# taz.de -- Ostafrika-Reise von Benjamin Netanjahu: Rückendeckung für Israel | |
> Auf der ersten Afrikatour eines Regierungschefs von Israel seit 30 Jahren | |
> geht es auch um die Rolle Palästinas – und die Terrorbekämpfung. | |
Bild: Israels Regierungschef Netanjahu zu Besuch im äthiopischen Addis Abeba | |
BERLIN/JERUSALEM taz | Es war ein emotionales Ereignis, als die | |
Staatsmaschine von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu am Montag auf | |
der alten Rollbahn im ugandischen Entebbe aufsetzte. Auf den Tag genau 40 | |
Jahre zuvor waren israelische Kommandoeinheiten hier gelandet, um 102 | |
mehrheitlich israelische Geiseln in einem entführten Air-France-Flugzeug | |
aus der Hand von zwei palästinensischen und zwei deutschen Terroristen zu | |
befreien. | |
Netanjahus Bruder war unter den Spezialkräften, die am 4. Juli 1976 in | |
Entebbe die Passagiermaschine stürmten. Er starb durch die Kugel eines | |
Terroristen. In einem Videointerview zeigt sich Israels Premier sehr | |
bewegt, während er im Flugzeug über Afrika sitzt und an seinen Bruder | |
denkt. Dessen Tod, so Netanjahu, habe sein eigenes Leben maßgeblich | |
verändert. | |
„Heute, vor 40 Jahren, sind sie in tiefster Nacht in einem Land gelandet, | |
welches von einem brutalen Diktator regiert wurde und Terroristen | |
Unterschlupf gab“, sagte Netanjahu in seiner Rede nach der Ankunft und | |
wandte sich an Ugandas Präsidenten Yoweri Museveni, der an der Rebellion | |
beteiligt war, die 1979 den damaligen brutalen Diktator Idi Amin stürzte, | |
und seit 1986 selber regiert. „Heute landen wir am helllichten Tag in einem | |
befreundeten Land, geführt von einem Präsidenten, der Terroristen | |
bekämpft“, schmeichelte Netanjahu. | |
## Ein Bund zwischen „Palästina“ und Afrika | |
Beeindruckt schien Museveni nicht zu sein. In seiner ellenlangen | |
Willkommensrede sprach der 71-jährige ugandische Präsident, seit 30 Jahren | |
an der Macht, oft von Palästina statt von Israel. „Das traurige Ereignis | |
vor 40 Jahren legte den Grundstein für einen Bund zwischen Palästina und | |
Afrika“, behauptete Museveni und unterstrich: „Die Araber sind meine | |
Freunde.“ Netanjahu saß unter einem Sonnenzelt auf der Landebahn und | |
lächelte belustigt. | |
Netanjahus Reise, die ihn von Uganda auch nach Kenia, Ruanda und Äthiopien | |
führt, ist die erste Afrikatour eines israelischen Regierungschefs seit 30 | |
Jahren. Aus seiner Sicht war vor allem die Etappe Kenia ein Erfolg. Als | |
einen „guten Tag für Israel“ resümierte er das Treffen mit Präsident Uhu… | |
Kenyatta, der sich für Israel einsetzen will, um dem Staat einen | |
Beobachterstatus in der Afrikanischen Union (AU) zu ermöglichen. | |
Laut der israelischen Tageszeitung Haaretz ist die amtierende | |
AU-Kommissionschefin Nkosazana Dlamini-Zuma aus Südafrika „Haupthindernis“ | |
für Israels Annäherung an die AU. Ab Oktober übernimmt aber Äthiopien den | |
AU-Vorsitz – dort beschließt Netanjahu seine Reise. | |
## Beobachterstatut in der AU | |
Die Aufnahme in die Afrikanische Union mit Beobachterstatus, wie ihn die | |
Palästinenser bereits genießen, bedeutete für Israel „ein Stück weit | |
Anerkennung“, meint Lynn Schler, Direktorin des Afrika-Zentrums an der | |
Ben-Gurion-Universität in Be’er Scheva. Ihrer Meinung nach „sucht Netanjahu | |
nach allen möglichen Wegen, um die Verbindungen, die einmal sehr stark | |
waren, wiederherzustellen“. | |
Netanjahu betonte im Verlauf seiner Gespräche, dass „Israel der beste | |
Freund Afrikas“ sei. Dabei ginge es auch um den gemeinsamen Kampf gegen den | |
Terror. Kenias Rückendeckung sei für Israel „ein Schritt auf dem Weg zurück | |
nach Afrika“. | |
## Flüchtlinge nach Afrika abgeschoben | |
Auch die Gastgeber haben etwas davon. Uganda, Kenia und Ruanda gehören zur | |
Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), die jüngst gemeinsame Reisepässe und | |
Visa einführten und derzeit massiv mit Anti-Terror-Maßnahmen aufrüsten. | |
Dazu benötigen sie Hochtechnologie: für biometrische Einreisekontrollen, | |
für die Telekommunikations-, Grenz- und Luftüberwachung sowie die | |
Ausbildung von Geheimdiensten und Spezialeinheiten in der Terrorbekämpfung. | |
Dafür scheint Israel genau der richtige Partner. | |
Israel hat laut taz-Recherchen in den vergangenen Jahren Tausende | |
eritreische und sudanesische Flüchtlinge nach Afrika abgeschoben: vor allem | |
nach Uganda und Ruanda. Im Gegenzug baute Israel seine Kooperation in | |
Hochtechnologie und Landwirtschaft weiter aus, auch die Zusammenarbeit bei | |
der Terrorbekämpfung und bei Überwachungstechnologien ist seit Langem ein | |
Thema. Dass dies auch Gesprächsthema beim Netanjahu-Besuch war, ist | |
wahrscheinlich. | |
7 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
Susanne Knaul | |
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