# taz.de -- Fleischkonsum vs. Veganismus: Selbst schlachten? Nein, danke | |
> Ein veganer Koch geht auf Konfrontationskurs. Das ist vielleicht | |
> öffentlichkeitswirksam, trägt aber nicht zu einer sinnvollen Diskussion | |
> bei. | |
Bild: Steht bei dem veganen Koch nicht auf dem Speiseplan: Schwein | |
Es ist zum Haareraufen. Die vegane Szene – Achtung, Wortwitz – zerfleischt | |
sich mal wieder selbst. Statt zu zeigen, warum es gut ist, vegan zu leben, | |
geht ein Veganer auf Konfrontationskurs. Ein umstrittener, wohl aber | |
öffentlichkeitswirksamer veganer Koch macht Schlagzeilen. Und alle rollen | |
mit den Augen. | |
Es begann mit einem Verriss seines Restaurants [1][im Berliner | |
Tagesspiegel]. So schlimm liest der sich gar nicht, wenn man ihn mit einer | |
ironischen Distanz betrachtet. Dem Koch gefiel der „dreckige Kackartikel“ | |
aber nicht so ganz. Er lud weitere Journalist*innen in seinen Imbiss ein, | |
sich von der Qualität seines Essens zu überzeugen. Wenn ihnen sein | |
Hamburger nicht besser schmecke als einer mit Fleisch, werde er selbst ein | |
Steak essen. | |
So weit, so klischeehaft. Einer Fleischesserin schmeckt veganes Essen nicht | |
so richtig, einem Veganer missfällt die Kritik. Der Koch behauptet, seine | |
fleischlosen Alternativen schmeckten besser als „echtes“ Fleisch. Die | |
anwesenden Journalist*innen finden das aber nicht. Sie bevorzugen weiterhin | |
mehrheitlich Fleisch. Isst er nun ein Steak? | |
Weit gefehlt. Er setzt sogar noch einen drauf. Ganz Entertainer präsentiert | |
der Koch eine Ziege und ein Kalb und fordert die Journalist*innen auf, | |
eines der Tiere zu töten. Erst dann werde er das Fleisch essen. Und was | |
machen die fleischessenden Journalist*innen? Nichts. | |
Kaum ein*e Fleischesser*in denkt gern darüber nach, woher das Fleisch auf | |
dem Teller kommt. Dass sich aber in dieser Situation niemand traut, den | |
Veganer auch nur ein wenig aus der Reserve zu locken, ist schade. Wie hätte | |
er reagiert, wenn sich tatsächlich jemand bereit erklärt hätte, eines der | |
Tiere zu schlachten? Wäre eine Diskussion an der Stelle nicht angebrachter | |
als betretenes Schweigen? | |
## Verhärtete Fronten | |
Letztlich verhärtet das Verhalten aller Protagonist*innen dieser Geschichte | |
nur die Fronten. Veganer*innen werden im Allgemeinen als anstrengend | |
wahrgenommen. Sie wollen immer so viel diskutieren, sind belehrend und | |
sowieso die ultimativen linksgrünversifften Gutmenschen. Aktionen wie die | |
des veganen Kochs tragen nicht zu einer Imageverbesserung bei. Als | |
„Normalveganer“ traut man sich kaum noch, sich zu „outen“. Zu groß ist… | |
Angst, belächelt oder gar belehrt zu werden. | |
Dabei gibt es durchaus auch Veganer*innen, die gar keine Lust haben, sich | |
über ihre Lebensweise zu streiten. Sie würden sich vielleicht freuen, wenn | |
Fleischesser*innen etwas seltener zu Tierprodukten greifen. Aber | |
letztendlich treffen sie für sich selbst eine bewusste Entscheidung und | |
wollen diese einfach nur nicht immer rechtfertigen müssen. | |
Was jetzt bei einigen wahrscheinlich wieder hängen bleibt: Ach, | |
Veganer*innen. Immer so dramatisch! Als hätten die keine anderen Probleme. | |
Eine sinnvolle Diskussion kommt auf diese Weise jedenfalls nicht zustande. | |
26 Oct 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/essen-trinken/berliner-imbisse-im-te… | |
## AUTOREN | |
Belinda Grasnick | |
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