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# taz.de -- Krieg in der Westsahara: Der vergessene Konflikt in der Wüste
> In der von Marokko besetzten Westsahara herrscht seit über 40 Jahren
> Krieg. Doch die Gewalttaten scheren die Weltöffentlichkeit nicht.
Bild: In der Westsahara ist es nicht so friedlich wie in der marokkanischen Wü…
Am vergangenen Montag, 14. März, wurde in der marokkanischen Stadt Salé der
Prozess gegen 25 Einwohner der Westsahara wieder [1][aufgenommen]. Den
„Sahrauis“ wird vorgeworfen, an gewalttätigen Protesten im
Gdim-Izik-Protestcamp nahe der westsaharischen Hauptstadt Ajun beteiligt
gewesen zu sein. Dabei kamen 2010 elf marokkanische Polizisten ums Leben.
Im Oktober 2010 war es in dem Zeltlager, in dem sich bis zu 20.000 Sahrauis
versammelt hatten, zu Protesten gekommen, die die internationale
Öffentlichkeit wieder auf den seit Jahrzehnten herrschenden Konflikt im von
Marokko besetzten Westsahara aufmerksam machen sollten.
Am 8. November 2010 wurde das Zeltlager von marokkanischen Polizisten und
Soldaten umzingelt und dem Erdboden gleich gemacht. Dabei hatte es während
der einmonatigen Proteste Verhandlungen zwischen Repräsentanten des
Zeltlagers und den Behörden gegeben. Diese sahen unter anderem ein
friedliches Ende der Proteste vor, viele der sozialen Forderungen der
saharauischen Bevölkerung sollten dafür erfüllt werden.
Doch die Marokkaner hielten sich nicht daran. Am Tag der Umsetzung der
Verhandlungsergebnisse, starteten die marokkanische Streitkräfte die
Zerstörung der Zelte. Diese wurden zum Teil angezündet, ganz egal ob eine
Person sich drinnen befand. Viele Personenwurden festgenommen, darunter
auch zahlreiche Ausländer, die sich mit den Sahrauis solidarisch gezeigt
hatten. Neben den 11 Polizisten starben auch zwei Bewohner des Camps.
## Keine Selbstbestimmung
Westsahara liegt im Nordwesten Afrikas, zwischen Marokko und Mauretanien.
Bis 1976 war das Land eine Überseeprovinz Spaniens, bis es nach dessen
Rückzug von Marokko und Mauretanien militärisch besetzt wurde. Seitdem hat
Westsahara den UN-Status eines „nicht-autonomen Gebietes“.
Ab 1976 herrschte Krieg zwischen der westsaharischen Befreiungsbewegung
Polisario-Front (Frente Polisario) und dem Königreich Marokko, der 1991 in
einen Waffenstillstand mündete, der formal bis heute besteht. Das
vereinbarte Selbstbestimmungsreferendums für die sahrauische Bevölkerung
hat jedoch bis heute nicht stattgefunden. Marokko hält 85 Prozent der
Westsahara besetzt, beansprucht es als Teil seines Hoheitsgebiet und beutet
es wirtschaftlich aus.
Der Fall der Polizistenmorde wurde seitens der Marokkaner zunächst vor
einem Militärgericht verhandelt. Erst 2016 erklärte sich eine zivile
Justizbehörde für zuständig. Doch dieser Gerichtshof in Salé hat bisher
immer wieder den Prozess vertagt.
Grundsätzlich kann die Zuständigkeit Marokkos für diese Ereignisse
bestritten werden, weil es sich ja nicht um marokkanisches Staatsgebiet
handelt. Das Gerichtsverfahrens ist auch deswegen eine Farce, weil das
marokkanische Justizsystem den Anwälten kaum Spielraum lässt.
Freilassung gefordert
Die Exilregierung der Westsahara hat für die bedingungslose Freilassung der
Inhaftierten und für eine Lösung des Konflikts gemäß der UN-Charta
plädiert. Marokko beharrt auf seiner Position im Prozess, sowie auf die
Zugehörigkeit der „südlichen Provinzen“ zu seinem Königreich.
Eigentlich aber müsste ein ganz anderes Verbrechen vor Gericht verhandelt
werden: Nämlich die Zerschlagung des Zeltlagers bei El Ayun und die
anschließende Massenverhaftung von Sahrauis.
Der wahre Verantwortlich für den Konflikts ist das Königreich Marokko, das
seit 41 Jahren die Westsahara unter Besatzung hält. Fragt sich nur, warum
die EU Marokko als privilegierten Partner behandelt. Man vermeidet es, den
König Mohammed VI zu verurteilen oder wenigstens mit den Vorwürfen zu
konfrontieren.
Marokko sollte sogar aus Sicht der Bundesregierung letztes Jahr als
sicheres Herkunftsland eingestuft werden, was aber Anfang März vom
Bundesrat abgelehnt wurde. Rabat hat sich bislang immer damit durchgesetzt,
die Forderungen der Sahrauis systematisch zu ignorieren und sie zu
isolieren.
Wenn selbst die UNO dabei nur machtlos zuschauen kann, bezeugt dies nur,
dass manche Länder Vorrechte besitzen, die anderen offensichtlich
vorenthalten werden. Und Deutschland wie die EU stehen als Komplizen der
schmutzigen Geschäfte Mohammeds VI da.
19 Mar 2017
## LINKS
[1] http://www.liberation.fr/planete/2017/03/13/gdeim-izik-le-proces-explosif-d…
## AUTOREN
Axel Plasa
## TAGS
Westsahara
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