# taz.de -- Die Couchreporter: Von toten Briefkästen und CIA-Leaks | |
> Super, mit „Berlin Station“ gibt es endlich wieder eine Spionage-Serie | |
> aus Berlin. Nur Frauen kommen darin leider kaum vor. | |
Bild: Berlin, wie es ist: Wer am Potsdamer Platz aussteigt, rennt tatsächlich … | |
Dieset schaue Berlin! Bin wieder so stolz auf die olle dreckige Hauptstadt, | |
von der ich eigentlich gedacht hatte, dass nach Mauerfall und Ende des | |
Kalten Kriegs kaum noch Platz für Spionzeugs ist – klar, [1][die NSA-Affäre | |
hatte mit der deutschen Regierung] und damit rein räumlich auch mit der | |
Stadt zu tun. Aber wer hätte geahnt, dass sich immer noch AgentInnen | |
konspirativ in Cafés treffen? Dass geheime Nachrichten über tote | |
Briefkästen, öffentliche Plätze und Transvestiten weitergegeben werden? | |
Dass ganz Berlin nicht nur ’ne Wolke, sondern vor allem ’ne Cloud ist, in | |
die permanent CIA-Leaks gelangen? | |
„Berlin Station“, zu sehen bei Netflix, malt unser piefiges Städtchen als | |
sympathisch-unordentliches, aber unter der Oberfläche professionell | |
strukturiertes Spionageschachbrett: Der nach einer Tschetschenien-Mission | |
traumatisierte CIA-Agent Daniel Miller (Richard Armitage) wird in seine | |
alte Heimat Berlin versetzt, um den Maulwurf in der dortigen Abteilung des | |
amerikanischen Geheimdienstes aufzuspüren. Sein Vorgesetzter Steven Frost | |
(Richard Jenkins) und Kollege Robert Kirsch (Leland Orser) haben – | |
natürlich – eine eigene Agenda. Und nicht nur die Leaks über die | |
CIA-Leitungsebene, die ungerechterweise immer in der Berliner Zeitung | |
erscheinen (wieso denn bitte nicht in der taz?), machen den Konsorten die | |
Hölle heiß: Nach einer Weile finden Miller, Frost, Kirsch und die kühle | |
Sous-Chefin Valerie Edwards (Michelle Forbes) gemeinsam mit dem BND heraus, | |
dass es auch noch um die Finanzierung von „ISIS-Bräuten“ geht. Dazu kochen | |
„Case Officer“ Hector De Jean (Rhys Ifans) und sein böser Handlanger Julian | |
DeVos (Sabin Tambrea) ihr eigenes bitteres Süppchen. | |
Und wie gut sich das kochen lässt in Berlin! Da wimmelt es nur so von | |
Kellner*innen, die einen Moscow Mule hinstellen, wenn man das Wort noch | |
nicht mal zu Ende gesprochen hat! Von staufreien Straßen, in denen die | |
Beteiligten sich verfolgen können! Von schummerigen | |
Travestie-Kabarett-Kellern – okay, die gibt es wirklich, aber die sind | |
immer voll! | |
## Städtebauliche Continuity | |
Das Schönste ist allerdings, wie sehr sich die Location-Scouts und | |
Stadtkundigen der in Babelsberg produzierten US-Serie, die von der | |
[2][gefeierten „Deutschland 83“]-Autorin Anna Winger beraten wurde, an die | |
städtebauliche Continuity halten: Hier wird nicht vom Kotti zum ICC | |
gesprungen, nein! Wenn hier jemand aus dem U-Bahnhof Potsdamer Platz | |
aussteigt, dann rennt er tatsächlich um den Kollhoff-Tower herum. Es gibt | |
kaum eine schöne Örtlichkeit, die die Scouts nicht mit coolen Spiongadgets | |
belegt haben. Und sogar im Promibrummer „Borchardt’s“ werden Whistleblower | |
gedisst. | |
„Was denkst du, wer der NSA geholfen hat, Merkels Telefon abzuhören?!“, | |
sagt Hector, eine der erstaunlich zahlreichen queer angehauchten Personen | |
im Cast irgendwann. Und dass sich unter dem Personal der Spionsaga so viele | |
homo- und bisexuelle Figuren befinden, ist herrlich – hat aber auch zur | |
Folge, dass wie üblich viel weniger Frauen die Fäden in die Hand bekommen. | |
Neben der weisen Valerie gibt es nur noch unwichtige Verwandte, und die | |
Superbraut Esther Krug (Mina Tander), die ihrem Job als Agentin | |
realistischerweise in Pelzmantel und Megaheels nachgeht. Immerhin: Die | |
Braut haut ins Auge. | |
16 Aug 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Zoff-um-NSA-Aufklaerung/!5421516 | |
[2] /RTL-Serie-Deutschland-83/!5232450 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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