# taz.de -- Staatengipfel der Afrikanischen Union: Keine neue starke Frau für … | |
> Drei Frauen konkurrieren um die Nachfolge der scheidenden | |
> Kommissionschefin – alle fallen durch. Derweil will Marokko zurück in die | |
> AU. | |
Bild: Muss bis Januar 2017 weitermachen: Nkosazana Dlamini-Zuma | |
Berlin taz | Keine internationale Organisation zelebriert Uneinigkeit so | |
schön wie die Afrikanische Union (AU). Der der Einheit Afrikas | |
verpflichtete Staatenbund hat es auf seinem 27. regulären Gipfeltreffen in | |
Ruandas Hauptstadt Kigali am Montag nicht geschafft, eine Nachfolgerin für | |
die scheidende AU-Kommissionschefin Nkosazana Dlamini-Zuma zu bestimmen. | |
Die seit Juli 2012 amtierende Südafrikanerin muss nun bis zum nächsten | |
Gipfel im Januar 2017 im Amt bleiben. | |
Es kandidierten Speciosa Kazibwe, Exvizepräsidentin von Uganda, Agapito Mba | |
Mokuy, Außenministerin von Äquatorialguinea, und Pelonomi Venson-Moitoi, | |
Außenministerin von Botswana. Kazibwe erhielt von den 53 AU-Mitgliedern 11 | |
Stimmen, Mba 12 und Venson-Moitoi 16. Nötig zur Wahl wäre eine | |
Zweidrittelmehrheit gewesen. Die Versammlungsleitung beschloss, die | |
Kandidatenlisten neu zu öffnen und beim nächsten Gipfel neu abzustimmen. | |
Es verrät die Geringschätzung afrikanischer Regierungen für die AU, dass | |
keine von ihnen jemanden für den mächtigsten AU-Posten abstellen mag, der | |
im eigenen Land etwas zu sagen oder jenseits der Landesgrenzen bekannt ist. | |
Dlamini-Zuma hatte bei ihrer Wahl 2012 als Außenministerin Südafrikas | |
zumindest Standing vorweisen können. Selbst sie war aber im Januar 2012 | |
zunächst durchgefallen, bevor sie es im Juli 2012 knapp schaffte. | |
Damals hatte der Staatenblock Westafrika die Südafrikanerin abgelehnt – ein | |
Erbe der Krisen um Libyen und die Elfenbeinküste 2011. Heute ist Westafrika | |
wieder außen vor. Im Vorlauf des Gipfels wurde eine Verlängerung der | |
Kandidatenfrist ausgeschlossen. Der 15 Länder umfassende westafrikanische | |
Staatenbund Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) empfahl | |
daraufhin seinen Mitgliedern die Enthaltung. Damit war ein Scheitern der | |
Wahl vorprogrammiert, denn eine Zweidrittelmehrheit war so gut wie | |
ausgeschlossen, egal für wen. | |
Warum es nicht möglich war, diese Misstöne rechtzeitig unter den Teppich zu | |
kehren, um den ersten AU-Gipfel in Ruandas Geschichte zu einem Erfolg | |
werden zu lassen, bleibt das Geheimnis der südafrikanisch geführten | |
AU-Kommission und der tschadischen AU-Präsidentschaft – zwei Länder, denen | |
diplomatische Rückschläge für Ruanda gefallen dürften. | |
## Vom ICC gesucht, beim AU-Gipfel willkommen | |
Völlig in den Hintergrund rückte die ungehinderte Anreise des vom | |
Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gesuchten sudanesischen Präsidenten | |
Omar Hassan al-Bashir – in Südafrika 2015 hatte das noch zu gigantischen | |
Kontroversen geführt. Jeder, den die AU einlade, sei bei einem AU-Gipfel | |
willkommen, erklärte Ruandas Regierung jetzt. Ein AU-Sonderausschuss, der | |
die zukünftige Haltung Afrikas zum ICC berät, hat dem Gipfel offiziell den | |
kollektiven Austritt aller afrikanischen Staaten aus dem Rom-Status des | |
Weltgerichts empfohlen. | |
Mehr Aufmerksamkeit fand die unerwartete Wortmeldung des marokkanischen | |
Königs Mohammed VI., der in einer Botschaft an den Gipfel den | |
Wiedereintritt seines Landes in die AU vorschlug. Marokko hatte die | |
Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), Vorläufer der AU, im Jahr 1984 | |
verlassen. Denn diese hatte zuvor die in Algerien sitzende Exilregierung | |
der Westsahara-Guerilla Polisario, die für die Unabhängigkeit der seit 1975 | |
von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie kämpft, als Mitglied | |
aufgenommen. | |
In den vergangenen Jahren hat Marokko seine ökonomischen und | |
wirtschaftlichen Aktivitäten in Afrika stark ausgebaut, während Algeriens | |
guter Ruf aus den Zeiten des Befreiungskrieges gegen Frankreich verblasst. | |
## Marokkos gute Beziehungen nach Westafrika | |
Marokkos Königshaus ist eng mit den traditionellen islamischen Eliten | |
Westafrikas verbandelt; marokkanische Krankenhäuser sind bei afrikanischen | |
Politikern beliebt. Mohammed VI. hat mehrere ausgedehnte Westafrika-Reisen | |
unternommen und das Engagement marokkanischer Banken und Agrarkonzerne in | |
diesem Teil des Kontinents stark ausgebaut. | |
Der König sagte nun, für Marokko sei die Zeit gekommen, „seinen natürlichen | |
Platz“ wieder einzunehmen, und für die AU der Moment, den „historischen | |
Irrtum“ der Anerkennung eines „Phantomstaates“, den nicht einmal mehr die | |
Mehrheit der AU-Mitgliedsstaaten anerkenne, zu korrigieren. Er erinnerte | |
daran, dass Marokko im November den nächsten Weltklimagipfel ausrichte und | |
dort für Afrika sprechen werde. Sollte der Wiedereintritt Erfolg haben, | |
wird die Wahl des nächsten AU-Kommissionspräsidenten noch schwieriger als | |
heute. | |
19 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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