# taz.de -- EWE-Geld für die eigene Tasche: Amtliche Schizophrenie | |
> Zwei Oldenburger Oberbürgermeister haben als „privat tätige“ | |
> Aufsichtsräte des Energieunternehmens EWE hohe Zuwendungen kassiert. | |
Bild: Gut bezahlt: Oldenburgs Ex-Oberbürgermeister Gerd Schwandner (l.) und Na… | |
OLDENBURG taz | Als er noch im Oldenburger Rathaus thronte, war Gerd | |
Schwandner von Amts wegen eine gespaltene Persönlichkeit. Mal trat er bei | |
offiziellen Anlässen als Privatmann, mal als Oberbürgermeister auf. Der | |
Grund für die amtliche Schizophrenie: 160.000 Euro hat Schwandner während | |
seiner achtjährigen Amtszeit für seine Nebentätigkeit im Aufsichtsrat des | |
Energieversorgers EWE erhalten. Das fürstliche Zubrot sackte er privat ein. | |
Doch hätte der Bürgermeister als Bürgermeister und nicht als Privatier dem | |
Aufsichtsrat beigewohnt, hätte er laut niedersächsischer | |
Nebentätigkeitsverordnung höchstens 6.200 und nicht 20.000 Euro pro Jahr | |
behalten dürfen, die Differenz hätte er abführen müssen. Er habe aber, so | |
der parteilose Schwandner, nur ein „persönliches Mandat“ wahrgenommen und | |
das sei zigmal hin- und hergeprüft worden. | |
Diese Auffassung teilt auch die Stadt Osnabrück und hat sie bereits 2012 | |
dem Parlament mitgeteilt: Weil es sich um ein persönliches Mandat handele, | |
könne Schwandner über die Verwendung der Tantiemen frei entscheiden, | |
erklärte Stadtsprecher Reinhard Schenke jetzt der taz. | |
Das in aller Regel der amtierende Oldenburger Oberbürgermeister - wie jetzt | |
auch Schwandners Nachfolger Jürgen Krogmann (SPD) - in den EWE-Aufsichtsrat | |
berufen werde, fechte die Sache nicht an. „Da gibt es keinen Automatismus“, | |
betont Schenke und fügt gleich hinzu, dass es nicht die Aufgabe Schwandners | |
gewesen sei, die Interessen der Stadt im EWE-Aufsichtsrat zu vertreten. | |
Allerdings konnte bereits vor drei Jahren der Verwaltungsausschuss des | |
Stadtrats ein dienstliches Interesse an der Ausübung der | |
Aufsichtsratstätigkeit erkennen, die es Schwandner ermögliche, „Kenntnisse | |
zu gewinnen, die für Entscheidungen in seinem Hauptamt und damit für die | |
Stadt Oldenburg von Nutzen sind“. Dem angeblichen Privatier Schwandner | |
wurde deswegen zugestanden, städtisches Material und auch Personal für sein | |
Aufsichtsratsmandat stets kostenfrei zu nutzen. | |
„Natürlich hat Schwandner sein Mandat auch im Interesse der Stadt | |
ausgeübt“, sagt der grüne Ratsherr Armin Frühauf. Formal entscheidend sei | |
aber, so der Rechtsanwalt, ob Schwandner sein Aufsichtsratsmandat auf | |
Verlangen,Vorschlag oder Veranlassung des Dienstvorgesetzten angetreten | |
habe. | |
Ein entsprechendes Auskunftsersuchen an die Stadt haben die Grünen jetzt | |
gestellt. Während die Grünen die Angelegenheit noch einmal juristisch | |
prüfen lassen, will Die Linke auf der nächsten Ratssitzung am 29. Juni | |
durchsetzen, dass Schwandner den Großteil der einbehaltenen Bezüge von rund | |
100.000 Euro an die Stadt zu zahlen habe. | |
Während Schwandner sich noch hinter der Rechtsauffassung der Stadt | |
verschanzt, hat sein Nachfolger Krogmann bereits reagiert. Nachdem der | |
SPD-Mann zunächst betont hatte, auch er wolle seine EWE-Tantiemen behalten, | |
kündigte er nun - unter Druck geraten - an, das Geld an eine karitative | |
Organisation spenden zu wollen. Das ärgert den Vorsitzenden der | |
Linken-Piraten-Fraktion, Hans-Henning Adler: „Krogmann stellt sich nun als | |
großzügigen Gönner da, obwohl er zur Rückzahlung verpflichtet wäre.“ | |
18 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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