# taz.de -- Bundestag beschließt Ehe für alle: 393 Ja-Worte | |
> Fraktionsübergreifend verabschiedet der Bundestag das Gesetz zur Öffnung | |
> der Ehe. Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmt dagegen. | |
Bild: Jubel nicht nur bei den Grünen | |
Berlin taz | Die Ehe für alle kommt. Der Bundestag entschied am | |
Freitagmorgen, die Institution Ehe auch für Personen gleichen Geschlechts | |
zu öffnen. In der namentlichen Abstimmung stimmten 393 Abgeordnete dafür, | |
eine mehr als deutliche Mehrheit. | |
Konfetti regneten herab, als das Ergebnis verkündet wurde. Volker Beck, | |
Grüner und Vorkämpfer der Ehe für alle, hatte die Abstimmung zuvor schon | |
als historischen Moment bezeichnet. „Die Phase der Toleranz ist beendet, | |
die Epoche der Akzeptanz kann beginnen“, sagte Beck. Seine Fraktion | |
gratulierte ihm mit Standing Ovations. | |
„Liebe Kollegen von der SPD, ich habe Sie selten so gelöst erlebt“, | |
frohlockte der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch. „Das hätten Sie | |
auch vier Jahre lang haben können“, sagte Bartsch auf die rein rechnerische | |
rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag anspielend. | |
Tatsächlich war es die erste Abstimmung dieser Legislaturperiode, bei der | |
die SPD gegen den Koalitionspartner Union gestimmt hatte, was per | |
Koalitionsvertrag ausgeschlossen ist. Dem faktischen Koalitionsbruch hatte | |
Kanzlerin Angela Merkel am Montag mit ihrem Auftritt in einer Talkrunde | |
Vorschub geleistet, wo sie erklärte, sie wolle die Abstimmung über die Ehe | |
für [1][alle zur Gewissensentscheidung machen]. Die SPD hatte die Gunst der | |
Stunde genutzt und einen schon fertigen rheinland-pfälzischen Gesetzentwurf | |
aus dem Bundesrat blitzschnell aus der Schublade gezogen. Daneben lagen | |
noch quasi gleichlautende Gesetzentwürfe der Linken und der Grünen vor. Im | |
Rechtsausschuss war sie sich am Mittwoch mit der Opposition einig geworden. | |
## Danke Merkel | |
Doch selbst in den Reihen der SPD waren nicht alle in reiner Feierlaune. | |
„Dass wir heute darüber entscheiden, ist vielleicht nicht gut für die | |
Koalition, aber gut für die Menschen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende | |
Thomas Oppermann zu Beginn der Debatte. Sein Kollege, Johannes Kahrs, | |
eigentlich bekennender Anhänger der Großen Koalition, griff gar die | |
Bundeskanzlerin mit bitteren Worten an: Sie habe sich am Montag einfach | |
verstolpert, nachdem sie seit 2005 nichts gegen die Diskriminierung von | |
Lesben und Schwulen getan habe. „Das war erbärmlich, Frau Merkel. Vielen | |
Dank für Nichts.“ | |
Noch schärfer attackierte nur die Ex-Unions- und nunmehr fraktionslose | |
Abgeordnete Erika Steinbach die Kanzlerin von rechts. Die Ehe für alle sei | |
eine Sturzgeburt, der Auftritt der Kanzlerin an Peinlichkeit nicht zu | |
überbieten gewesen, sagte Steinbach, die nicht mehr für den Bundestag | |
kandidiert. Merkel wandte sich betont gelöst und lächelnd zu ihrer | |
Regierungsmannschaft um. | |
Dem von Linken und Grünen unterstützten SPD-Antrag hatten sich auch einige | |
Unionsabgeordnete angeschlossen. Einer von ihnen, der CDU-Abgeordnete | |
Jan-Marco Luczak, outete sich schon in der Debatte: „Gerade weil ich | |
Christdemokrat bin, bin ich für die Ehe für alle“, sagte Luczack. Denn die | |
Ehe stünde für Verlässlichkeit und Beständigkeit, also konservative Werte. | |
An seine Fraktion gewandt sagte er: „Gebt euch einen Ruck und stimmt zu. | |
Das ist ein wichtiges Zeichen für moderne, tolerante, wertkonservative | |
Politik.“ Beifall erhielt er aus der eigenen Fraktion kaum, | |
CDU-Generalsekretär Peter Tauber klopfte ihm am Ende der Debatte auf die | |
Schultern. | |
## Die Gewissensfrage | |
Zuvor hatte der Fraktionsvorsitzende der Union, Volker Kauder, erklärt die | |
Ehe für alle gerade wegen seines Gewissens nicht zu unterstützen. Er habe | |
aber Respekt für beide Seiten. | |
Einen Seitenhieb auf den SPD-Justizminister Heiko Maas konnte er sich aber | |
nicht nehmen lassen: die Erklärung des Justizministeriums, die Ehe für alle | |
sei verfassungskonform, widerspreche einem früheren Gutachten. „Vorsicht | |
Herr Minister, es darf nicht Eindruck entstehen, dass unter politischer | |
Opportunität geurteilt worden ist“, warnte Kauder. | |
Sie freue sich über das Ergebnis, bekannte Angela Marquardt, | |
SPD-Fraktionsmitarbeiterin und Strippenzieherin für die rot-rot-grüne | |
Denkfabrik. „393 Stimmen für rot-rot-grün. Das wird es wohl so schnell | |
nicht wieder geben.“ | |
30 Jun 2017 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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