# taz.de -- Abstimmung im Bundestag am Freitag: Auf zur Blitz-Hochzeit | |
> Nach jahrelangem Gezerre um die Ehe für alle geht es jetzt ganz schnell. | |
> Schon am Freitag soll das Parlament entscheiden. Ein Affront gegen die | |
> Union. | |
Bild: Willst du mich Freitag heiraten? | |
BERLIN dpa | Der Bundestag wird noch in dieser Woche über die Ehe für alle | |
entscheiden – [1][gegen den Willen der Unions-Spitze]. SPD, Linke und Grüne | |
setzten am Mittwoch im Rechtsausschuss des Bundestages mit knapper Mehrheit | |
durch, dass das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung des Parlaments kommt | |
– an diesem Freitag. Ein solches rot-rot-grünes Votum gegen die Stimmen der | |
Union ist ein bemerkenswerter Vorgang und bedeutet eine [2][offene | |
Konfrontation] zwischen den Koalitionspartnern. | |
Die Spitzen der Unions-Fraktion hatten sich gegen eine Abstimmung vor der | |
Bundestagswahl ausgesprochen. Im Bundestag gilt eine Mehrheit für die Ehe | |
für alle als sicher. | |
Dem Parlament liegen bereits seit längerem drei Gesetzentwürfe für die | |
uneingeschränkte Homo-Ehe vor – von Linken, Grünen und vom Bundesrat. Über | |
den Antrag der Länderkammer soll nun abgestimmt werden. Die große Koalition | |
ist in der Frage gespalten und hat bislang eine Abstimmung dazu verhindert, | |
indem sie das Thema im Rechtsausschuss 30 Mal vertagte. | |
Die jahrelange Debatte gewann plötzlich enorm an Tempo, nachdem Kanzlerin | |
Angela Merkel am Montag überraschend vom klaren Nein der CDU in dieser | |
Frage abgerückt war und öffentlich von einer Gewissensentscheidung | |
gesprochen hatte. Die SPD nahm das zum Anlass, eine schnelle | |
Parlamentsabstimmung durchzusetzen und die Union damit drei Monate vor der | |
Bundestagswahl in die Enge zu treiben. | |
SPD, Linke und Grüne votierten im Rechtsausschuss geschlossen dafür, das | |
Thema kurzfristig auf die Tagesordnung des Parlaments zu hieven. | |
Abgeordnete der drei Fraktionen äußerten sich zufrieden. Der | |
SPD-Rechtspolitiker Johannes Fechner sagte: „Es darf in Deutschland keine | |
Liebe erster und zweiter Klasse geben.“ Die Union stimmte im Ausschuss | |
gegen das Vorhaben. | |
Die Unions-Spitze hatte sich gegen eine Abstimmung vor der Bundestagswahl | |
gesperrt – und wirft der SPD wegen ihres Vorstoßes „Vertrauensbruch“ vor. | |
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte das Vorgehen der | |
Sozialdemokraten „unwürdig“ und beschuldigte sie, das Thema als | |
„Wahlkampfmunition“ zu missbrauchen. Merkel selbst hatte das Vorgehen der | |
SPD in der Unionsfraktion am Dienstag laut Teilnehmerkreisen als | |
„überfallartig“ kritisiert. | |
Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn beklagte ein Eiltempo bei dem | |
Thema. Im ARD-„Morgenmagazin“ kritisierte er, die Sozialdemokraten hielten | |
sich nicht an die ursprüngliche Absprache der Koalition, zu dem Thema keine | |
Beschlüsse zu fassen. Spahn bemängelte jedoch nur das Verfahren. In der | |
Sache ist er dafür und kündigte an, für die Öffnung der Ehe zu stimmen. | |
Andere Unions-Politiker lehnen das Vorhaben dagegen vehement ab und haben | |
bereits ein Nein bei der Abstimmung im Parlament in Aussicht gestellt – | |
unter anderen Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU). | |
## Oppermann fordert namentliche Abstimmung | |
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann kündigte an, bei der anstehenden | |
Entscheidung im Bundestag eine namentliche Abstimmung zu beantragen, um | |
offenzulegen, welche Abgeordeneten hinter der Ehe für alle stehen. | |
Mehrere Abgeordnete aus dem Rechtsausschuss sagten, die Abstimmung werde | |
voraussichtlich am Freitag zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden – als | |
einer der letzten Tagesordnungspunkte vor der parlamentarischen | |
Sommerpause. Die CDU/CSU-Fraktion hat die Entscheidung zur Gewissensfrage | |
erklärt. Damit entfällt der sogenannte Fraktionszwang, der Abgeordnete an | |
eine vorgegebene Linie binden soll. | |
Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), sagte, sie | |
rechne am Freitag mit einer „überwältigenden Mehrheit“. Am 7. Juli soll | |
sich der Bundesrat abschließend damit befassen. Künast sagte, die Regelung | |
könne wohl ein paar Wochen später in Kraft treten. „Ab da kann geheiratet | |
werden“, sagte sie. „Ich rate schon mal allen Standesämtern in der | |
Bundesrepublik, ihr Personal aufzustocken.“ | |
In Deutschland gibt es für schwule und lesbische Paare seit 2001 die | |
Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen. Die ist aber | |
rechtlich nicht mit der Ehe gleichgesetzt. Künast sagte, wer eine | |
eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen sei, könne künftig beim | |
Standesamt beantragen, dass diese in eine Ehe umgewandelt werde. | |
28 Jun 2017 | |
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