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# taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Befindlichkeiten eines Weißen
> Alltagsrassismus in der Eliteuni ist Thema in der Serie „Dear White
> People“. Die Figur „Gabe“ steht dabei für den reflektierten weißen Ma…
Bild: Der Cast von „Dear White People“
Bevor Gabe sich erklären kann, wird er unterbrochen. „Warum hast du die
Polizei gerufen? Was zur Hölle dachtest du, würde passieren?“, wollen rund
20 Schwarze Studierende von ihm wissen. An den halbherzigen
Rechtfertigungsversuchen ihres weißen Kommilitonen sind sie nicht
interessiert.
Dabei sieht sich Gabe als einer von den Guten. Er findet Blackfacing und
andere Formen von Rassismus genauso daneben wie die Schwarzen Studierenden.
Als Freizeitrebell hat er sich der guten Sache verschrieben, in seiner
Studienzeit einen Gemeinschaftsgarten gestartet. Gabe reflektiert seine
weißen Privilegien.
Aber als auf einer Uniparty ein Streit zwischen einem Schwarzen und einem
Weißen ausbricht, ruft Gabe die Campuspolizei. Mit verheerenden
Konsequenzen. Der reflektierte Weiße ist am Ende doch Antagonist.
Die Szene stammt aus der US-amerikanischen Serie „Dear White People“, die
seit Ende April auf Netflix zu sehen ist – und schon lange vorher in der
Kritik stand. Viele weiße Nutzer*innen der Streaming-Plattform fühlten sich
durch eine Serie, die Rassismus thematisiert, angegriffen, interpretierten
den Seriennamen als antiweiße Propaganda und drohten scharenweise mit dem
Kündigen ihrer Accounts.
Tatsächlich geht es bei „Dear White People“ gar nicht so sehr um Weiße,
sondern um das Leben Schwarzer Studierender an der fiktiven Elite-Uni
Winchester. Die Serie kritisiert, dass Rassismus auch in
Akademiker*innenkreisen noch salonfähig ist. Ein Skandal an der Hochschule
führt dazu, dass auch die Unileitung den allgegenwärtigen Rassismus nicht
länger ignorieren kann: Hundert weiße Studierende feiern mit schwarz
angemalten Gesichtern und Afroperücken Karneval, machen sich so über die
Lebensrealitäten von Schwarzen Menschen lustig und trampeln auf deren Würde
rum.
Die Serienmacher*innen drehen den Spieß allerdings um, lassen die Schwarzen
Charaktere alle Weißen in einen Topf werfen.
„Er erinnert mich an James Blake, Zac Efron, Ryan Reynolds.“
„Zählst du gerade wahllos weiße Menschen auf?“
## Weiße Figur als Zugeständnis
In diesem Umfeld macht Gabe erstmals die Erfahrung, der einzige Weiße in
einer Gruppe von Schwarzen zu sein. Eine Situation, in der er sich unwohl
fühlt, obwohl er sie selbst gewählt hat. Immer wieder sucht er Schwarze
Schutzräume auf, reagiert dann aber verletzt, wenn seine Anwesenheit
hinterfragt wird.
Trotzdem ist „Dear White People“ eben kein Feldzug gegen Weiße, wie die
Hater befürchtet hatten. In der Serie bleibt keine*r verschont. Es werden
fehlbare Charaktere gezeigt, die alle mal problematisch handeln und sich
lieber gegenseitig durch den Dreck ziehen, als gemeinsam etwas gegen
Rassismus zu tun.
Allerdings kommt die Figur Gabe letztlich so gut weg, dass sie wie ein
Zugeständnis an weiße (männliche) Zerbrechlichkeit wirkt. Die
Serienmacher*innen geben ihm außerordentlich viel Raum für seine
Befindlichkeiten. Es scheint fast, als wollten sie unbedingt ein
versöhnliches Ende mit ihrer weißen Identifikationsfigur herbeiführen – und
vielleicht auch mit den Kritiker*innen.
20 Jun 2017
## AUTOREN
Saida Rößner
## TAGS
Die Couchreporter
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