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# taz.de -- Marokko und die Afrikanische Union: Der Kontinent ist wieder vereint
> Die AU nimmt Marokko wieder auf – obwohl das Land mit der Westsahara ein
> anderes Mitglied besetzt hält. Die Mehrheit fällt deutlich aus.
Bild: Gruppenbild mit Gast: UNO-Vertreter Antonio Guterres (rechts) beim Hände…
Berlin taz | Am Ende war es fast eine Formalie. Als der Staatengipfel der
Afrikanischen Union (AU) am AU-Sitz in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba am
Montag die Wiederaufnahme Marokkos billigte, wartete Marokkos König
Mohammed VI. längst hinter den Kulissen. Schon am Sonntagabend hatte der
König in Addis Abeba zum Gala-Empfang geladen.
Zum Gipfelende am Dienstag stahl der König schließlich allen die Show:
Höchstselbst schwebte der Monarch ins Plenum und hielt eine Rede. Als
danach die scheidende AU-Kommissionspräsidentin Nkosazana Dlamini-Zuma aus
Südafrika, das Marokkos Wiedereintritt in die AU ablehnt, selbst zu
sprechen begann, erhob sich der Marokkaner und verließ den Saal.
1984 war Marokko aus dem AU-Vorgänger OAU (Organisation für Afrikanische
Einheit) ausgetreten, weil diese die Polisario-Exilregierung der Westsahara
als Mitglied aufgenommen hatte. Marokko sieht die ehemalige spanische
Kolonie in Nordwestafrika als eigenes Staatsgebiet und kontrolliert sie
seit dem spanischen Abzug 1975.
Den Antrag auf Wiedereintritt in die AU hatte Marokko 2016 eingereicht –
Krönung von vielen Jahren erfolgreicher Afrika-Diplomatie. Alte
vorkoloniale Bande bis tief nach Westafrika hinein halfen, um
marokkanischen Investoren die Türen zu öffnen. Früher, zu Zeiten des
Ost-West-Konflikts, hatte Marokko zum „Westen“ gezählt, die Polisario und
ihre Schutzmacht Algerien hingegen gemeinsam mit ehemaligen
Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika zum „Osten“ – aber ideologische
Loyalitäten ziehen heute den Kürzeren gegenüber ökonomischen Realitäten.
## Schwergewichte gegen Marokkos Wiederaufnahme
Dass die Schwergewichte Südafrika, Nigeria, Angola, Algerien und Kenia
einen Aufschub beantragten, zeigt zwar, wie mächtig die Front der
Königsgegner noch war. Aber sie scheiterten. 39 von 54 Staaten stimmten für
Marokko als 55. AU-Mitglied. Offiziell war das einfach ein Votum zur
Bestätigung eines „Konsensbeschlusses“.
„Schön ist der Tag, an dem man nach langer Abwesenheit heimkehrt!“, hob
König Mohammed VI. in seiner Rede an. „Schön ist der Tag, an dem man sein
Herz ins geliebte Zuhause führt! Afrika ist mein Kontinent und meine
Mission. Endlich komme ich nach Hause.“
Die Polisario fügte sich. „Da Marokko keine Bedingungen gestellt hat,
nehmen wir es beim Wort und akzeptieren, dass Marokko in die AU aufgenommen
wird“, sagte ihr Außenminister Mohamed Salem Ould Salek. Da die Westsahara
AU-Mitglied bleibt, muss aus Polisario-Sicht die AU jetzt das Problem
lösen, dass eines ihrer Mitglieder ein anderes besetzt hält.
Marokkos König will die Aufmerksamkeit lieber auf andere Dinge lenken: auf
die Trans-Sahara-Gaspipeline von Nigeria nach Marokko, die Herstellung von
Düngemitteln aus marokkanischem Phosphat in Äthiopien, die Umsetzung der
Verpflichtungen des Weltklimagipfels von Marrakesch vor zwei Monaten.
## Neuer AU-Kommissionsvorsitzender gewählt
Deutlich war auch die Neuwahl der AU-Führungsgremien. Die jährlich
wechselnde AU-Präsidentschaft übernimmt Marokkos Verbündeter Guinea. Bei
der Wahl für den Vorsitz der AU-Kommission, das bisher von der
Südafrikanerin Dlamini-Zuma gehaltene wichtigste Amt der Organisation,
setzte sich Tschads Außenminister Moussa Faki Mahamat mit 28 gegen 25
Stimmen gegen die als Favoritin geltende Außenministerin Kenias, Amina
Mohamed, durch.
Die Kenianerin brachte nicht einmal Ostafrika hinter sich. Wären ihr
Uganda, Burundi und Dschibuti treu geblieben, hätte sie gewonnen. In Kenia,
wo man Tschad für ein uninteressantes Stück Wüste hält, stößt das auf
Unverständnis. Die Ministerin verlangte am Dienstag eine Untersuchung der
Wahl.
Die negative Haltung Kenias zum Internationalen Strafgerichtshof (ICC)
könnte eine Rolle gespielt haben. 2016 hatten Südafrika, Gambia und Burundi
ihren Austritt aus dem ICC-Statut erklärt. Kenia lehnt den Gerichtshof
ebenfalls ab. Jetzt hat Südafrika das höchste AU-Amt verloren, Kenia ist
nicht nachgerückt und Gambias Diktator Yahya Jammeh ist gestürzt. Die Front
der ICC-Gegner geht aus diesem Gipfel ebenso geschwächt hervor wie die der
Polisario-Freunde.
31 Jan 2017
## AUTOREN
Dominic Johnson
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Westsahara
Diplomatie
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