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# taz.de -- ECOWAS-Beamter über EU und Migration: „Man kriminalisiert Migrat…
> Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft bleibt bei Verhandlungen
> zwischen EU und regionalen Staaten zur Migrationskontrolle außen vor,
> beklagt Sanoh N’Fally.
Bild: Agadez in Niger ist eine Drehscheibe westafrikanischer Migrationsbewegung…
taz: Westafrika ist sehr weit fortgeschritten, was Freizügigkeit angeht.
Seit 1979 gibt das entsprechende Protokoll der ECOWAS (Westafrikanische
Wirtschaftsgemeinschaft), seit 2000 gibt es den ECOWAS-Pass, der
Personalausweis ist auf dem Weg, nun geht es um die gemeinsame
Visa-Politik, das ECO-Visum und die Währungseinheit. Wie beeinflusst die
europäische Flüchtlings- und Migrationskrise Ihre Arbeit?
Sanoh N’Fally: Die Region ist von der europäischen Migrationskrise auch
etwas betroffen, weil sich auch einige afrikanische Flüchtlinge aufmachen,
aber die Hauptgruppe kommt ja aus anderen Regionen. Es ist grauenhaft, dass
junge Menschen im Mittelmeer ertrinken, nur, weil sie sich eine bessere
Zukunft wünschen und im Ausland ihr Glück versuchen. Wir müssen alles
daransetzen, sie in ihren Ländern zu behalten. Wir müssen alles
daransetzen, für die Jugend bezahlte Beschäftigung zu schaffen.
Mein Eindruck ist, dass Sie hier in den Kommissionen für Migration, Umwelt
und Landwirtschaft eine progressive Politik entwickeln, während
gleichzeitig ein paar Straßen weiter die Kommission Frieden und Sicherheit
durch die Hintertür die Grenzen schließt. Von der Öffentlichkeit unbeachtet
werden die Grenzen hochgerüstet.
Wir können versuchen, die irreguläre Migration zu bekämpfen und das
Grenzmanagement zu verbessern. Aber es ist doch nicht nötig, Migration zu
kriminalisieren und junge Menschen zu bekämpfen, die Grenzen passieren. Das
ist keine Lösung. Eine gute Lösung ist Entwicklung im Herkunftsland. Die EU
und die anderen Geber müssen ihre Aktivitäten mehr auf diesen Bereich
ausrichten. Und wir haben die Verantwortung, das sicherzustellen.
Finden Sie damit Gehör? Das Grenzmanagement wird zu großen Teilen von den
Gebern finanziert.
Meiner Meinung nach müsste der Großteil des Geldes in die wirtschaftliche
Entwicklung gehen. Dieses Grenzmanagement ist nicht die beste Lösung. Denn
die jungen Menschen haben unzählige Möglichkeiten, die Grenzen zu
passieren. Wenn an einer Stelle die Grenzen überwacht werden, finden sie an
anderer Stelle eine andere Möglichkeit. Es wird nur gefährlicher und sie
sterben. Das ist das Drama. Die einzige wirkliche Lösung heißt
Beschäftigung.
Verrät ECOWAS also die Interessen ihrer Bürger, wenn sie das Geld für die
Hochrüstung der Grenzen akzeptiert? Drohnen, die Rapid Intervention Force,
Überwachungstechnologie?
Die Grenzüberwachung ist keine Lösung. Wir haben hier die Tradition der
Freizügigkeit in der Region. Man darf dieses Geld nicht akzeptieren. Die
Kommission Frieden und Sicherheit soll Terroristen bekämpfen, ja! Aber
Grenzen verstärken, um junge Menschen von der Migration abzuhalten, ist
keine vernünftige Lösung. Wir müssen Druck auf die Kommission Frieden und
Sicherheit ausüben, damit sie sich auf den Kampf gegen die Terroristen
konzentrieren und nicht auf die Verstärkung der Grenzen, um junge Migranten
zu bekämpfen.
Menschenrechtsaktivisten sind sehr besorgt wegen der Rücknahme-Abkommen und
der Rückschiebungen. Das Abkommen zwischen der EU und Nigeria ist in
Vorbereitung, das mit Mali fertig. Welche Position nehmen Sie ein?
Ich unterstütze diese Art von Abkommen überhaupt nicht. Das passiert
unabhängig von der ECOWAS. Wir hier auf der regionalen Ebene wissen ja gar
nicht, was da im Geheimen verhandelt wird.
Das passiert hinter Ihrem Rücken?
Ja, wir werden nicht über diese Rücknahme-Abkommen und
Abschiebungsverhandlungen informiert. Eine Empfehlung des EU-Afrika-Gipfels
von Valletta vor einem Jahr war, dass Polizisten aus unserer Region nach
Europa geschickt werden, damit sie die Migranten identifizieren, um sie
zurückzuschicken. Diese Art von Aktivitäten unterstütze ich ganz und gar
nicht. Da sagt ein Migrant, er sei aus Niger, aber das stimmt nicht. Wie
soll denn der nigrische Polizist ihn identifizieren? Sobald die Migranten
unsere regionale Grenze überschritten haben, zerstören sie ihre Dokumente.
Wenn man sie nach ihrer Herkunft fragt, sagen sie Burkina Faso und nicht
Niger. Das ist schwierig. Sie sehen, das ist keine Lösung. Man versucht,
Migration zu kriminalisieren.
Was kann man nun tun?
Wir müssen die jungen Menschen, die Bevölkerungen über die Gefahren
illegaler Migration aufklären. Und die Grenzbeamten bezüglich unserer
eigenen, regionalen Migration schulen, wie sie dazu beitragen können, die
Mobilität in unserer Region auszubauen. Damit kann man Migrationsbewegungen
steuern. Wenn wir die Mobilität in der Region erhöhen und die Jugend
unterstützen, hier ihr Business aufzubauen, Handel erleichtern und
Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, können wir zur Lösung der Krise
beitragen. Deswegen arbeiten wir auch mit Hochdruck an dem
ECOWAS-Personalausweis und dem intra-regionalen Datenaustausch, um
Sicherheit in der grenzüberschreitenden Migration zu gewährleisten.
12 Dec 2016
## AUTOREN
Andrea Stäritz
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