# taz.de -- Nicht jedes Gemüse ist vegan: „Kein Tierleid in der Möhre“ | |
> Wie auch der Ökoanbau von industrieller Tierhaltung profitiert und wie er | |
> dem entkommen kann, erklärt Agrar-Ingenieur Daniel Mettke. | |
Bild: Biomöhren-Ernte: Doch wieviel Blut klebt an den Wurzeln? | |
taz: Herr Mettke, hat Sie überrascht, dass die Grünen Sie einladen? | |
Daniel Mettke: Nein, wieso? Bioanbau ist bei denen doch eigentlich zu | |
Hause. | |
Klar, aber seit dem Veggie-Day-Debakel schiebt die grüne Partei-Elite Hass | |
auf alles, was Verzicht auf Fleisch impliziert … | |
Hass finde ich übertrieben. Der Veggie-Day war sicher wahlkampftechnisch | |
nicht gut vorbereitet. Aber gerade bei den jungen Mitgliedern der Grünen | |
gibt es, mehr noch als in anderen Parteien, ein starkes Interesse an | |
veganer Lebensweise. Und auf fachlicher Ebene erlebe ich ohnehin selten, | |
dass unser Thema des bioveganen Landbaus als völlig gaga abgetan würde. Was | |
es ist, ist eine gewisse Skepsis, dass wir doch wohl selber nicht glauben, | |
dass in Zukunft überall biovegan gewirtschaftet wird. | |
Glauben Sie aber doch? | |
Die Frage stellt sich gar nicht. Wir wollen in erster Linie VeganerInnen | |
eine Alternative anbieten – eine Konsumalternative. Und wir können | |
beweisen, dass Landwirtschaft ohne Tiere möglich ist. | |
Ganz ohne? | |
Na, der Regenwurm bleibt erwünscht, wir wollen ja keine sterilen Äcker. | |
Aber auf Nutztiere kann man verzichten. | |
Aber weshalb sollte man? | |
Unser Ansatz ist eher pragmatisch. Wir sagen nicht ständig: Guck mal, die | |
armen Tiere, wie schlimm es denen geht. Stattdessen schauen wir auf die | |
Betriebe, die schon jetzt viehlos oder vieharm wirtschaften. Davon gibt es | |
viele: Oft wurden die aus Gründen der Rentabilität aufgegeben, oft finden | |
wir das aber auch in traditionell tierarmen Regionen. Diese Betriebe | |
beziehen den Großteil ihrer Nährtsoff-Wertschöpfung bereits aus dem eigenen | |
Anbau, haben aber keine Möglichkeit, das herauszustellen. | |
Dabei könnte das einen Wettbewerbsvorteil darstellen? | |
Genau: Da sind wir am Start. Wir sagen: Das ist ja super, dass du ohne | |
Tiere auskommst. Wenn ein Hersteller Ware aus bioveganem Anbau braucht, | |
gibt es etliche Betriebe, die bereits drei Viertel des Weges schon gegangen | |
sind. Da fehlt dann nur noch ein kleiner Schritt. Für die ist das sehr | |
interessant. Tatsächlich erfüllen auch schon einige Produkte dieses | |
Kriterium, und ab 2017 werden sie auch als bio vegan ausgewiesen werden: | |
Das stelle ich in meinem Vortrag vor. Gleichzeitig dient er auch als ein | |
Augenöffner für die vegane Szene: Für die ist es ja interessant zu sehen, | |
dass rund 90 Prozent selbst der Bio-Produkte mit der Tierhaltung verbunden | |
sind. | |
Weil Dünger aus Hornspänen und Blutmehl eingesetzt wird? | |
Gerade Hornspäne sind ein gutes Beispiel: Blutmehl aus konventioneller | |
Tierhaltung ist beim EU-Biosiegel erlaubt, aber nicht bei den Verbänden wie | |
Bioland oder Demeter. Aber Hornspäne werden überall eingesetzt. Und da | |
profitiert der Ökolandbau von der Massentierhaltung. Damit sind die Bauern | |
meist gar nicht glücklich. | |
Und die Veganer auch nicht. | |
Nein, denn es geht um einen vollständigen Verzicht auf Tiere. VeganerInnen | |
wollen kein Tierleid in der Möhre. Das ist eine konsequente Denkweise, die | |
im wahrsten Sinne des Wortes an der Wurzel losgeht, da wo die Pflanze ihre | |
Nährstoffe aufnimmt. | |
18 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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