# taz.de -- Bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland: Biobauern reden von Verr… | |
> Bioland öffnet sich zu sehr der Agrarindustrie. Das behauptet zumindest | |
> die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland. | |
Bild: Teil des Verrats: ein Kälbchen der Rasse Holstein-Friesian, das auf der … | |
Berlin taz | Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft | |
Mitteldeutschland (AbL) wirft dem größten deutschen Ökobauernverband, | |
Bioland, vor, sich für die Agrarindustrie zu öffnen. „Die [1][Aufnahme] der | |
Agrofarm [2][Eichigt] in Sachsen mit rund 4.000 Hektar und 1.400 Kühen in | |
den Verband ist Verrat am Bioland-Prinzip, sich für den Erhalt bäuerlicher | |
Landwirtschaft einzusetzen“, sagte Michael Grolm, der Vorsitzende der AbL | |
in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, der taz. | |
Die Agrofarm gehört mehrheitlich Deutschlands größtem Biofachhändler, | |
dennree, der auch die Supermarktkette denn’s betreibt. Grolm, selbst | |
Bioland-Imker, ist einer der einflussreichsten Aktivisten in der | |
alternativen Agrarszene. | |
Bioland wirbt damit, dass seine Mitglieder Bauern und nicht | |
agrarindustrielle Unternehmen seien. Agrarindustrie ist eine Form der | |
Landwirtschaft, die Eigenschaften der klassischen Industrie übernommen hat. | |
Dazu zählen auch sehr große Betriebe. | |
„Bei solchen großen Konstrukten wie der Firma in Sachsen ist die | |
Verantwortung für den Boden und die nächste Generation nicht gegeben. Wenn | |
dann die nächsten das irgendwann erben oder aufkaufen, könnten auf einen | |
Schlag 4.000 Hektar wieder auf konventionell umgestellt werden“, warnt | |
Grolm. | |
## Geringere Artenvielfalt | |
Für ihn ist auch klar, dass der dennree-Betrieb wegen seiner Größenvorteile | |
letztlich Biolandprodukte billiger produzieren kann. „Das führt bei den | |
anderen, bäuerlichen Betrieben dazu, dass sie rationalisieren müssen – oder | |
dass sie aufgeben“, sagt Grolm. Diese Kostenvorteile würden noch dadurch | |
verstärkt, dass Bioland die Mitgliedsbeiträge gedeckelt hat: „Auch ein | |
4.000-Hektar-Betrieb zahlt maximal 8.900 Euro Beitrag, während ein | |
50-Hektar Familienbetrieb zum Beispiel 1.000 Euro berappen muss.“ | |
Der AbL-Landesvorsitzende kritisiert zudem, dass der Großbetrieb Felder von | |
50 oder mehr Hektar habe. Dadurch gebe es weniger Hecken oder Bäume pro | |
Hektar, die die Bodenerosion reduzieren. Die Artenvielfalt sei geringer. | |
Außerdem böten Großbetriebe pro Hektar weniger Arbeitsplätze. | |
## Einen wirklich bäuerlichen Verband gründen | |
Auch Regionalität kommt für Grolm bei Bioland mittlerweile zu kurz. Er | |
findet es skandalös, dass manche Bioland-Bauern mit dem Segen der | |
Verbandsspitze Futtermittel aus Osteuropa kaufen – obwohl der Satzung | |
zufolge nur Bauern in Deutschland und Südtirol Mitglied werden dürfen. | |
„Bioland schreibt sich Regionalität auf die Fahnen, und dann wird in | |
Rumänien Futter in Großkolchosen produziert, wo die Arbeiter extrem wenig | |
verdienen“, schimpft er. Das halte heimische Bauern davon ab, etwa mehr | |
Soja anzubauen. | |
Er fordert, dass Bioland seine Richtlinien so ändert, dass industrielle | |
Betriebe nicht Mitglied werden können. Etwa durch Obergrenzen für die Zahl | |
der Tiere. Oder die Einschränkung der Feldgrößen auf höchstens 20 Hektar. | |
Andere Bioverbände wie Naturland achteten im Übrigen noch weniger auf | |
Bäuerlichkeit. „Deshalb sollten wir auch mal darüber diskutieren, ob wir | |
nicht einen wirklich bäuerlichen Bioanbauverband gründen wollen.“ | |
## Bei der Beitragshöhe kommt Plagge entgegen | |
Bioland-Präsident Jan Plagge sagte der taz, über die Aufnahme der Agrofarm | |
sei durch die Bundesdelegiertenversammlung von Bioland demokratisch | |
entschieden worden. Größere Betriebe böten auch Vorteile für umliegende | |
kleinere Höfe. „Die Agrofarm hat beispielsweise einen hohen Futterbedarf | |
und ist so auch potenzieller Abnehmer für kleinere Futtermengen von | |
regionalen Betrieben, die sich sonst schwer vermarkten lassen würden.“ Der | |
Großbetrieb plane für die Umstellung auf Bio Investitionen in zweistelliger | |
Millionenhöhe. „Eine Rückumstellung ist daher abwegig.“ | |
Zudem habe immer das Futter von Betrieben des Verbands Vorrang. „Wenn es | |
nicht ausreichend verfügbar ist, wie beim Soja, beziehen die | |
Bioland-Futtermittelhersteller Rohware auch von Betrieben im Ausland, die | |
nach unseren Vorgaben kontrolliert werden. Wir haben es mit diesem System | |
in den letzten fünf Jahren geschafft, unseren heimischen Sojaanteil von 0 | |
auf über 30 Prozent zu steigern. Und er wird weiter zunehmen.“ | |
Bei der Beitragshöhe kommt Plagge Grolm allerdings entgegen. „Die | |
Deckelung ist aktuell in der Diskussion, eben auch durch den Fall.“ Bei der | |
nächsten Bundesdelegiertenversammlung solle ein Änderungsantrag vorliegen. | |
Auch eine Begrenzung der Schlaggröße sei ein „diskussionswürdiger | |
Vorschlag“. | |
8 May 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://bio-markt.info/kurzmeldungen/dennree-farm-wird-bioland-betrieb.html | |
[2] http://www.agrofarm2000.de/home/presseartikel/ | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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