# taz.de -- Stadtentwicklung in Nordafrika: Maghrebinische Begegnungen | |
> Neue Wege der Stadtentwicklung für und aus Tunesien, Algerien und | |
> Marokko. Ein Projekt der Bosch Stiftung und der Europäischen Akademie. | |
Bild: Perspektiven für junge Menschen entwickeln – eine Anforderung in allen… | |
Wenn das Rathaus im tunesischen Sousse, das gerade gebaut wird, eine Kopie | |
der Zentrale der Heinrich-Böll- Stiftung in Berlin wird, dann liegt das an | |
dem Projekt [1][„Baladiya, neue Wege in der Stadtentwicklung“]. Die | |
Zentrale der Heinrich-Böll-Stiftung gehört zur ökologischen Avantgarde: | |
hochinnovative Technik, niedriger Energieverbrauch. Khaled Ben Abdessalem | |
hat sich in das Haus bei seinem Berlin-Aufenthalt im Rahmen des Projekts | |
Baladiya verguckt: Nun hat es der Stadtplaner in einem technischen Büro von | |
Sousse für seine Heimatstadt als Modell für den anstehenden Rathausneubau | |
durchgesetzt. | |
In Sousse, der Stadt am Meer, trafen sich Teilnehmer aus Tunesien, Marokko | |
und Algerien, um über Stadtentwicklung, Demokratie und Partizipation zu | |
diskutieren. Es ist eine Initiative der Robert Bosch Stiftung in | |
Zusammenarbeit mit der [2][Europäischen Akademie in Berlin]. Ein Projekt, | |
das nach dem Arabischen Frühling und der verstärkten Kooperation | |
Deutschlands mit Tunesien entstand. In Sousse trifft sich bereits die | |
dritte Generation von Teilnehmern mit der zweiten Generation. Das Projekt | |
ist pro Durchgang auf zwei Jahre angelegt mit Vorbereitungsseminar in | |
Nordafrika, mehrwöchigem Aufenthalt mit Seminaren und Besuchen in | |
Deutschland sowie einem Abschlussseminar in Nordafrika. | |
Khaled Ben Abdessalem, Teilnehmer des zweiten Durchgangs, überlegt, was ihm | |
der Aufenthalt in Berlin außer der Idee für das energiesparende Rathaus | |
gebracht hat: „In Ländern wie Tunesien fürchtet man die Mitbestimmung der | |
Bevölkerung. In Berlin ist uns klar geworden, dass deren Beteiligung sehr | |
wichtig ist, um Projekte umzusetzen. Der Aufenthalt hat uns auch geholfen | |
bei der Auswahl von Projekten. Ganz oben steht nun der Ausbau des | |
öffentlichen Verkehrs, Fußgängerwege und Fahrradwege.“ Radwege für Sousse? | |
Ein absolutes Novum in Tunesien. | |
## Netzwerke entwickeln | |
Fezjeri Saloua, Dozentin für Architektur und Stadtplanung in Tunis, | |
arbeitet dank Baladiya mit anderen Methoden: „Entscheidungen, die im | |
Austausch mit den Bewohnern der Viertel getroffen werden, lassen sich viel | |
besser umsetzen. Das fasziniert auch meine Studenten. Das ist neu für uns, | |
da wir in Tunesien immer mit französischen Verwaltungsmethoden, also | |
formellen, starren Hierarchien gearbeitet haben.“ | |
„Wenn Leute konkret etwas machen, lernen sie sich kennen“, sagt Eckart | |
Stratenschulte, Leiter der Europäischen Akademie in Berlin. „Es geht bei | |
Baladiya um enenergieeffiziente Städte, ein Problem, das uns alle betrifft. | |
Unser Projekt ist ein Mosaikstein des Austauschs.“ | |
Die Zusammenarbeit mit dem Maghreb zu stärken ist auch das Motiv der | |
Geldgeber von der Robert Bosch Stiftung. „Mit Experten lässt sich konkret | |
arbeiten und diskutieren“, sagt Irene Weinz von der Robert Bosch Stiftung. | |
„Für das Thema Stadtentwicklung hatten wir schnell die GIZ und die | |
Europäische Akademie im Boot.“ | |
Doch die Zusammenarbeit mit den drei Maghreb-Ländern hat sich erst | |
allmählich entwickelt. „Beim ersten Durchgang mit Marokkanern und Tunesiern | |
wurde von den Teilnehmern ausdrücklich der Wunsch geäußert, Algerien, also | |
das Land dazwischen, miteinzubeziehen.“ | |
Dounia Cherfaoui, Architektin und Stadtplanerin aus Algier mit | |
hervorragenden Deutschkenntnissen, weiß das zu schätzen: „Wir haben viel | |
untereinander zu diskutieren, und vor allem hilft uns das Projekt, | |
praxisorientierte Netzwerke zu schaffen.“ | |
Auch der Marokkaner Abdelkarim El Khadri, zuständig für Verkehrsentwicklung | |
in Casablanca, betont den positiven Effekt eines Netzwerks untereinander: | |
„Wir bringen uns gegenseitig auf Ideen, helfen uns bei anstehenden Fragen, | |
denn wir haben ähnliche Probleme.“ | |
Eines davon, das hier eigentlich keine Rolle spielt, ist der Terrorismus. | |
Im tunesischen Sousse hat der den Tourismus aus Westeuropa fast zum | |
Erliegen gebracht. Gekommen sind dieses Jahr Russen und Algerier. Beim | |
Reisen ist man im Maghreb zusammengerückt. | |
25 Sep 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.baladiya.eu/ | |
[2] http://www.eab-berlin.eu/en/ | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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