# taz.de -- Strom aus Wind und Sonne: Grünes Licht für Afrika | |
> Ein 10-Milliarden-Projekt soll die Energiewende auf dem Kontinent | |
> voranbringen. Noch fehlt die Infrastruktur, die Länder streiten über die | |
> Umsetzung. | |
Bild: Zu Beginn der Zehnerjahre war der Aktivismus für Solarenergie in Afrika … | |
BERLIN taz | Das Potenzial für erneuerbare Energien in Afrika ist riesig – | |
und die Versprechen, sie zu nutzen, ebenfalls. Sehr gute Windverhältnisse, | |
300 bis 320 Tage Sonne im Jahr und große Chancen bei Wasserkraft und | |
Erdwärme bescheinigt die Internationale Energieagentur (IEA) dem Kontinent. | |
„Afrika kann etwas Einmaliges in der Geschichte der Energiewirtschaft | |
erreichen“, sagt IEA-Chef Fatih Birol, „Hier kann sich zum ersten Mal ein | |
ganzer Kontinent auf der Basis der erneuerbaren Energien entwickeln.“ | |
Zehn Milliarden Dollar haben die Industrieländer der G7 im vergangenen Jahr | |
für die „Africa Renewable Energy Initiative“ (AREI) versprochen. Damit | |
wollen die afrikanischen Staaten und die Afrikanische Union bis 2020 | |
Kraftwerke für etwa zehn Gigawatt Öko-Strom errichten. Bisher haben alle | |
fossilen Kraftwerke Afrikas nur eine Leistung von 160 Gigawatt – weniger | |
Kapazität als in Deutschland. | |
AREI wurde auf dem Pariser Klimagipfel 2015 verkündet und trug dazu bei, | |
dass Afrika dem Abkommen zustimmte. Auf dem Gipfel von Marrakesch wird nun | |
eine erste gemischte Bilanz gezogen: Ein Jahr ist vergangen, die | |
finanziellen Zusagen würden „die zehn Milliarden deutlich übertreffen“, | |
heißt es von der Bundesregierung, aber passiert ist noch nicht viel. Noch | |
ist unklar, welche Projekte in welchen Ländern realisiert werden sollen. | |
Die Planungen gehen über die zehn Gigawatt – was etwa der Leistung von zehn | |
AKWs entspricht – weit hinaus. 300 Gigawatt an Ökostrom sollen bis 2030 die | |
Energiearmut in Afrika lindern und dann die Hälfte des Stromkapazität | |
ausmachen. Bislang ist Afrika noch immer der dunkle Kontinent, wo mehr als | |
600 Millionen Menschen keinen Zugang zu Elektrizität haben. Dabei bedeutet | |
Strom: Licht für Bildung, Radio und TV für Information, Kühlschränke und | |
Medikamente – die Vorbedingungen für den Kampf gegen die Armut. Genau das | |
haben die UN-Staaten 2015 in den „Nachhaltigen Entwicklungszielen“ (SDG) | |
beschlossen. | |
Mit 11.000 Gigawatt hat Afrika ein riesiges Potenzial allein bei der | |
Sonnenenergie. Für die Internationale Agentur für erneuerbare Energien | |
(IRENA) spricht auch die Ökonomie für den Ökostrom. Die heimischen Energien | |
machten die Länder unabhängiger von importierten Rohstoffen, heißt es. | |
Allein 2010 zahlten die 54 afrikanischen Länder 18 Milliarden Dollar für | |
die Einfuhr von Öl und Benzin, mehr als sie an Entwicklungshilfe bekamen. | |
Die Subventionen für die fossilen Treibstoffe aus den afrikanischen | |
Staatskassen beliefen sich demnach noch einmal auf 50 Milliarden Dollar. | |
## Investitionen für Öl und Gas | |
Bisher gehen gar zwei Drittel der Energie-Investitionen in Infrastruktur | |
für den Export von Öl und Gas, schreibt die IEA. Das bringe den Ländern | |
Einnahmen, vernachlässige aber die heimische Entwicklung. Das gescheiterte | |
Unternehmen Desertec beruhte auf solchen Überlegungen: Europäische | |
Energiekonzerne wollten in der Sahara und im Maghreb Strom aus Wind und | |
Sonne ernten und nach Europa leiten. Heute sind nur noch Reste dieser | |
Vision übrig – etwa in Marokko eines der größten Solarstrom-Kraftwerke in | |
Ouarzazate, das mit Millionen Hilfsgeldern gebaut wurde. | |
Investoren werden oft von unklaren Gesetzen, Konflikten und Korruption | |
abgeschreckt, mahnt die IEA. Für ihren Chef Birol ist klar: „Länder, die | |
ihre Bedingungen für Investitionen vorhersehbar machen, bekommen eine Menge | |
Geld. Ghana, Botswana und Tansania sind solche Beispiele. Das setzt einen | |
Trend und viele Länder schauen sich das gut an. Politiker verstehen: Ohne | |
klare Regeln keine Investments, ohne Investments keine Energie, ohne | |
Energie keine Entwicklung. Und wenn es keine Entwicklung gibt, hat das | |
vielleicht auch für die Politiker Rückwirkungen.“ | |
Der Preisverfall bei Solaranlagen fördert auch die dezentrale Energiewende. | |
Unternehmen wie das deutsche Start-up Mobisol vertreiben seit 2012 kleine | |
Solaranlagen an Kleinstunternehmer. Die installieren in Tansania, Ruanda | |
und Kenia Anlagen auf ihren Dächern. Das Unternehmen hat bisher 50.000 | |
ländliche Haushalte versorgt und will weiter wachsen. Da aber stößt die | |
Energiewende ab und zu an Grenzen: Die großen staatlichen Energieversorger, | |
die bislang Kohlestrom anbieten, bekommen langsam Angst vor der dezentralen | |
Konkurrenz. | |
15 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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