# taz.de -- Volksbegehren für Videoüberwachung: Sie wollen zum Film! | |
> Eine Initiative um Ex-Senator Heilmann und Ex-Bürgermeister Buschkowsky | |
> will 2.500 Kameras in Berlin aufstellen. Ob die Berliner mitmachen? | |
Bild: Eine Art große Koalition für Videoüberwachung: Ex-Senator Heilmann (CD… | |
Das Bündnis für mehr Videoüberwachung um den ehemaligen Justizsenator | |
Thomas Heilmann (CDU) möchte mit einem Volksentscheid öffentliche Plätze in | |
Zukunft mehr überwachen. Ein neues Forschungsinstitut soll die Brennpunkte | |
ermitteln und die Polizei beraten. Am Dienstag präsentierte die Initiative, | |
der auch der ehemalige Bezirksbürgermeister von Neukölln Heinz Buschkoswky | |
(SPD) angehört, einen entsprechenden Gesetzesentwurf. Die Bevölkerung soll | |
2019 darüber abstimmen. | |
Das Bündnis möchte zunächst an etwa 50 Kriminalitätsschwerpunkten der Stadt | |
umfangreiche Kameraüberwachung umsetzen. „Bisher gibt es das nur an | |
U-Bahnhöfen und zu manchen Großveranstaltungen“, sagte Heilmann. Das | |
Videomaterial wird bislang 48 Stunden gespeichert. Die Initiative möchte | |
den Zeitraum auf einen Monat erhöhen. Es gehe nicht um flächendeckende | |
Überwachung, sondern um die sogenannten gefährlichen Orte. | |
Wo genau letztlich überwacht werden soll, ist noch unklar. Um das zu | |
ermitteln, sieht der Gesetzesentwurf die Gründung des Berliner Instituts | |
für Kriminalpräventation (BIK) vor, eine neue Forschungseinrichtung des | |
Landes Berlin, die die „gefährlichen Objekte und Orte“ identifizieren soll. | |
„Natürlich können sich die Kriminalitätsschwerpunkte auch verschieben“, | |
sagte Heilmann. Deshalb würde es eine andauernde Evaluation des BIK geben. | |
Dieses soll zunächst ein jährliches Budget von 5 Millionen Euro erhalten, | |
die Polizei für Mehrarbeit zusätzliche Gelder von einer Million Euro. Für | |
Investitionen in die geplanten Kameras und Bauvorhaben sind in den ersten | |
fünf Jahren 50 Millionen Euro vorgesehen. | |
Bedenken des Datenschutzes hat die Initiative nicht. „Wir werden auch in | |
Supermärkten und U-Bahnen schon gefilmt. Ich habe kein Problem damit“, | |
sagte Heinz Buschkowsky. | |
Für die Überwachung sollen zudem spezielle Analyseprogramme genutzt werden. | |
„Die Computer sind schon so weit, dass sie ermitteln können, ob gerade ein | |
Gewaltverbrechen stattfinden“, sagte Heilmann. Nur relevantes Material | |
solle den Beamten in der Polizeizentrale angezeigt werden. Dann könne ein | |
Polizist überprüfen, ob es sich tatsächlich um ein Gewaltverbrechen | |
handelt, und eventuell schon von der Zentrale aus eingreifen. Über | |
ferngesteuertes Licht und direkte Ansprache durch Lautsprecher hofft die | |
Initiative, Gewaltverbrechen verhindern zu können. | |
Widerstand gegen die Pläne kommt aus den Berliner Regierungsparteien: | |
„Berlin braucht vor allem mehr und gut bezahlte Polizistinnen und | |
Polizisten und einen funktionierenden Digitalfunk – denn das bringt | |
wirklich mehr Sicherheit“, sagte der Landesvorsitzende der Grünen, Werner | |
Graf. Das Beispiel London zeige, dass Videoüberwachung kein Allheilmittel | |
sei. Die SPD hatte Heilmann zufolge eine CDU-Initiative schon während der | |
gemeinsamen Regierungszeit verhindert. | |
Der Regierende Bürgermeister, Michael Müller, hatte sich in einem | |
taz-Interview Ende Juni gegen übermäßige Videoüberwachung ausgesprochen und | |
betont: „Wozu soll es gut sein, in Reinickendorf oder Lichtenrade | |
flächendeckend Kameras aufzuhängen? Aber wir müssen die Chance haben, es | |
dort zu tun, wo es nötig ist, und das sind etwa zehn Orte in der Stadt. Und | |
da werden wir es dann auch tun.“ | |
Ab August sollen die ersten 20.000 Unterschriften gesammelt werden (siehe | |
Kasten). Noch ist unklar, ob der Vorschlag des Bündnisses auf Resonanz | |
stößt. | |
11 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Robin Köhler | |
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