Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Datenschutz während G20-Gipfel: Hostel-Gäste unter Verdacht
> Während des G20-Gipfels haben Polizeibeamte verschiedene Hostels zur
> Herausgabe von Personendaten gedrängt. Eine rechtlich fragwürdige Aktion.
Bild: Ohne konkrete Verdachtsmomente müssen Hoteliers keine Gästedaten heraus…
Hamburg taz | Am Samstag, 8.7., saß Ralf Gauger gegen Mittag am Tresen
seines Backpackers St. Pauli Hostel in der Bernstorffstraße als zwei
Polizisten hereintraten. „Geben Sie uns die Daten von allen italienischen
Gästen, forderten sie in sehr bestimmtem Tonfall“, erinnert sich der
Betreiber des Hostels, dessen 59 Betten an diesem Tag ausgebucht waren.
Gauger hakte nach: „Was heißt denn Italiener?“ Drauf entgegnen die beiden
Beamten nur: „Sie wissen doch, was hier los war. Wir brauchen die Daten
jetzt sofort.“ Gauger fragte nach auf welcher gesetzlichen Grundlage die
Beamten die Datenherausgabe verlangten und wie das mit dem Datenschutz
vereinbar sei.
Doch eine Antwort blieben die beiden LKA-Beamten schuldig. Daraufhin
forderte Gauger die Beamten auf zu warten, bis er sich davon überzeugt
habe, dass er zur Herausgabe der Daten verpflichtet sei. Damit hatten die
Beamten anscheinend nicht gerechnet, forderten ihn auf seinen Ausweis
vorzuzeigen und drängten erneut zur Eile. Gauger rief daraufhin mehrere
Anwälte an. Erfolglos, denn zum einen war es Wochenende, zu anderem zog die
Demonstration „Solidarität gegen G20“ gerade durch die Straßen, wo auch
viele Anwälte im Einsatz waren. Also versuchte er die Beamten zu
vertrösten.
Davon waren die beiden Ordnungshüter alles andere als begeistert. Mit dem
Verweis auf hunderte von Hotels, die kooperativ gewesen seien, forderten
sie den 50-Jährigen erneut zur Herausgabe der Daten auf. „Erst als ich sie
das dritte Mal um ihre Daten bat, um mich nach der Beratung mit dem Anwalt
zurückzumelden zu können, erhielt ich ausgesprochen widerwillig eine
Visitenkarte. Darauf stand die Nummer der Dienststelle.“
## Auch bei anderen Hostels wurden Daten verlangt
Ähnlich verlief die Visite im „Instant Sleep“ in der Max-Brauer-Allee, so
Mitinhaber Philipp Schäfer. Dort hat er die LKA-Beamten in Empfang genommen
und auf deren Nachfrage angegeben keinen Gast aus Italien zu beherbergen.
„Ich bin zwar zur Herausgabe des Meldescheins verpflichtet, nicht aber zur
Herausgabe der Daten aus dem System. Das habe ich verweigert“, so Schäfer,
der sich rechtzeitig schlau gemacht hat. Auch in der „Superbude“ in der
Stresemannstraße kamen die Beamten vorbei. Auch dort wurden keine Daten
herausgegeben.
Aus rechtlicher Perspektive wirft das Auftreten der Polizei allerdings
einige Fragezeichen auf, denn gegenüber Gauger haben die Beamten ganz
allgemein die Herausgabe von Daten italienischer Gäste verlangt. Ohne zu
erklären, weshalb. Das ist jedoch, laut Strafverteidiger Alexander Kienzle,
Voraussetzung. Die Datenerhebung ohne konkrete Verdachtsmomente im Kontext
einer Ermittlung sei schlicht nicht in Ordnung, erklärt der Anwalt.
Weshalb die Beamten so agierten, dazu könne man zum aktuellen Zeitpunkt
noch nichts sagen, weil der Fall bisher nicht verifiziert worden sei, teilt
die Pressestelle der Polizei mit. Richtig sei allerdings, dass die Beamten
begründen hätten müssen, weshalb sie die Daten wollten, heißt es weiter.
Warum ausschließlich nach Italienern gefragt wurde, kann nicht beantwortet
werden. Das habe mit ermittlungstaktischen Dingen zu tun, vermutet der
Polizeisprecher.
19 Jul 2017
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Schwerpunkt G20 in Hamburg
G20-Gipfel
Hamburg
Datenschutzgrundverordnung
Datenschutz
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Rote Flora
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Schwerpunkt G20 in Hamburg
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Schwerpunkt G20 in Hamburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gipfel-Gefangene in Hamburg: Knast nach dem Protest
35 Menschen sitzen wegen der G20-Proteste in U-Haft. Was ihnen vorgeworfen
wird, woher sie kommen und warum einigen eine harte Strafe droht.
G20 und Gewalt von allen Seiten: Wie es sich anfühlt
Eine Woche nach dem Gipfel sind die materiellen Schäden weitgehend behoben.
Nicht so die ideellen und emotionalen Schäden.
Die Rote Flora und die Hamburger Grünen: Nichts sagen ist auch eine Aussage
Während die SPD über eine Räumung der Roten Flora diskutiert, sind die
Grünen abgetaucht. Auch sie fordern eine Distanzierung von Gewalt.
Aufklärung der G20-Gewalt in Hamburg: Aus Steinewerfern wird Liebespaar
Vor dem Innenausschuss haben Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und
Polizeiführung ihr Vorgehen bei G20-Gipfel verteidigt.
Nach den Krawallen beim G20-Gipfel: SPD droht Flora & Friends
Die SPD zieht nicht nur in Erwägung, die Rote Flora zu räumen. Auch
KünstlerInnen droht sie mit Geldentzug – weil sie zur Flora stehen.
Realitycheck zu G20-Polizeigewalt: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben“
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz leugnet Fälle von Polizeigewalt beim
G20-Gipfel. Die taz und Betroffene können Anderes bezeugen.
Nach dem G20-Gipfel in Hamburg: Die Konfrontation geht weiter
Die Kritik am Polizeieinsatz gibt es auch unter Polizisten. Politiker
fordern härteres Vorgehen gegen gewaltbereite Linksextreme – zur Not mit
Fußfesseln.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.