# taz.de -- Großproduzenten von Öko-Eiern: Neues umstrittenes Bio-Siegel | |
> Weil die etablierten Verbände sie nicht mehr wollten, gründen die großen | |
> Öko-Geflügelhalter ihren eigenen Bioverband „Bio-Initiative“. | |
Bild: Ich wollt', ich wär ein Huhn? Nee, lieber nicht | |
BERLIN taz | Die skandalgeplagten Großproduzenten von Bio-Eiern bauen einen | |
neuen Öko-Verband mit eigenem Siegel auf. Fast alle Farmen der | |
[1][Fürstenhof-Gruppe] schließen sich der „[2][Bio-Initiative]“ an. Das | |
geht aus Antragslisten der im Dezember gegründeten gemeinnützigen | |
Gesellschaft hervor, die der taz vorliegen. Caspar von der Crone, | |
Geschäftsführer der Initiative, sagte, auch der Geflügelunternehmer | |
Heinrich Tiemann „und andere“ würden dazukommen. Die ersten Eier mit dem | |
5-Sterne-Logo kämen wahrscheinlich im Mai auf den Markt. | |
Behrens und Tiemann gehören zu den größten Öko-Geflügelhaltern | |
Deutschlands. Ihnen sind in den vergangenen Jahren immer wieder Verstöße | |
gegen Bio- und Tierschutzregeln vorgeworfen worden. Im aktuellen Spiegel | |
steht, dass Fürstenhof den geforderten Anteil an heimischer Ware im | |
Hühnerfutter mehrmals zugunsten ukrainischen Weizens unterschritten habe – | |
was Fürstenhof zurückweist. Beide Agrarindustrielle stehen für riesige | |
Anlagen mit Zehntausenden Hühnern unter einem Dach. Kleine Bauern fühlen | |
sich bedroht, viele Verbraucher lehnen solche „Massentierhaltungen“ ab. | |
Deshalb machten die Ökoverbände Biopark und Naturland ihren damaligen | |
Mitgliedern Behrens und Tiemann das Leben immer schwerer. Die | |
Eierunternehmer sind auf Verbände angewiesen, denn mit deren Siegel können | |
sie ihre Ware leichter und teurer verkaufen. Die Logos sollen den | |
Verbrauchern signalisieren, dass die Hühner besser gehalten werden als in | |
Ställen, die nur den gesetzlichen EU-Bio-Standard erfüllen. | |
Doch Naturland drängte Tiemann zurück. Biopark kündigte Behrens’ | |
Erzeugerzusammenschluss samt Futtermühle den Zertifizierungsvertrag. Es | |
habe viel Streit mit Fürstenhof gegeben, sagte Biopark-Vorsitzender Jens | |
Rasim der taz, unter anderem über „die Zusammensetzung des Futters“. | |
## Alte Bekannte | |
Vor dem Hintergrund solcher Probleme gründete Crone schließlich die | |
Bio-Initiative, „weil es Herrn Behrens und andere Wirtschaftsvertreter | |
gibt, die auf mich zugekommen sind und gesagt haben: Wir sind mit dem, was | |
alles so abläuft, nicht mehr so richtig zufrieden“, so der Geschäftsführer, | |
der Behrens schon lange kennt. Behrens war an der Gründung des Eierlabels | |
KAT beteiligt, das Crone zwanzig Jahre lang geleitet hatte, bevor er in den | |
Ruhestand ging. | |
Dennoch will Crone dem Eindruck vorbeugen, hier schüfen sich | |
Agrarindustrielle ein Siegel mit Minimalstandard. „Ich bin völlig | |
unabhängig“, sagt er. Und: „Ich habe höhere Anforderungen als die anderen | |
Verbände.“ | |
Das allerdings weist Deutschlands größter Öko-Verband zurück: „Bioland ge… | |
in vielen Punkten weiter als die Bio-Initiative“, teilte dessen Präsident, | |
Jan Plagge, der taz mit. „Unser Eindruck ist eher, dass die Richtlinien der | |
Bio-Initiative auf bestimmte Betriebstypen der Gründungsmitglieder | |
zugeschnitten sind.“ | |
Tatsächlich erlaubt Crones Standard, quasi unbegrenzt viele Hühner in einem | |
Gebäude unterzubringen. Obwohl es bei Massenställen extrem [3][schwierig | |
ist, umweltschädliche Überdüngung durch Hühnerkot in der Nähe des Gebäudes | |
zu verhindern]. Bioland etwa lässt deshalb maximal 6000 Tiere zu. [4][Bei | |
Biopark] gilt diese Grenze für alle Ställe, die seit Januar 2014 bei der | |
Genehmigungsbehörde neu beantragt oder umgebaut wurden. In vor dem 16. Mai | |
2014 zertifizierten Gebäuden dürfen ab Anfang 2019 nur noch 12.000 Tiere | |
gehalten werden. | |
Außerdem erlaubt Bioland nur [5][140 Legehennen pro Hektar], Biopark | |
diskutiert gerade darüber, sein Limit auf diese Zahl zu senken. [6][Bei der | |
Bio-Initiative dagegen sind 230 möglich]. Auch die Vorschriften für die | |
Herkunft des Futters sind bei Crone laxer als bei Biopark und Bioland. | |
Plagge bezeichnet die Initiative nicht als „echte Konkurrenz“. Bioland | |
setze „auf eine flächendeckende bäuerliche Bio-Legehennenhaltung – nicht | |
auf konzentrierte Großstrukturen wie in diesem Projekt.“ | |
Biopark-Vorsitzender Rasim zeigte sich heilfroh über den neuen Verband, | |
„weil dann die Hühnerhalter die anderen Verbände nicht mehr stören | |
würden.“ | |
Anmerkung d. Red.: In einer früheren Version dieses Artikels wurde nicht | |
deutlich, dass die Begrenzung der Zahl der Legehennen pro Gebäude bei | |
Biopark vom Alter der Ställe abhängig ist. Die Bio-Initiative hat keinerlei | |
Begrenzung, auch nicht nach Übergangsfristen. | |
9 Apr 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ez-fuerstenhof.de/ | |
[2] http://bio-initiative.de/ | |
[3] /Haltung-von-Legehennen/!5397479 | |
[4] http://biopark.de/wm_files/wm_pdf/RLaenderungenMai2014konkretisiert2016.pdf | |
[5] http://www.bioland.de/fileadmin/dateien/HP_Dokumente/Richtlinien/Bioland_Ri… | |
[6] http://bio-initiative.de/app/download/5685355/Systemvorgaben+Bio-Initiative… | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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