# taz.de -- Parlamentswahl in Marokko: Gemäßigte Islamisten gewinnen | |
> Premierminister Benkirane kann weiter regieren. Doch er muss sich seine | |
> Koalitionspartner in einem gespaltenen Land suchen. | |
Bild: Wählerinnen der PJD feiern den Sieg | |
Madrid taz | Marokkos Premierministerpräsident Abdelilah Benkirane kann für | |
weitere fünf Jahre im Amt bleiben. Aus der Wahl am vergangenen Freitag ging | |
seine gemäßigt islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) | |
erneut siegreich hervor. Benkirane hat künftig 125 der insgesamt 395 | |
Abgeordneten hinter sich. Wie bereits 2011, als die PJD 107 Parlamentssitze | |
holte, muss Benkirane Koalitionspartner suchen. | |
Das wird dieses Mal trotz besserem Abschneiden schwieriger. Denn das | |
marokkanische Parlament hat sich stark polarisiert. Auf Platz zwei kam die | |
Partei für Authentizität und Modernität (PAM) unter Ilyas al Omri. Die sich | |
als liberal und säkular bezeichnende Kraft erhielt 102 statt bisher 47 | |
Abgeordnete. Der Erfolg der PAM geht auf Kosten der restlichen Parteien, | |
darunter die Sozialdemokraten. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 43 Prozent | |
und damit leicht hinter der von 2011. | |
Der Islamist Benkirane gewann trotz einer starken Kampagne gegen ihn und | |
seine PJD. Videos in den sozialen Netzwerken warnten vor einer religiös | |
ausgerichteten Politik. Die PJD wurde dabei immer wieder mit dem | |
Muslimbrüdern in Ägypten verglichen, obwohl sie sich weitaus gemäßigter | |
gibt. Wenige Wochen vor der Wahl fand eine Demonstration gegen die | |
„Brüderisierung Marokkos“ statt. Wer sie organisierte, blieb unklar. Die | |
Presse vermutete, dass die PAM die Fäden zog. | |
Die Partei, die jetzt auf Platz zwei landete, wurde 2008 von Fouad Ali El | |
Himma, einem engen Vertrauten des marokkanischen Monarchen Mohamed VI. und | |
heutiger Schlüsselfigur im königlichen Kabinett, gegründet. Die PAM gilt | |
unter Marokkanern als Partei der Verwaltung oder Partei des Palastes. Sie | |
ist vor allem auf dem Land stark. Benkirane zeigte sich im Wahlkampf von | |
der Kampagne seiner Gegner unbeeindruckt. Er blendete die Religion fast | |
völlig aus und verwies stattdessen auf seine Erfolge. | |
Er gab sich als „Garant der Stabilität“, der das Land durch die wirren | |
Zeiten des arabischen Frühling geführt habe. Zudem hat die Regierung | |
Benkirane Hilfen für Witwen und Abfindungen bei einem Verlust des | |
Arbeitsplatzes eingeführt und die Stipendien für Studenten erhöht. | |
Gleichzeitig sank das Defizit von 7,4 Prozent auf 3,5 Prozent, die | |
staatlichen Rücklagen nahmen zu. Die Wähler – vor allem in den großen | |
Städten des Landes – dankten es ihm an den Urnen. | |
9 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
Marokko | |
Parlamentswahl | |
Islamismus | |
Muslimbrüder | |
Mittelmeer | |
Polizei | |
Marokko | |
Tunesien | |
Festival | |
Afrikanische Union | |
Peter Altmaier | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Demonstrationen in Marokko: Zerquetscht im Müllwagen | |
Der Tod eines Fischverkäufers löst landesweit Empörung aus. Tausende | |
demonstrieren, doch der Staat bleibt besonnen und der Protest friedlich. | |
Massenproteste in Marokko: Tod eines Verkäufers löst Unruhen aus | |
Ein Fischverkäufer wird bei einer Auseinandersetzung mit der Polizei | |
getötet. Der Fall weckt Erinnerungen an den Ursprung der tunesischen | |
Revolution. | |
Aus Le Monde diplomatique: Marokko in der Hand des Königs | |
Die islamische PJD hat die Parlamentswahl gewonnen. Doch die Macht liegt | |
weiter bei Mohammed VI. Kritiker werden verhaftet und gefoltert. | |
Stadtentwicklung in Nordafrika: Maghrebinische Begegnungen | |
Neue Wege der Stadtentwicklung für und aus Tunesien, Algerien und Marokko. | |
Ein Projekt der Bosch Stiftung und der Europäischen Akademie. | |
Kolumne Ausgehen und Rumstehen: I’m a happy dreamer | |
Ob sie aus Marokko oder Dänemark sind, ist egal: Wo lächelnde Schamanen | |
musizieren, haben coole alte Männer das Sagen. | |
Staatengipfel der Afrikanischen Union: Keine neue starke Frau für Afrika | |
Drei Frauen konkurrieren um die Nachfolge der scheidenden Kommissionschefin | |
– alle fallen durch. Derweil will Marokko zurück in die AU. | |
Streit über sichere Herkunftsstaaten: Kanzleramt schaltet auf stur | |
Marokko, Tunesien, Algerien als sichere Herkunftsländer? Kanzleramtschef | |
Altmaier beharrt in einem Brief an die Länder-Grünen auf dieser Einstufung. |