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# taz.de -- Haltung von Milchziegen auf Biohöfen: Alles „Lug und Trug“?
> Bioland kündigt einem Ziegenhof, nachdem dem Betrieb Tierquälerei
> vorgeworfen wurde. Dennoch darf der Hof weiter das EU-Biosiegel führen.
Bild: Glückliche Ziegen auf einer Wiese: leider nicht der Normalfall bei EU-Bi…
Berlin taz | Immer wieder schlagen Mitarbeiter die Ziegen mit Stöcken und
Fäusten oder ziehen sie an den Hörnern. Viele der Tiere haben offene
Verletzungen, andere sind bis auf die Knochen abgemagert. Die
Videosequenzen, die die TV-Sendung „hundkatzemaus“ auf Vox sowie die
Tierschutzorganisation [1][Peta Mitte Februar veröffentlicht] hatten,
zeugen von äußerster Brutalität. Sie sollen in einem Ziegenmilchbetrieb im
westfälischen Brilon gefilmt worden sein. Neben der offensichtlichen
Tierquälerei scheint es der Betreiber auch mit anderen Vorschriften nicht
so genau zu nehmen: Man sieht tote Ziegen, die achtlos aufeinandergestapelt
sind, nur provisorisch mit einer Plane überdeckt.
Besonders pikant an den Aufnahmen: Sie stammen von einem Bioland-Betrieb.
Bioland und andere Ökoverbände brüsten sich damit, dass dem Wohl der Tiere
auf den von ihnen zertifizierten Höfen besonders Rechnung getragen wird –
mehr als auf konventionellen Höfen und sogar mehr als auf Biohöfen, die nur
den Mindeststandard der EU-Ökoverordnung erfüllen.
Um das sicherzustellen, haben die Verbände 2014 den sogenannten
Tierwohlcheck eingeführt. Dieser zielt darauf, nicht mehr nur die
Rahmenbedingungen der Tierhaltung zu prüfen, sondern zudem zu
kontrollieren, wie es dem Vieh tatsächlich geht.
Doch im Fall des Ziegenhofs in Brilon hat dieser Check offenbar versagt.
Bioland habe dem Betrieb unmittelbar die Mitgliedschaft gekündigt, nachdem
der Verband von den Vorwürfen erfahren habe, heißt es vonseiten des
Ökoverbandes. „Wir waren schockiert von den Bildern und bedauern sehr, wie
mit den Tieren umgegangen wurde.“
Peta hat derweil Anzeige gegen den Hofbetreiber erstattet. Die
Tierschutzorganisation zeigt sich vom Versagen des Tierwohlchecks wenig
überrascht. „Das ist alles Lug und Trug“, sagte Sprecher Edmund Haferbeck
über die Kontrollmechanismen auf den Biohöfen. Dabei spielt er etwa auf den
Umstand an, dass die Biohöfe sich ihre Kontrollstellen selbst auswählen
können und die Inspektionen nur in Ausnahmefällen unangekündigt sind.
## Mängel reichen nicht aus
Überprüft wurde der Ziegenhof in Brilon im Auftrag Biolands von der ABCert
AG, einer von insgesamt 18 privaten Ökokontrollstellen in Deutschland.
Diese kontrollieren die Betriebe sowohl im Sinne der EU-Ökoverordnung als
auch im Sinne der strengeren Richtlinien der Bioverbände.
Bioland weist zwar darauf hin, dass die ABCert erhebliche Gesundheitsmängel
auf dem Ziegenhof festgestellt habe, woraufhin der Betrieb aufgefordert
worden sei, ein Gesundheitskonzept zu erarbeiteten. Doch haben die Mängel
allein offensichtlich nicht gereicht, dem Betrieb das Bioland-Siegel zu
entziehen.
Die Mitgliedschaft kündigte Bioland dem Ziegenhof erst Anfang Dezember
2016, als der Anbauverband von dem Videomaterial erfahren hatte. Auf die
Frage, ob man die Zusammenarbeit mit der ABCert aufgrund dieses Vorfalls
überdenkt, wollte sich Bioland gegenüber der taz nicht äußern.
Doch Skepsis scheint angebracht: Am 18. Januar 2017 hatte die ABCert den
Ziegenhof erneut kontrolliert – dieses Mal auf Veranlassung des Landesamts
für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv), das verantwortlich für
die Vergabe des EU-Biosiegels ist. Ergebnis dieser Überprüfung: Der
Ziegenhof Brilon bleibt zertifizierter Hersteller ökologischer Erzeugnisse
und darf seine Produkte weiterhin unter dem EU-Biosiegel verkaufen. Das
Lanuv wollte mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht Stellung zu den
Vorwürfen gegen den Biohof beziehen.
20 Mar 2017
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=7B6un6FVasY
## AUTOREN
Daniel Böldt
## TAGS
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