) schlug erweiterte Meldeauflagen für gewaltbereite | |
| Linksextreme vor. „Wir sollten ihnen auferlegen, sich in bestimmten | |
| zeitlichen Abständen bei der Polizei zu melden, oder ihnen notfalls | |
| Fußfesseln anlegen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. | |
| Der Präsident des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, warnte vor einem | |
| Erstarken der linksextremen Szene. „Wir haben in Deutschland eine sehr | |
| starke linksextremistische Szene mit rund 28.000 Personen, davon 8.500 | |
| gewaltorientierte Extremisten, deren Zahl wächst“, sagte Maaßen der Neuen | |
| Osnabrücker Zeitung. Mehrere Politiker erneuerten die Forderung, den | |
| Hamburger Szenetreff „Rote Flora“ zu schließen. | |
| Die Zahl der bei den Krawallen verletzten Polizisten war von den Behörden | |
| mit 476 angegeben worden. Recherchen des Internetdienstes [4][BuzzFeed | |
| News] zufolge wurden während der sogenannten heißen Einsatzphase vom 6. bis | |
| 9. Juli allerdings tatsächlich 231 Verletzungen von Polizisten gemeldet. | |
| (mit Agenturen) | |
| 16 Jul 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://vionville.blogspot.de/2017/07/G20-Polizistensicht.html | |
| [2] /Linken-Politiker-van-Aken-ueber-Olaf-Scholz/!5426741 | |
| [3] http://www.rav.de/start/ | |
| [4] https://www.buzzfeed.com/marcusengert/bei-g20-protesten-weniger-polizisten-… | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Lehmann | |
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