# taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Typisch bayerisch! | |
> Mit „Hindafing“ hat der Bayrische Rundfunk einen Hit gelandet. In der | |
> Hauptrolle: ein von Crystal Meth abhängiger Bürgermeister. | |
Bild: Bürgermeister Zischl (Maximilian Brückner) wie immer mit Bier in der Ha… | |
Ausgerechnet Moritz, der leicht depperte Sohn vom Goldhammer-Sepp, war es, | |
der beobachtet hat, wie [1][die mobile Crystal-Meth-Küche] in die Luft | |
geflogen ist, von der Bürgermeister Zischl sich seinen Stoff hat | |
zusammenrühren lassen. Und weil er den Finger sichergestellt hat, den der | |
Drogenkoch dem Lokalpolitiker bei einer Rauferei abgebissen hat, kann er | |
den nun erpressen. Viel zu holen ist da aber nicht, denn der Zischl ist | |
pleite, nachdem er zu viel privates Geld in einen Windkraftpark investiert | |
hat, der Wohlstand in die Gemeinde Hindafing bringen sollte. | |
Jetzt soll das Kaff, in dem die Autobahn nach München immer ein wenig | |
lauter ist, als es die Singvögel je sein können, mit dem „Donau Village“ | |
reich werden, einem Biosuperdupermarkt, den der Goldhammer- Sepp mit | |
Gammelfleisch aus der Ukraine besonders lukrativ betreiben möchte. Wenn es | |
einen Grund gibt, saufen alle im Ort wie die Löcher. Es wird wild gepieselt | |
und gevögelt. Der Bruder schwängert seine Schwester, deren Vater glaubt, | |
dass das Kind vom Bürgermeister ist, weil da mal was passiert ist nach | |
einem Fest, [2][das wieder mal im Vollsuff versunken ist]. Der Pfarrer ist | |
schwul und kann den 50 Flüchtlingen, die der Landrat gegen Zahlung eines | |
Batzen Geldes der Gemeinde zuschustert, auch nicht recht helfen. | |
Hindafing ist ein Ort, der entstanden ist, nachdem der [3][Bayerische | |
Rundfunk] ein Serienprojekt ausgeschrieben hat. Dass dabei ein derart | |
wuchtiges Werk entstehen konnte, hätten wahrscheinlich die wenigsten | |
gedacht. Und dass die Redaktion einen derart wilden Ritt durch die Gedanken | |
und Handlungen von Wahnsinnigen, Halbdeppen und Arschlöchern passieren hat | |
lassen, darf getrost als Wunder bezeichnet werden. | |
## Alles ohne Lederhose | |
Jetzt gibt es die Serie bei Netflix und reiht sich ein in all den harten | |
Serienstoff aus traurigen Käffern im Mittleren Westen der USA. Und was sich | |
die Drehbuchautoren Niklas Hoffmann, Boris Kunz und Rafael Parente | |
ausgedacht haben, macht sich gut in dieser Nachbarschaft. „Geht doch!“, | |
möchte man dem BR zurufen, der seine Zuschauerinnen wochentäglich mit der | |
unechten, unbayerischen und ganz und gar uninspirierten täglichen | |
Dorfschmonzette „Dahoam is dahoam“ quält. | |
Wie echt ist dieser Ort Hindafing dagegen, in dem es niemanden, aber auch | |
wirklich niemanden zu geben scheint, der halbwegs anständig durchs Leben | |
kommt. Da ist keine Lederhose zu sehen, der Himmel ist immer grau, das | |
Rathaus eine Sichtbetonhölle aus den 70er Jahren. Und wenn es die Männer | |
mal schön haben wollen, dann setzen sie sich mit einer Angel an einen | |
rechteckigen Baggersee und schauen gen Horizont, wo sie die Leitplanke der | |
Autobahn sehen. | |
Die kleine Serie (sechs Folgen) zeichnet große Bilder, die dem doch sehr | |
nahekommen, wie Bayern eben auch ist: mit Orten, deren Herz das | |
Gewerbegebiet ist, mit viel zu großen Ortsumfahrungen und mit ebenjenen | |
hässlichen Verwaltungsbauten, wo es sich Amigos bequem machen und sich | |
schon mal eine Geburtstagsfeier von einem kommunalen Betrieb bezahlen | |
lassen. Einen Ort, so wahnsinnig wie Hindafing, wird es wohl nicht geben in | |
Bayern. Aber ein bisschen Hindafing wird man wohl überall finden. So | |
schlimm, so hässlich, so bayerisch. | |
20 Sep 2017 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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