# taz.de -- Die SPD legt Einwanderungsgesetz vor: Fachkräfte mit Punkten locken | |
> Die SPD will qualifizierte Nicht-EU-Ausländer einfacher nach Deutschland | |
> holen. Doch vor der Wahl 2017 wird das Gesetz wohl nicht kommen. | |
Bild: Dringend benötigt: Fachkräfte | |
Berlin taz | Mit einem Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild will | |
die SPD den Zuzug von qualifizierten Fachkräften nach Deutschland | |
vereinfachen und damit auf die alternde Gesellschaft reagieren. Den | |
entsprechenden Gesetzentwurf stellte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am | |
Montag in Berlin vor. | |
„Dieses Gesetz ist notwendig, weil wir vor dramatischen Veränderungen auf | |
dem Arbeitsmarkt stehen“, sagte Oppermann. In den kommenden zehn Jahren | |
verliert Deutschland altersbedingt mehr als 6 Millionen Erwerbstätige. Mit | |
einer Blue Card, mit der Nicht-EU-Ausländer für vier Jahre in der EU | |
arbeiten können, kamen aber 2015 gerade mal 5.867 Personen nach | |
Deutschland. Die deutlich höhere Immigration aus anderen EU-Ländern (2015: | |
385.000 Personen) könne den Fachkräftemangel auch nicht beheben. „Diese | |
Einwanderung können wir nicht steuern“, sagte Oppermann. | |
Nach den SPD-Plänen soll der Bundestag jedes Jahr die benötigte | |
Fachkräftezahl „bedarfsbedingt“ neu festlegen. Die SPD schlägt 25.000 für | |
das erste Jahr vor. Ausgewählt würden die Bewerber nach einem Punktesystem, | |
wie es auch in Kanada üblich ist. Dabei spielen die Ausbildung der Bewerber | |
(maximal 35 von 100 Punkten), ihre Integrationsfähigkeit (15), | |
Sprachkenntnisse (15) und auch ihr Alter (10) eine Rolle. Wer jung ist, | |
schon mal in Deutschland gelebt hat und hier Verwandte hat, bekommt eine | |
höhere Punktzahl. Entscheidend sei aber das konkrete Jobangebot (maximal 25 | |
Punkte), betonte Oppermann. „Die rutschen in der Liste sofort nach oben.“ | |
Ohne konkretes Jobangebot sei es de facto ausgeschlossen, die | |
Mindestpunktzahl von 65 zu erreichen. | |
Für die Bewerbungen soll ein eigenes Internetportal geschaffen werden. | |
Interessenten geben dort ihre Daten ein. Wer ausgewählt wird, muss bei | |
einer deutschen Botschaft die Angaben bestätigen und sich einer | |
Sicherheitsprüfung unterziehen. Steht der Einreise nichts im Wege, dürfen | |
Personen erst für drei Jahre, danach auch entfristet in Deutschland | |
arbeiten. Ehepartner und Kinder dürften mitkommen, wenn der Unterhalt | |
gesichert ist. Ein Anrecht auf Sozialleistungen soll für die ersten fünf | |
Jahre nicht bestehen. | |
Oppermann betonte, er wolle das Gesetz noch vor der Bundestagswahl im | |
kommenden Jahr verabschieden. Dafür seien noch Gespräche mit dem | |
Koalitionspartner nötig. Die CDU, die auf einem Parteitag 2015 für ein | |
Einwanderungsgesetz gestimmt hatte, äußerte sich gegenüber der taz | |
kritisch. | |
„Leute einwandern zu lassen, die kein Arbeitsangebot hier haben, nur weil | |
sie eine Punktezahl erreicht haben, ist schädlich“, sagte Cemile Giousouf, | |
integrationspolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Es bedürfe weiterer | |
Gespräche. Auch die Grünen kritisierten den Entwurf. „Zu einem | |
Einwanderungsgesetz gehört nicht nur das Buhlen um Fachkräfte“, sagte | |
Migrationsexperte Volker Beck. | |
7 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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