# taz.de -- Aufklärung der G20-Gewalt in Hamburg: Aus Steinewerfern wird Liebe… | |
> Vor dem Innenausschuss haben Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und | |
> Polizeiführung ihr Vorgehen bei G20-Gipfel verteidigt. | |
Bild: „Extreme Herausforderung“: Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg. | |
HAMBURG taz | In Hamburg hat die parlamentarische Aufarbeitung der | |
G20-Ereignisse begonnen. In einer Sondersitzung des Innenausschusses haben | |
sich die Verantwortlichen für den Polizeieinsatz vor den | |
Parlamentarier*innen geäußert. Innensenator Andy Grote (SPD), | |
Polizeipräsident Ralf Meyer, Kriminaldirektor Jan Hieber und der | |
[1][G20-Einsatzleiter Hartmut Dudde] erklärten sich zum Sicherheitskonzept, | |
der Polizeitaktik und den Protesten. Alle vier lobten den Einsatz der | |
Polizist*innen: Die Verantwortung für Chaos und Gewalt läge bei den | |
G20-Protestierenden. | |
Während der Protesttage war es neben brennenden Barrikaden und | |
Sachbeschädigung von erheblichem Ausmaß auch zu gewalttätigen Szenen | |
gekommen, in denen Polizist*innen auf Demo-Sanitäter*innen, | |
Journalist*innen und Demonstrant*innen losgegangen waren. Obwohl zahlreiche | |
Videos und Fotos die Szenen belegen, hatte Bürgermeister Olaf Scholz | |
gesagt: [2][„Polizeigewalt hat es nicht gegeben], das ist eine | |
Denunziation, die ich entschieden zurückweise.“ | |
Auch Grote schloss sich vor dem Innenausschuss dieser Deutung an. | |
„Polizeigewalt unterstellt strukturelles, rechtswidriges, gewalttätiges | |
Eingreifen der Polizei“, sagte der Senator. Um die Einschränkungen für die | |
BewohnerInnen der Stadt gering zu halten, habe man sich auf drei Maßnahmen | |
beschränkt: die Einrichtung der Sicherheitszonen um die Tagungsorte, die | |
Demoverbotszone in der Innenstadt für die Transferkorridore der | |
Staatsgäste, und darauf, keine zentralen Übernachtungscamps zuzulassen. | |
Grote bilanzierte: „Im Nachhinein kann man keinen vernünftig begründeten | |
Zweifel an der Notwendigkeit dieser drei Maßnahmen artikulieren.“ Den | |
Polizeieinsatz bezeichnete er als eine „extreme Herausforderung für alle | |
Polizeikräfte, die ganz weit überwiegend herausragend bewältigt“ worden | |
sei. | |
Kriminaldirektor Hieber erklärte, die Polizei sei von den Vorgehensweisen | |
„Krimineller aus dem linksradikalen Spektrum“ überrascht gewesen. So hätte | |
die Polizei zwar damit gerechnet, dass insbesondere autonome Gruppen aus | |
dem Ausland auch „lebensgefährliche Verletzungen von Polizeibeamten in Kauf | |
nehmen“ würden, nicht aber damit, dass es zu Aktionen kommen werde, die | |
„eine vorsätzliche Tötung“ von Sicherheitskräften zum Ziel hätten. | |
Beispiele für solch ein Vorgehen nannte Hieber nicht. | |
## Gewalttäter oder bunt-gekleidetes Partyvolk? | |
Verwirrt hat die Polizei offenbar auch die durchaus bekannte Taktik | |
Protestierender, sich unterwegs umzuziehen. An vielen zentralen Punkten | |
haben man Kleiderreservoirs gefunden. „In Sekundenschnelle“ hätten sich | |
schwarz gekleidete Gewalttäter in bunt angezogenes Partyvolk verwandelt. | |
Aus maskierten Steinewerfern seien binnen kürzester Zeit modisch gekleidete | |
Liebespaare am Wegesrand geworden, die für die Polizei nicht mehr zu | |
identifizieren waren. „Der schwarze Block war plötzlich nicht mehr | |
schwarz“, fasste der Kriminaldirektor die Identifizierungsprobleme der | |
Einsatzkräfte zusammen. | |
Die Sitzung des Innenausschuss war nur der Anfang einer vermutlich langen | |
Aufarbeitung der Ereignisse. Ein Sonderausschuss soll seine Arbeit | |
voraussichtlich am 31. August aufnehmen. Der Opposition geht das nicht weit | |
genug: Die Linkspartei fordert die Einrichtung eines Parlamentarischen | |
Untersuchungssauschusses (PUA), der mehr Befugnisse und einen | |
weitergehenden Aufklärungsauftrag hätte. Die CDU behält sich vor, sich der | |
Forderung anzuschließen. | |
## Untersuchungsausschuss hätte mehr Rechte | |
Im Unterschied zu den regulären parlamentarischen Ausschüssen wie dem | |
Innenausschuss kann im PUA auch eine Ausschuss-Minderheit Beweisanträge | |
stellen. Das heißt, sie kann erwirken, dass Akten vorgelegt und Zeugen | |
vorgeladen werden. Im G20-Sonderausschuss hingegen kann nur eine Mehrheit | |
so etwas bewirken – und die hat die Regierungskoalition. | |
Der Bundestagsabgeordnete Jan van Aken von der Linken warf der Hamburger | |
Regierung vor, sie habe offenbar viel zu verbergen, anderenfalls könnte sie | |
ja der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zustimmen. Bei dem | |
Sonderausschuss sei die von Scholz vorgegebene Marschrichtung klar: „Findet | |
bloß nichts raus!“ | |
19 Jul 2017 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
Marco Carini | |
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