| # taz.de -- Bürgerbegehren veganes Kantinenessen: Ran an die Buletten? | |
| > Tierrechtsaktivisten wollen täglich ein veganes Menü in den Kantinen | |
| > Friedrichshain-Kreuzbergs. Braucht es das wirklich? | |
| Bild: Noch Fleisch oder schon vegan? | |
| Ja: | |
| Wer vor zehn Jahren auf einer Party erzählte, er sei Vegetarier, wurde | |
| irritiert gefragt, wie man das Leben ganz ohne Fleisch aushalten könne. | |
| Heute kommt meist die Gegenfrage, warum man nicht vegan lebe – das würden | |
| inzwischen ja so viele machen. | |
| Tatsächlich ist sowohl das Angebot veganer Lebensmittel als auch die | |
| Akzeptanz dieser Lebensweise dramatisch gestiegen – zumindest in den | |
| urbanen Gegenden Berlins. Trotzdem ist das Ziel des Bürgerbegehrens in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, Kantinen ein zusätzliches völlig tierfreies | |
| Essens vorzuschreiben, absolut sinnvoll. | |
| Denn gerade in jenen Etablissements, in denen ein sonores „Mahlzeit!“ oder | |
| ein lässiges „Was gibt’s heut, Alter?“ zum kulturellen Konsens gehört, | |
| beschränkt sich veganes Essen meist noch immer auf Pommes. Das ist weder | |
| gesund noch zeitgemäß. | |
| Und letztlich ist so ein Zusatzangebot für alle ein Gewinn: Es steigert die | |
| Auswahl; fordert die Köche heraus, ein attraktives Gericht zu kreieren, das | |
| auch gekauft wird; es schafft letztlich erst die Möglichkeit, dass Menschen | |
| mit unterschiedlicher Esskulturen gemeinsam dort dinieren können. | |
| Schließlich leistet es einen Beitrag zur Aufklärung über die ökologischen | |
| Auswirkungen von nichtveganem Essen, die in der Herstellung oft sehr viel | |
| ressourcenintensiver sind. | |
| Wenn das alles so logisch ist, warum braucht es einen Zwang? Das ist wie | |
| bei der Frauenquote: Irgendwie finden ja auch alle, dass Frauen nett sind | |
| und genauso gut arbeiten wie Männer und nicht benachteiligt werden sollten. | |
| Trotzdem … Sie wissen schon! Manchmal braucht der Fortschritt etwas | |
| Nachdruck. Bert Schulz | |
| Nein: | |
| Es ist gut, wenn Menschen sich Gedanken darüber machen, wie man die Welt | |
| besser machen könnte, und das Thema Ernährung drängt sich da auf: Fleisch | |
| essen ist ein brutaler Akt, wenn man weiß, wie die Fleischindustrie den | |
| Rohstoff Tier hält. | |
| Die Milchkühe haben es nicht besser. Fleisch essen ist auch schlecht fürs | |
| Klima (wobei das Sojaschnitzel auch keine gute Ökobilanz hat). Eine gute | |
| Sache also, das Bürgerbegehren für ein tägliches veganes Kantinenessen in | |
| Friedrichshain-Kreuzberg? | |
| Nein, ist es nicht. Warum? Weil das Missionarische daran stört. Umso mehr, | |
| als dass es so subtil daherkommt. Denn selbstverständlich soll das | |
| Fleischessen ja nicht abgeschafft werden – die Gemüseboulette gibt’s als | |
| Angebot on top. Nicht so subtil kommt das Bürgerbegehren für die | |
| Kantinenköche daher. | |
| Jeden Tag ein veganes Essen kochen, das erstens gut schmeckt und zweitens | |
| ernährungstechnisch sinnvoll ist – da muss man schon ungefähr wissen, wie. | |
| Bringt das den Caterern jemand bei? Wer schon mal versucht hat, einen | |
| veganen Schokoladenkuchen in lecker zu backen, sodass die Kinder ihn auch | |
| essen, weiß, das ist nicht so leicht. | |
| Und die Kinder – die Schulmensen betrifft das Bürgerbegehren vor allem – | |
| werden das vegane Essen schätzen müssen. Ansonsten produzieren die Caterer | |
| das Sojaschnitzel nämlich für die Tonne. Rund 300.000 Euro kostet das | |
| vegane Essen den Landeshaushalt pro Jahr. Also uns alle. Am überzeugendsten | |
| wirbt eine Idee – in diesem Fall der Veganismus – aber immer dann für sich, | |
| wenn sie einem völlig freistellt, ob man sie mittragen will. Nein, keine | |
| gute Sache, das Veggie-Bürgerbegehren. Anna Klöpper | |
| 28 Mar 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
| Anna Klöpper | |
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