Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Frühe Bildung: Wahlgeschenk für Eltern
> Die SPD in Niedersachsen verspricht kostenlose Kita-Plätze, falls sie
> 2018 erneut die Regierung stellt. Eltern von Krippenkindern müssten
> weiter zahlen
Bild: Kitas kostenlos verspricht die Niedersachsen-SPD – wenn sie wiedergewä…
HAMBURG taz | In Niedersachsen naht der Landtagswahlkampf und die SPD macht
schon jetzt ein großes Wahlversprechen: Bei ihrer Jahresauftaktklausur in
Celle beschloss die Partei, die Einführung kostenloser Kita-Plätze in den
Mittelpunkt ihrer Wahlkampagne zu stellen. „Wir wollen schrittweise die
Elternbeiträge für Kinder ab drei Jahren in Kindertagesstätten im ganzen
Land abschaffen“, sagt der Landesvorsitzende Stephan Weil.
Bei der letzten Wahl im Januar 2013 stand Abschaffung der Studiengebühren
im Fokus der Sozialdemokraten. Ab dem Wintersemester 2014/15 war dieses
Erbe der CDU-Regierung beseitigt, der Hochschulbesuch wieder kostenfrei.
„Diesmal sind die kostenfreien Kitas unser einziges Wahlversprechen, das
wir ohne Finanzierungsvorbehalt einlösen werden“, sagt SPD-Generalsekretär
Detlef Tanke.
Die Kita-Finanzierung im Flächenstaat ist kompliziert. Zuständig sind die
Kommunen, schätzungsweise 20 Prozent der Kosten werden vom Land und 30
Prozent von den Eltern getragen. Niedersachsen hat die Beitragsfreiheit
bereits erfolgreich erprobt. Denn das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung
ist schon länger gratis. Das Land überweist einen Pauschalbetrag pro Kind
von rund 120 Euro im Monat an die Kommunen. Dafür dürfen die Verwaltungen
für diese Altersgruppe keine Gebühren erheben. Das kostet das Land rund 100
Millionen Euro.
Nach dieser „Blaupause“ würde wohl auch die Kostenfreiheit für die Drei-
bis Fünfjährigen eingeführt, sagt Tanke. Man rechne mit zusätzlichen 200
Millionen Euro pro Jahr. Einen Zeitplan gebe es noch nicht, „aber wir
schieben das sicher nicht auf die lange Bank“.
Keinen direkten Nutzen hätten Eltern der unter dreijährigen Krippenkinder.
Das Land, argumentiert Detlef Tanke, habe sich bei den Krippen schon jetzt
stärker engagiert. So zahle es die Hälfte der Personalkosten. Und von dem
Landesprogramm für eine zusätzliche „dritten Kraft“ in Krippengruppen mit
15 Kindern wolle das Land ab 2020 sogar 100 Prozent der Personalkosten
tragen.
Gebührenfreie Kitas sind auch in den Nachbarländern Thema:
Schleswig-Holstein geht gerade den umgekehrten Weg und subventioniert ab
Januar 2017 nur Elternbeiträge von Krippenkindern mit monatlich 100 Euro.
Hamburg hat seit zwei Jahren kostenfreie Kitas für alle Altersgruppen,
allerdings nur im Zeitumfang von täglich fünf Stunden. Doch auch dieses
Wahlgeschenk war sehr umstritten, hat Hamburg doch schlechte
Betreuungsschlüssel.
Langfristig sei Gebührenfreiheit ein gutes Ziel, sagt denn auch Anette
Stein, Expertin für frühkindliche Bildung bei der Bertelsmann-Stiftung.
„Kurzfristig brauchen wir aber eine Qualitätsverbesserung, damit die Kinder
vom Kita-Besuch profitieren.“ Die Aussage, dass jeder in Kitas investierte
Euro sich für die Gesellschaft vierfach rentiere, sei zwar richtig, „aber
wir legen Wert drauf, dass dieser Effekt nur eintritt, wenn wir über gute
Qualität reden“. Und das bedinge einen guten Personalschlüssel und hohe
Kompetenz der Fachkräfte.
Auch gehen in Niedersachsen schon knapp 95 Prozent der Drei- bis
Sechsjährigen in die Kita. Der Effekt, zusätzliche Kinder ins System zu
holen, wäre „minimal“, sagt Stein. Bei der Betreuung hingegen liege das
Land mit einem Schlüssel von einen Erzieher auf 8,4 Kinder deutlich über
dem [1][empfohlenen Richtwert] von 1:7,5.
Eine neue Studie der Stiftung sagt aber auch, dass 57 Prozent der Eltern
Niedersachsens die Kita-Beiträge als zu hoch einschätzten. 15 Prozent
fühlten sich durch die Gebühren gar „stark eingeschränkt“. Nötig wären…
Stein „bundesweit einheitliche Kriterien und eine soziale Staffelung für
Gebühren“.
„Wir haben uns ganz bewusst für die Gebührenfreiheit entschieden“, sagt
hingegen SPD-Mann Tanke. Die SPD wolle den Druck von jungen Eltern nehmen.
Die Kritik an der Qualität sei „so alt wie es Kitas gibt“.
12 Jan 2017
## LINKS
[1] http://www.laendermonitor.de/uebersicht-grafiken/indikator-9c-personalschlu…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
SPD Niedersachsen
Wahlkampf
SPD
Stephan Weil
Frühkindliche Bildung
Kita-Gebühren
Bremen
Niedersachsen
Kita-Ausbau
Gratis-Kita
Gebühren
Nach Geburt
Arbeitsmarkt
Bremer Sozialbehörde
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kostenlose Kitas im Norden: Gesetz für Besserverdiener
Kostenlose Bildung von Krippe bis Uni – wie gerecht ist das eigentlich? Ein
Blick auf den Norden zur bestehenden und geplanten Gebührenfreiheit und
Alternativen.
Beitragsfreie Kitas in Bremen: Bremen geht mit Niedersachsen
Bremen will die Kita-Gebühren abschaffen, Krippenplätze sollen jedoch
weiterhin kosten. Manche Einrichtungen würden das Geld lieber in Fachkräfte
investieren.
Bildung in Niedersachsen: Kinder als Wahlkampfschlager
Ein seltsamer Wettlauf: SPD und Grüne peilen 2019, die CDU das Jahr 2018
an. Ausgerechnet die wirtschaftsnahe FDP will noch schneller sein.
Qualität im Kindergarten: Die Kita-Raumfrage
Das „Hamburger Raumkonzept“ schafft die Gruppenräume ab und ersetzt sie
durch Funktionsbereiche. In der Kita „Springmäuse“ kann man sehen, wie das
funktioniert.
Debatte um Kinderaufbewahrung: Hauptsache betreut?
In Bremen fehlen Hunderte von Kitaplätzen, aber auch anderswo ist die
Betreuung alles andere als gut. Behörden und Eltern nehmen das in Kauf,
denn: Die Kinder müssen weg
Neue Abgabe für Grundstückseigentümer: Selbst harken und dafür zahlen
Die Hamburger Umweltbehörde arbeitet an einer neuen
Straßenreinigungsgebühr. Die Bürgerpflicht, den Gehweg zu reinigen, bleibt
trotzdem bestehen.
Kolumne Nach Geburt: Süchtig nach Gebrauchtwerden
Müttern wird oft unterstellt, sie könnten nicht loslassen. Sie wollten
lieber allein die Kinder hüten. Aber warum können die Männer das so
einfach?
Arbeitskräftemangel in Deutschland: Weiblich, Mutter, gerne älter
Firmen suchen händeringend nach Azubis und Fachkräften. So ergeben sich
neue Chancen für Mütter, Geflüchtete und Studienabbrecher.
Verfehlte Kita-Planung in Bremen: Kopfüber ins Kita-Chaos
640 Kinder in Bremen haben aktuell keinen Betreuungsplatz. Jetzt sollen
Container aufgebaut und Gruppen vergrößert werden. Warum eigentlich?
Pädagogin über Ausgrenzung in Kitas: „Es ist wichtig, nicht einzuknicken“
In Kitas kommen Kinder unterschiedlichster Herkunft zusammen. Immer wieder
erleben schon Kleinkinder dabei auch Diskriminierung und Ausgrenzung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.