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# taz.de -- Ex-UN-Funktionär über Migration: „Afrika gilt als Kontinent der…
> Der Ökonom Carlos Lopes findet, Afrika brauche Wachstum. Aber nicht, um
> Migration zu stoppen. Die Fluchtursachen seien deutlich komplexer.
Bild: Menschen fliehen aus verschiedenen Gründen. Wirtschaftswachstum allein w…
taz: Herr Lopes, in diesen Wochen folgt eine internationale
Afrika-Initiative der nächsten. Freut Sie das?
Carlos Lopes: Als Afrikaner bin ich natürlich glücklich über die
Aufmerksamkeit. Das Problem ist die Perspektive, aus der diese Programme
entworfen werden.
Warum?
Afrika war der in den letzten 15 Jahren am schnellsten wachsende Kontinent.
Zuletzt machten die fallenden Rohstoffpreise ihm zu schaffen. Das spricht
dafür, dass Afrika Partnerschaften eingeht, um wieder auf den Wachstumspfad
zu kommen. Die G 7 und G 20 sind wichtig. Unter ihnen sind die größten
Handelspartner Afrikas. Aber die Bedeutung von Wachstum in Afrika damit zu
begründen, dass die Migration gestoppt werden soll, ist falsch.
Wer tut das denn?
Das Abschlussdokument des letzten G-7-Treffens in Sizilien etwa verknüpft
Fragen der Wirtschaft in Afrika mit Migration und Sicherheit. Beim
G-20-Prozess ist es ähnlich. In den Zeitungen lesen Sie Berichte über die
Entsendung von Grenzpolizisten nach Niger direkt neben solchen über
wohlmeinende Entwicklungspläne. Kein Zufall.
Nutzt die Aufmerksamkeit Afrika trotzdem?
So, wie diese Pläne motiviert sind, wurden sie auch entwickelt: Man brütete
diese Initiativen aus, dann suchte man in Afrika nach Unterstützung für
sie. Es war kein afrikazentrierter Prozess. So werden diese Pläne den
Bedürfnissen Afrikas nicht gerecht.
Mehr Wachstum bedeutet mehr Jobs. Die Leute müssen nicht ihr Land
verlassen, um Arbeit zu finden. Keine gute Idee?
Wirtschaftswachstum und Armut haben nicht direkt mit Migration zu tun. Gibt
es in einer Region keine Jobs, werden Migranten von dort weggehen. Gibt es
Arbeit, bleiben sie dort. Das ist etwas anderes als bloßes Wachstum als
solches. Aus einigen Staaten Afrikas, die am schnellsten wachsen, gehen die
meisten Menschen weg, um anderswo Arbeit zu suchen. Wenn überhaupt, müsste
man Wirtschaftssektoren fördern, die viele Jobs schaffen. Auch bei den
Staaten mit bewaffneten Konflikten ist das Bild uneinheitlich. Nur aus
einigen fliehen viele Menschen.
Woran liegt das?
Die Gründe für Wanderbewegungen sind komplex. Konflikte und Wachstum sind
nur ein Teil davon. Die Gleichung „Mehr Wachstum und Sicherheit gleich
weniger Migranten“ geht so nicht auf. China ist lange am schnellsten
gewachsen. Trotzdem gibt es in westlichen Staaten mehr chinesische
Migranten als afrikanische. Und auch in Asien gibt es Konflikte, die dazu
führen, dass die Menschen weggehen. Viele werden kaum beachtet. Die
Aufmerksamkeit liegt vor allem auf Afrika.
Warum ist das so?
Afrika wird als Kontinent der Armut wahrgenommen und liegt geografisch nah
bei Europa. Von den 1,2 Milliarden Bewohnern Afrikas verlassen jährlich
etwa zwei Millionen den Kontinent. 0,16 Prozent Mobilität – das ist fast
nichts. Davon kommen gut 200.000 über das Mittelmeer nach Europa. Es ist
klar, dass in der EU, in der die Menschen immer älter werden, migrantische
Arbeit stärker nachgefragt werden wird. Die Zuwanderung passt sich dem an.
Wenn keine Arbeitskraft mehr nachgefragt wird, geht sie von alleine zurück.
Nichts ist schlimmer für Migranten, als ohne Geld zurückzukommen. So war es
etwa in Großbritannien. Oder Spanien. Vor der letzten Rezession kamen
Hunderttausende aus Bolivien und Ecuador dorthin. Das Land hat seinerzeit
die Migration aus Westafrika gestoppt, aber die aus Lateinamerika
zugelassen. Das war eine kulturelle Wahl. Es gab keine Angst vor Migranten,
sondern vor Afrikanern.
14 Jun 2017
## AUTOREN
Christian Jakob
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Afrika
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