| # taz.de -- Verhängnisvolle Großzügigkeit beim Energiekonzern: EWE fast völ… | |
| > Das Präsidium des Aufsichtsrats fordert, den Chef des Oldenburger | |
| > Energieversorgers EWE abzulösen, weil er 253.000 Euro an die | |
| > Klitschko-Stiftung gespendet hat | |
| Bild: Vladimir Klitschko bekam eine großzügige EWE-Spende für seine Stiftung | |
| Oldenburg taz | Der Vorstandschef des Energieversorgers EWE Matthias | |
| Brückmann muss wohl gehen. Das Präsidium des Aufsichtsrats verlangte | |
| gestern in Oldenburg seine Ablösung. Brückmann hatte im vergangenen Jahr | |
| 253.000 Euro an die Stiftung der Boxprofis Vladimir und Vitali Klitschko | |
| gespendet. Vladimir Klitschko sollte im Gegenzug zu einem Werbeauftritt | |
| nach Oldenburg kommen. Dazu kam es aber nicht. Brückmann hatte nach | |
| Bekanntwerden der Spende angekündigt, EWE die Summe aus eigenen Mitteln zu | |
| erstatten – offenbar zu spät. | |
| Elegant war es zugegangen bei der Charity-Gala der Klitschko-Stiftung im | |
| März 2016 in Kiew, auf der für Kinder-Hilfsprojekte in der Ukraine | |
| gesammelt wurde. EWE-Chef Brückmann hatte sich damals generös erboten, die | |
| „Lücke“ zur Zwei-Millionen-Dollar-Marke zu schließen. So erinnert sich | |
| einer der Gäste. Und an die stattliche Summe von 253.000 Euro, die für den | |
| „Lückenschluss“ nötig war. | |
| Doch bei EWE herrschte Erstaunen über die eigenmächtige Aktion des | |
| Vorstandsvorsitzenden. Zumal die EWE ihr Sponsoring in der Region gerade | |
| drastisch heruntergefahren hatte, vor allem für örtliche Sportvereine. Und | |
| hatte der neue Vorstandsvorsitzende nach seinem Amtsantritt nicht groß | |
| verkündet, Spenden sollten nicht mehr nach Gutdünken vergeben werden? | |
| Brückmanns Amtsvorgänger Werner Brinker war deshalb massiv in der Kritik. | |
| Er konnte jedes Jahr noch 500.000 Euro nach Gusto verteilen. Brückmann | |
| hatte einen Kulturwechsel angekündigt und genehmigte sich selbst künftig | |
| nur noch 50.000 Euro zum freihändigen Verteilen. Er versprach Transparenz. | |
| Jeder ausgegebene Cent müsse der Satzung entsprechen. Dazu gehört auch die | |
| zweite Unterschrift bei Spenden, die nicht direkt aus der persönlichen | |
| Schatulle des Vorstandsvorsitzenden kommen. | |
| Zum Zeitpunkt der Spendenzusage auf der Klitschko-Gala war aber kein | |
| zweiter EWE-Mitarbeiter dabei und Brückmann hat es außerdem versäumt, nach | |
| seiner Rückkehr aus der Ukraine den Finanz- und Prüfausschuss des | |
| EWE-Aufsichtsrats zu informieren. Ein Fehler, wie er jetzt einräumt. | |
| Rechtlich sei die Spende nicht zu beanstanden, erklärt die EWE in einer | |
| Pressemitteilung. Die zweite, zwingend vorgeschriebene Unterschrift habe | |
| ein weiteres Vorstandmitglied geleistet. Das soll im vergangenen Oktober | |
| passiert sein. | |
| Das Präsidium des EWE-Aufsichtsrats hatte Wirtschaftsprüfer beauftragt, | |
| mehrere Vorgänge zu begutachten. Dazu gehört unter anderem die bevorzugte | |
| Behandlung eines Pizza-Kellners, dem die EWE bereits den Strom abgestellt | |
| hatte. Dessen Schulden beim Energieversorger waren auf 900 Euro | |
| angewachsen. Als Brückmann in der Pizzeria zu Gast war, trug er ihm | |
| kurzerhand seine Sorgen vor – und bekam prompt das Angebot, die Hälfte | |
| sofort zu zahlen, den Rest in Raten. | |
| Absolut unüblich, sagt etwa die Diakonie Oldenburg, die Menschen mit | |
| Stromschulden berät. Und nicht fair gegenüber den anderen 5.000 säumigen | |
| EWE-Kunden, denen der Versorger jedes Jahr den Strom abstellt. Ohne ein | |
| Ratenzahlungsangebot, eben weil sie keinen direkten Zugang zum | |
| Vorstandsvorsitzenden haben. Der setzt sich mit seiner spontanen | |
| Großzügigkeit dem Verdacht der Willkür aus. Die Gefälligkeit des Chefs | |
| gelte „intern als Ausnahmeprozess“, heißt es deshalb in einer etwas | |
| umständlich formulierten Stellungnahme der EWE. Außerdem habe der Kunde | |
| eine Woche später doch den gesamten ausstehenden Betrag auf einmal bezahlt. | |
| Zur Klitschko-Spende will sich das Unternehmen nicht äußern, bevor der | |
| Bericht der Wirtschaftsprüfer vorliegt. Das beauftragte Gutachten soll | |
| Brückmann nicht umfassend entlasten, heißt es inzwischen. | |
| Der EWE-Aufsichtsrat ist in der Zwickmühle: Spricht er sich für Brückmanns | |
| Verbleib im Amt aus, führt das zu einem weiteren Vertrauensverlust in der | |
| Region. Hält er ihn nicht im Amt, müsste eigentlich auch der zweite | |
| Vorstand, der die Spenden-Überweisung mit unterzeichnet hat, das | |
| Unternehmen verlassen. Dann wäre von fünf EWE-Vorstandsposten nur noch ein | |
| einziger besetzt. | |
| Denn ein Vorstand musste bereits vergangenes Jahr gehen, weil er einen | |
| Ex-Mitarbeiter illegal bespitzeln ließ. Die einzige Frau im Vorstand schied | |
| Ende 2016 in „gegenseitigem Einvernehmen“ aus. Zwei weitere Kündigungen und | |
| die EWE wäre nahezu führungslos. | |
| Auch die Oldenburger Staatsanwaltschaft interessiert sich für Brückmanns | |
| Spende: Sie prüft, ob Ermittlungen wegen Untreue gegen den EWE-Vorstand | |
| eingeleitet werden. Das Aufsichtsratspräsidium wird seinen Beschluss nun | |
| dem gesamten Aufsichtsrat unterbreiten, das die endgültige Entscheidung | |
| über Brückmanns Zukunft im Unternehmen fällt. Zeitnah, wie es heißt, | |
| wahrscheinlich noch im Februar. | |
| 7 Feb 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Christina Gerlach | |
| ## TAGS | |
| Spendenkrimi bei EWE | |
| Oldenburg | |
| Klitschko | |
| Vitali Klitschko | |
| Energiekonzerne | |
| Energiekonzerne | |
| Spendenkrimi bei EWE | |
| AfD Hamburg | |
| Peru | |
| Afrika | |
| Westsahara | |
| Energiewende | |
| Spendenkrimi bei EWE | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Wladimir Klitschko beendet Boxkarriere: „Gesund und zufrieden“ | |
| Der „kleine Klitschko“ hat entschieden, seine Karriere sofort zu beenden. | |
| Der ehemalige Boxweltmeister sagt, er habe „als Amateur und Profi alles | |
| erreicht. | |
| Kommentar Manager-Gebaren bei EWE: Die Macht der Manieren | |
| Der Aufsichtsrat des Oldenburger Energiekonzerns erhoffte sich regionalen | |
| Glanz vom Vorstands-Kandidaten Timo Poppe. Der liefert zuverlässig ab. | |
| Führungskrise bei Energiekonzern EWE: Attestierte Charakterschwäche | |
| EWE muss drei Vorstandsposten neu besetzen. Ein der taz vorliegender | |
| Bericht von Wirtschaftsprüfern zeigt: zwei Kandidaten wackeln schon jetzt. | |
| Management in Scheibchen: EWE übt Salamitaktik | |
| Trotz Skandalen glänzt der Oldenburger Energieversorger EWE mit guter | |
| Bilanz. Berichte über designierte Vorstandsnachfolger sorgen für neuen | |
| Ärger | |
| Stiftung in Hamburg: Ganz neutral für die AfD | |
| Eine gemeinnützige Stiftung macht Veranstaltungen mit AfDlern, will aber | |
| angeblich nur über Inhalte diskutieren. Nun prüft die Stiftungsaufsicht. | |
| Bauer aus Peru verklagt RWE: Señor Luciano kämpft um sein Haus | |
| Ist ein einzelner Konzern für ein kollektives Problem haftbar? Ein | |
| peruanischer Kleinbauer klagt mit Hilfe von Germanwatch gegen die deutsche | |
| RWE. | |
| Strom aus Wind und Sonne: Grünes Licht für Afrika | |
| Ein 10-Milliarden-Projekt soll die Energiewende auf dem Kontinent | |
| voranbringen. Noch fehlt die Infrastruktur, die Länder streiten über die | |
| Umsetzung. | |
| Regenerative Energie in der Westsahara: Grüne Projekte im besetzten Land | |
| Marokko gibt sich modern und öko-bewusst. Doch das Ganze hat einen | |
| Schönheitsfehler: Viele Anlagen stehen in der illegal besetzten Westsahara. | |
| Bürgerproteste in Norddeutschland zeigen Erfolg: Monstermasten sind Geschichte | |
| Die Starkstromtrasse, die Windstrom nach Süddeutschland bringen soll, wird | |
| unterirdisch verlegt – doch die längere Bauzeit könnte den Atomausstieg | |
| gefährden | |
| EWE-Geld für die eigene Tasche: Amtliche Schizophrenie | |
| Zwei Oldenburger Oberbürgermeister haben als „privat tätige“ Aufsichtsrä… | |
| des Energieunternehmens EWE hohe Zuwendungen kassiert. |