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# taz.de -- Regenerative Energie in der Westsahara: Grüne Projekte im besetzte…
> Marokko gibt sich modern und öko-bewusst. Doch das Ganze hat einen
> Schönheitsfehler: Viele Anlagen stehen in der illegal besetzten
> Westsahara.
Bild: Dieser Kämpfer der Westsahara-Befreiungsfront Polisario kocht garantiert…
Madrid taz | Sieben Prozent von Marokkos Wind- und Sonnenenergieanlagen
stehen außerhalb des Staatsgebietes: In der Westsahara, einem Gebiet, das
völkerrechtlich gesehen nicht zu Marokko gehört.
Die ehemalige spanische Kolonie südlich der marokkanischen Grenze ist seit
1975 besetzt. Die Hälfte der Bevölkerung lebt in Flüchtlingslagern jenseits
der algerischen Grenze. Eine Volksabstimmung unter Regie der Vereinten
Nationen über die Zukunft des Landstrichs scheitert seit 1990 an der
Haltung Marokkos.
Bereits 2020 sollen 26,4 Prozent der marokkanischen Wind- und Sonnenenergie
in der Westsahara produziert werden. Die NGO Westsahara Resource Watch
(wsrw.org) hat anlässlich der Klimakonferenz COP22 einen Bericht über diese
Politik vorgelegt.
Mit von der Partie sind internationale Firmen wie die deutsche Siemens, die
bereits 22 Windgeneratoren in den besetzten Gebieten errichtet hat. Der
Zuschlag für weitere fünf Parks mit einer Gesamtkapazität von 850 Megawatt
wurde laut marokkanischer Presse im März diesen Jahres erteilt. Zwei davon
sollen ebenfalls in der Westsahara errichtet werden.
## Siemens will nur helfen
„Unsere Rolle ist hier auf Lieferung, Installation, Inbetriebsetzung und
Service beschränkt“, antwortet Siemens gegenüber der taz auf die Kritik, an
illegalen Projekten beteiligt zu sein. „Große Teile der afrikanischen
Bevölkerung haben keinen Zugang zu Elektrizität. Siemens kann helfen, die
Energieversorgungslage in Afrika mit innovativen Technologien zu
verbessern“, heißt es weiter aus der Konzernzentrale.
Doch auch das hat einen Haken. Die 22 bereits installierten Windanlagen
dienen nicht etwa der Versorgung der Bevölkerung, die unter der Besatzung
leidet. Laut WSRW liefert der Windpark vielmehr 95 Prozent des Stromes für
die Phosphatbergwerke in der Westsahara in der Nähe der Hauptstadt El
Aaiún.
Der Phosphatabbau ist ebenfalls illegal, da der Erlös nicht etwa der
Bevölkerung zu gute kommt, sondern dem marokkanischen Staat, dem das
Bergbauunternehmen OCP gehört. 2015 schätzt WSRW die Einnahmen der Minen
auf 167,8 Millionen Dollar.
„Die Profitspanne ist durch die Beteiligung von Siemens gestiegen“, heiẞt
es im Bericht. Das deutsche Unternehmen dazu: „Wie, wo und von wem erzeugte
Strom verwendet wird, erfragen Sie am besten beim Eigentümer und Betreiber
der Windkraftanlagen.“
## Das Firmengeflecht des Königs
Siemens, vertreten durch Siemens Wind Power, beteiligte sich an den
Ausschreibung für die fünf neuen Parks zusammen mit Enel Green Power,
Tochter des italienischen Energieversorgers Enel, sowie dem marokkanischen
Unternehmen Nareva. Dieses ist Teil eines Geflechts aus Unternehmen, die,
so die Nachforschungen von WSRW, König Mohamed VI. persönlich gehören.
Durchgeführt wird das Projekt in Partnerschaft mit dem marokkanischen
Energieversorger ONEE, der Investmentgesellschaft SIE und dem König Hassan
II Fond – alle drei im Staatsbesitz. Siemens wird im Laufe des Projektes
eine Windturbinenfabrik in Marokko errichten.
Die Westsahara ist laut internationalem Rechtsverständnis „ein nicht
entkolonialisiertes Gebiet“. Verwaltungshoheit hat so, auch wenn diese
nicht wahrgenommen wird, weiterhin die ehemalige Kolonialmacht Spanien.
Der Europäischer Gerichtshof bestätige diese Rechtsauffassung 2015. Da die
Westsahara nicht zu Marokko gehöre, ordneten die Richter an, dass
EU-Marokko-Landwirschaftsabkommen für Produkte aus der besetzten Westsahara
zu annullieren.
## „Aura der Legitimität“
„Marokkos Energieinfrastruktur im besetzten Land gibt der Besetzung eine
Aura der Legitimität“, beschwert sich WSRW. Die persönliche Beteiligung von
König Mohamed VI. an den Projekten durch das den Siemenspartner Nareva
erschwere eine Lösung für den Konflikt zudem erheblich.
Siemens dazu gegenüber der taz: „Mit der Entscheidung Windturbinen für das
Projekt zu liefern, steht in keinem Zusammenhang mit einer Beurteilung der
rechtlichen Situation der Region. Die Lieferung verstößt gegen keinerlei
Gesetz.
Nichtsdestotrotz unterstützt Siemens die Haltung der Bundesregierung, die
ihrer Hoffnung auf eine friedliche Lösung der ausstehenden Themen im
Zusammenhang mit der Westsahara, und die Unterstützung des UN-Plans für die
Selbstbestimmung des sahrauischen Volkes zum Ausdruck gebracht hat“.
9 Nov 2016
## AUTOREN
Reiner Wandler
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