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# taz.de -- Woche der Innovationspolitik in Berlin: Die sozialen Innovationen f…
> Die deutsche Forschung bringt zwar wirtschaftliche Erfolge und trägt zur
> Wohlstandssicherung bei, vernachlässigt aber die planetare Verantwortung.
Bild: Energieversorgung, nachhaltige Landwirtschaft, gesunde Lebensmittel, biol…
Berlin taz | Die Biologisierung der Wirtschaft zeichnet sich als das
nächste große Projekt der Innovationspolitik ab, wenn die derzeit
ablaufende „Digitalisierung“ einigermaßen geschultert ist. Und: Die
steuerliche Forschungsförderung kommt nach einem Jahrzehnt des Wartens nun
doch in der nächsten Legislaturperiode. Zwei Themen aus mehreren Events,
die sich im Berliner Regierungsviertel zu einer „Woche der
Innovationspolitik“ verdichteten.
So hatten der [1][Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft], die
[2][Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI)] und die
Nationalakademie [3][Leopoldina] zu ihrem jährlichen „Forschungsgipfel“
geladen, auf dem eigentlich Bundeskanzlerin Angela Merkel wegweisende
Wissenschafts-Worte sprechen sollte. Die beehrte aber lieber tags darauf
den Innovationskongress der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, um dort für mehr
„Mut zur Zukunft“ zu plädieren.
Zuvor hatte das Bundeskabinett unter ihrem Vorsitz den Regierungsbericht
zur „Hightech-Strategie“ beschlossen, den zentralen Aktionsplan zur
Innovationspolitik, während zeitgleich die Abgeordneten im Bundestag
Experten zur „Internationalisierung von Bildung, Wissenschaft und
Forschung“ anhörten.
Zu guter Letzt lud Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) zur vierten
„Zukunftsnacht“, einem Bürgerforum über die digitale Arbeitswelt von
morgen. In der letzten Arbeitswoche vor der Osterpause lief das politische
Berlin zu innovativen Höchstform auf.
In dieser Ballung wurde auch die Schlagseitigkeit der deutschen Forschungs-
und Innovationspolitik gut erkennbar: Sie ist voll ausgerichtet auf
wirtschaftliche Wertschöpfung und Wohlstandswahrung. Die großen
gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen, die sich in Zeiten
des Klimawandels und Anthropozäns immer drängender stellen, stehen
allenfalls als Randpunkte auf der Forschungsagenda.
## Strategische Leitlinie
Die seit 2006 verfolgte Hightechstrategie mit ihren sechs Zukunftsfeldern
hat nach Worten von Forschungsministerin Wanka dazu geführt, dass heute
Deutschland mit seinem Ein-Prozent-Anteil an der Weltbevölkerung zu den
wirtschaftsstärksten Nationen der Welt zähle. Die Steigerung der FuE-Quote
– dem Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am
Brutto-Inlandsprodukt von derzeit 3 auf 3,5 Prozent im Jahr 2025 sei die
strategische Leitlinie. Von öffentlicher Seite bedeute dies einen Aufwuchs
von 3,7 Milliarden Euro jährlich, was zu 60 Prozent von ihrem Ressort zu
schultern sei.
Wanka kündigte an, in Erweiterung bisheriger Ansätze der Biotechnologie und
Bioökonomie ein Konzept zur „Biologisierung“ von Forschung und Innovation
erstellen: „In meinem Hause ist dazu eine Blaupause in Arbeit“. Neue
gentechnische Verfahren wie das „Genome Editing“ sollen dabei unter anderem
in der Pflanzenzüchtung eine Rolle spielen.
Keine disruptiven Ideen indes lieferten die beiden Innovationskonvents von
Wissenschaft und Politik dazu, wie die „Technikangst“ in Deutschland zu
mehr Zukunftsoptimismus und Risikobereitschaft gedreht werden kann . „Damit
Deutschland erfolgreicher Innovationsstandort bleibt, braucht es mehr Mut“,
verlangte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag,
Michael Fuchs. Bundeskanzlerin Merkel machte in ihrer sachkundigen und noch
vom Cebit-Besuch geprägten Ansprache deutlich, dass es bei den Appellen zum
individuellen Mentalitätswandel auch auf staatliche Infrastrukturleistungen
ankomme.
## Bei der Umsetzung zu langsam
Der schleppende Breitbandausbau, die elektronische Gesundheitskarte und die
digitale Signatur führte die Regierungschefin als Beispiele an, wo
Deutschland in der Umsetzung noch zu langsam sei. Der Ausbau des 5G-Netzes
für die fünfte Generation des Internet sei zentrale Voraussetzung für große
Innovationsprojekte wie Industrie 4.0, automatisiertes Fahren oder neue
digitale Geschäftsmodelle. Dies müsse aber gleich im europäischen Maßstab
erfolgen, sagte Merkel an dem Tag, an dem Großbritannien bei der EU seinen
Austritt anmeldete.
Die Notwendigkeit von „sozialen Innovationen“ wurde stärker auf dem
Forschungsgipfel der Wissenschaftler thematisiert. Jutta Allmendinger vom
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) verwies darauf, dass
die sozialen Medien einerseits immer größere Verbreitung finden,
andererseits die Marktplätze in den Städten zu „segregierten Orten“ werden
und als Stätten gesellschaftlicher Begegnung verloren gehen.
Wie Forschung und Innovation aus Deutschland zu den ganz großen Aufgaben
planetarer Verantwortung – Projekt Weltrettung – beitragen kann, das war
aber auch hier kein Thema. Wie die Weltmeere gesäubert, die Tropenwälder
erhalten und die Dekarbonisierung der Wirtschaft vorangebracht werden
können, das sind allenfalls Nischenthemen auf der Innovationsagenda. Im
Jahre 2030 wird man wohl sagen: Zu kurz gesprungen.
31 Mar 2017
## LINKS
[1] https://www.stifterverband.org/
[2] http://www.e-fi.de/
[3] https://www.leopoldina.org/de/leopoldina-home/
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
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